Trochäischer Vers (Akzentmetrik)

Trochäischer Vers (Akzentmetrik)

Im Gegensatz zum quantitierenden trochäischen Versmaß der Antike setzt sich ein trochäischer Vers der akzentuierenden Metrik ausschließlich aus trochäischen Versfüßen zusammen. Der letzte Versfuß kann allerdings abgekürzt sein, sodass nur noch eine betonte Silbe übrig bleibt. Ein solcher Vers heißt dann katalektisch. Die Länge eines Verses gibt man gewöhnlich durch die Zahl seiner betonten Silben an, die man Hebungen nennt.

Inhaltsverzeichnis

Ein vierhebiger Trochäus-Vers

Im folgenden vierhebigen Vers von Goethe sind die betonten Silben (die Hebungen) fett geschrieben:

Tiefe Stille herrscht im Wasser
(Johann Wolfgang von Goethe, Meeresstille)

Ein trochäisches Gedicht mit unterschiedlicher Verslänge

Das folgende Reim-Gedicht von Eduard Mörike hat drei- und vierhebige und auch einen fünfhebigen trochäischen Vers. Davon sind der erste, vierte, fünfte, siebte und achte männlich, da sie mit einer betonten Silbe enden. Da im trochäischen Gedicht das Enden mit einer betonten Silbe keinen vollständigen letzten trochäischen Versfuß ('x x) mehr ergibt, sind diese Verse auch katalektisch. Die anderen vier Verse, der zweite, dritte, sechste und neunte, sind dagegen weiblich und akatalektisch.

Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab ich vernommen!
(Eduard Mörike, Er ist's)

Ein lateinischer Hymnus in trochäischer Akzentmetrik

Ein lateinisches trochäisches Gedicht muss keineswegs dem quantitierenden trochäischen Versmaß der lateinischen Metrik folgen. Seit dem Hochmittelalter dichten nämlich die lateinischen Dichter auch in akzentuierender Metrik. Ein Beispiel dafür ist der berühmte eucharistische Hymnus Pange lingua des Thomas von Aquin. Er weist einen regelmäßigen Wechsel (Alternanz) zwischen weiblichen und männlichen Reimversen auf. Seine erste Strophe lautet:

Pánge língua gloriósi
córporis mystérium
sanguinísque pretiósi,
quem in múndi prétium
frúctus véntris generósi
rex effúdit géntium.
(Thomas von Aquin, Pange lingua)

Dieses Pange lingua ist nicht etwa ein trochäischer Tetrameter der antiken, quantitierenden Metrik, sondern ein Gedicht mit vierhebigen Trochäus-Versen in der heute üblichen akzentuierenden Metrik. Man sieht, dass die hinzugefügten Akzente alle auf den trochäisch und musikalisch betonten ungeradzahligen Silben liegen. Vom trochäischen Versmaß der Antike weichen diese Verse dagegen ab (siehe dazu den Artikel Trochäisches Versmaß (Antike)).

Literatur

  • W.J. Emmerig. 1825. Anleitung zur lateinischen Verskunst. Vierte viel verbesserte Auflage. Regensburg, bei J.M. Daisenberger.

Siehe auch


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