Torticollis spasticus

Torticollis spasticus
Klassifikation nach ICD-10
M43.6 Torticollis
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Torticollis („Schiefhals“, auch: Torticollis spasmodicus oder veraltet Torticollis spasticus) ist eine spezielle Form einer zervikalen Dystonie. Dabei handelt es sich um eine neurologische Erkrankung, bei der es zu unkontrollierten Bewegungen oder zur Fehlhaltung des Kopfes kommt.

Inhaltsverzeichnis

Symptome

Ein Torticollis entsteht durch überaktive Muskeln im Hals- und Nackenbereich. Dabei ist die Koordination der Muskeln und ihrer Antagonisten gestört, so dass sie gleichzeitig aktiviert werden. Auch wenn häufig nur der Begriff Torticollis verwendet wird, werden in der Medizin verschiedene Typen unterschieden, die auch in Kombination auftreten können:

  • drehend: rotatorischer Torticollis
  • zur Schulter kippend: Laterocollis
  • nach vorn auf die Brust gebeugt: Anterocollis
  • nach hinten überstreckt: Retrocollis

Die Fehlhaltung kann mit rhythmischen und teilweise heftigen Bewegungen einhergehen. Meist ist die Achse zwischen Kopf und Körper verschoben und es kann auch zu einem Schulterhochstand kommen.

Ursachen

Unterschieden wird zwischen einem angeborenen, skelettbedingten (z. B. Klippel-Feil-Syndrom) und einem muskulärem Torticollis, der häufig später auftritt. Das Krankheitsgeschehen spielt sich im Gehirn im extrapyramidalen System und hier speziell in den Basalganglien ab. Bekannte Ursachen können sein:

  • Schädigungen bestimmter Hirnregionen verursacht durch Schlaganfälle, Tumore, Hirnverletzungen oder -entzündungen, Gefäßmissbildungen, Unfallfolge (Schleudertrauma)
  • Stoffwechselerkrankungen
  • Einnahme von Medikamenten, die auf die Basalganglien wirken
  • geburtstraumatisch durch Einblutung in den M. sternocleidomastoideus
  • Tumor der hinteren Schädelgrube
  • Kalzifikation der Zwischenwirbelscheiben
  • Verletzungsbedingt (Torticollis traumaticus)
  • nach Entzündungen im Nasen-Rachen-Raum (Grisel-Syndrom)

Meist ist keine Schädigung festzustellen (idiopathische Krankheit). Ein Nachweis der schädigenden Ursachen ist bis jetzt nicht wissenschaftlich belegbar.

Behandlung

Eine allgemeinverbindlich etablierte und vor allem kurative Therapie existiert bis heute noch nicht. Behandlungsmethoden bei zervikalen Dystonien sind:

  • Auch gezielte Massage mit Krankengymnastik hilft oft sehr gut gegen die Fehlhaltung des Halses
  • Injektion von Botulinumtoxin in die betroffenen Muskeln
  • Physiotherapie
  • Einnahme von Medikamenten (in akuten Fällen z. B. Biperiden)
  • Psychotherapie
  • Alternative, d. h. nichtschulmedizinische Heilmethoden (z. B. Osteopathie)
  • Operative Eingriffe, z. B. Denervierung (Chirurgische Trennung der Nerven vom betroffenen Muskel) oder Myotomie (operative Durchtrennung von Muskeln)

Derzeit läuft an der Klink Blankenstein eine Studie zur Wirksamkeit einer stationären naturheilkundlichen Komplexbehandlung bei idiopathischer zervikaler Dystonie. Diese Therapie beinhaltet Elemente aus den Bereichen der klassischen Naturheilkunde sowie eine spezielle Moortherapie.

Verlauf

Der Verlauf der Krankheit kann ohne Behandlung nicht vorhergesagt werden. Neben einer Spontanheilung gibt es häufig Phasen der Besserung und Verschlechterung, die auch im Verlauf eines Tages auftreten können.

Torticollis ocularis

Das Symptom einer Kopfschiefhaltung gibt es auch in der Augenheilkunde (okulärer Schiefhals oder Kopfzwangshaltung) als Ausdruck einer Trochlearisparese, einer Läsion des IV. Hirnnerven, die zu einer Schielabweichung des betroffenen Auges führt. Zur Kompensation der dadurch entstehenden Doppelbilder neigt der Patient häufig den Kopf zur nicht befallenen Seite.

Kongenitaler muskulärer Torticollis

Das Krankheitsbild des kongenitalen (angeborenen) Torticollis gibt es auch in der Kinderorthopädie und wird durch eine Verkürzung des Musculus sternocleidomastoideus verursacht.

Diese Form des Torticollis muss immer behandelt werden. Erst durch Physiotherapeutische Behandlung, die noch vor der Vollendung des 1. Lebensjahres beginnen muss. Wenn diese nicht erfolgreich ist, muss durch eine Operation der verkürzte Muskel durchtrennt und anschließend der Kopf für 4–6 Wochen ruhiggestellt werden.

Auch nach der Operativen Behandlung müssen eine weitere Physiotherapeutische Behandlung sowie regelmäßige Nachuntersuchungen durchgeführt werden, um ein Wiederauftreten rechtzeitig zu bemerken. Unbehandelt kann diese Form des Torticollis zu Spätfolgen führen.

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