Treibscheibenförderung

Treibscheibenförderung
Treibscheibe der stillgelegten Zeche Zollern

Die Treibscheibenförderung ist eine Form einer Schachtförderanlage, bei der eine Treibscheibe als Seilträger benutzt wird, sie wird nach ihrem Erfinder Carl Friedrich Koepe auch Koepe-Förderung genannt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliches

Aufgrund der Zunahme der Fördertiefen und der Lastmengen stieß die konventionelle Trommelförderung Mitte des 19. Jahrhunderts an ihre sicherheitstechnischen und wirtschaftlichen Grenzen. Insbesondere das Seilgewicht machte sich störend bemerkbar. Bedingt dadurch wurden die Trommelfördermaschinen immer größer und schwerer. Der deutsche Bergbauingenieur Carl Friedrich Koepe löste dieses Problem mit der nach ihm benannten Treibscheibe, welche er sich 1877 patentieren ließ. Die erste gebaute Treibscheibe wurde auf der Zeche Hannover eingesetzt und hatte einen Durchmesser von 7,3 Metern. Sie diente gleichzeitig als Schwungrad einer Einzylinderdampfmaschine. An der Seite der Treibscheibe befand sich ein Kranz aus Eichenholz, in welchem eine Seilnut eingearbeitet war, die der Führung des Förderseils und der besseren Seilhaftung diente.[2]

Aufbau und Funktion

Treibscheibenförderung

Charakteristisch für die Treibscheibenförderung ist die Verwendung nur eines Seiles. Hierbei wird das Förderseil über die Treibscheibe (Koepescheibe) zu den Förderkörben, welche am Förderseil hängen, geführt. Die Kraftübertragung von der Treibscheibe auf das Förderseil erfolgt dabei nur durch Reibschluß. Mit zunehmender Teufe kommt das Eigengewicht des Oberseiles immer mehr zur Geltung. Zum Ausgleich des Seilgewichtes muss unter den Körben ein Unterseil angebracht sein. Ohne dieses würde das Oberseil durch das Eigengewicht auf der Treibscheibe rutschen. Wird nur ein Förderkorb verwendet (Großkorb oder bei geringen Schachtquerschnitten), muss zum Ausgleich des Korbgewichtes ein Gegengewicht (Kontergewicht) vorhanden sein, welches man lang, aber schmal gestalten kann. Das Gegengewicht wird dabei so dimensioniert, dass es das Gewicht des Förderkorbes und das Gewicht der halben Nutzlast kompensiert.[3] Bei größeren Teufen findet immer mehr die Mehrseiltechnik, mit bis zu acht Förderseilen Anwendung. Hierbei können dünnere Förderseile und kleinere Seilträger verwendet werden.[4] Bei der Mehrseiltechnik können, bedingt durch die Lastaufteilung, die einzelnen Förderseile dünner dimensioniert werden. Da dünnere Seile flexibler als dicke Seile sind, bietet die Mehrseiltechnik auch eine höhere Sicherheit gegenüber Seilbruch. Treibscheibenförderungen werden sowohl als Flurfördermaschine als auch als Turmfördermaschine ausgeführt.

Korbführung

Damit der Korb während des Treibens nicht stark schaukelt und dadurch ins Trudeln gerät, muss er im Schacht geführt werden.

Hierzu gibt es drei Methoden:

Spannungsverhältnisse im Förderseil

Das Förderseil unterliegt bei jedem Förderzug einer schwellenden Spannungsbeanspruchung. Die kritische Stelle ist hierbei die Verbindung zwischen Oberseil und Unterseil mit dem Förderkorb, der sogenannte Seileinband. Bei der Treibscheibenförderung wird der Seileinband aufgrund des Gewichtes des Unterseils stärker belastet als bei der Trommelförderung.[5]

Einschränkungen

Die sogenannte Grenzteufe liegt für Treibscheibenförderanlagen bei ca. 1500 Meter, darüber hinaus ist ein wirtschaftlicher Betrieb nur mit Trommelförderungen möglich. Der Grund dafür liegt im großen Gewicht des Unterseils. Bedingt durch das Gewicht des Unterseils steigen die Schwellspannungen im Oberseil mit größerer Teufe schnell an. Eine steigende Schwellspannung führt bei hohem Gesamtspannungsniveau zu einer rapiden Verkürzung der Seillebensdauer. Die Möglichkeit der Nutzlastreduzierung ist zwar gegeben, führt aber zu einer starken Nutzungseinschränkung der Förderanlage. Aus diesem Grund ist die Treibscheibenförderung für sehr große Teufen nur sehr eingeschränkt geeignet.[6]

Vor- und Nachteile

Treibscheibenfördermaschine Seitenansicht

Die Vorteile der Treibscheibenförderung sind:

  • die Schonung des Seiles, da es nicht abgelenkt werden muss,
  • der geringere Platzbedarf der Fördermaschine,
  • große Betriebssicherheit (Durchrutschen des Förderseils ist beim Aufsitzen des Förderkorbes gewährleistet),
  • geringer Leistungsbedarf der Fördermaschine (energietechnisch günstig), denn es muss nur die Differenz zwischen Fördergut und Gegengewicht bewegt werden.[7]

Der Nachteil dieser Bauart ist, dass mit zwei Körben immer nur von einer Sohle gefördert werden kann oder nicht gleichzeitig beschickt werden kann.

Literatur

  • Heinz M. Hiersig: Lexikon Maschinenbau. VDI Verlag, 1997, ISBN 3540621334
  • H. Hoffmann, C. Hoffmann: Lehrbuch der Bergwerksmaschinen (Kraft und Arbeitsmaschinen). 3. Auflage, Springer Verlag OHG, Berlin 1941
  • Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon. 7. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen 1988, ISBN 3-7739-0501-7

Einzelnachweise

  1. Technische Anforderungen an Schacht und Schrägförderanlagen (TAS) Blatt 11/6 Begriffsbestimmungen
  2. LWL Industriemuseum: Die Koepe-Förderung
  3. Markus Michael: Untersuchung der Tragfähigkeit von Faserseilen. 2. Statusseminar Treibscheibenaufzug. TU Chemnitz Forschergruppe InnoZug
  4. Steinkohlenportal Artikel: Tempo im Schacht
  5. Paul Burgwinkel: Fachartikel Schachtfördertechnik, Kapitel 3.4 Seilträger, RWTH
  6. Paul Burgwinkel: Fachartikel Schachtfördertechnik. RWTH
  7. Klaus Nendel, Markus Michael, Thomas Risch: Untersuchung der Treibfähigkeit von hochfesten Faserseilen an Treibscheiben. Fachartikel der Technischen Universität Chemnitz, Institut für Allgemeinen Maschinenbau und Kunststofftechnik

Weblinks


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