Trotzphase

Trotzphase
Dieser Artikel beschäftigt sich mit Trotz als Verhalten; zu anderen Bedeutungen siehe Trotz (Begriffsklärung).
weinendes Kind in der Trotzphase

Trotz ist ein Verhalten, welches auf eigensinnigem und störrischem Beharren auf einer Meinung, einem Vorhaben oder einem Recht beruht.

Inhaltsverzeichnis

Trotz als Verhalten

Der Trotz empfindende und ausübende Mensch befindet sich dabei in einem Zustand des inneren, leicht auch äußeren Widerstandes gegen die menschliche Umwelt im Sinne der Selbstbehauptung. Es besteht immer auch eine latente Tendenz zum Abbruch der Kommunikation.

Trotz in der Kindesentwicklung

Bei der Kindesentwicklung gibt es einen sogenannten Übergangsabschnitt der typischerweise im zweiten Lebensjahr beginnt und bis zum vierten Lebensjahr anhält (Trotzalter oder -phase), wobei die Zeiten jedoch stark schwanken können. Hier macht sich erstmals der kindliche Selbstbehauptungswille geltend.

In der Entwicklungspsychologie wird die Bezeichnung Autonomiephase bevorzugt, da „Trotz“ etwas negatives darstellt, es aber zur normalen menschlichen Entwicklung notwendig ist.

Als zweites Trotzalter wird häufig eine bestimmte Phase in der Pubertät bezeichnet, in der die Heranwachsenden sich absichtlich und nicht selten entgegen der eigenen Überzeugung gegen die Erziehungsberechtigten wenden.

Umgang der Eltern mit trotzigen Kindern

  • Dem Kind möglichst viel Selbstständigkeit zubilligen, um sein Selbstwertgefühl zu stärken.
  • Bei einem akuten Wutanfall nicht versuchen, das Kind zur Vernunft zu bringen. Das Kind hat seine Gefühle in diesem Moment nicht im Griff.
  • Brücken bauen, wenn das Kind nach dem Wutanfall nicht aus dem Trotz herausfindet.
  • Frechheiten eindeutig zurückweisen und darauf bestehen, dass das Kind Regeln des Zusammenlebens in der Familie einhält.
  • Dem Kind die Wutausbrüche nicht nachtragen. Zurückweisungen verunsichern es nur noch mehr.

Die Trotzphasen des Kindes in der Sprachentwicklung

In der Sprachentwicklung des Kindes, etwa ab dem Alter von etwa 1,5 Jahren an, beginnt das erste Fragealter, welches inzwischen auch als 1. Trotzphase bezeichnet wird. Das Kind drückt mit seinem noch relativ geringen Wortschatz von etwa 50 Wörtern alle seine Wünsche und Bedürfnisse aus und versucht diese in Einklang mit seinem Umfeld zu bringen. Dabei werden Fragen an den Erwachsenen gestellt, die, wenn sie mit ja beantwortet werden vom Kind als positiv gewertet werden. Wird etwas verneint, so kann das Kind eventuell mit Trotz reagieren. Diese Trotzreaktionen erklären sich aus dem damit zusammenhängenden Kontext: Da das Kind noch nicht mit Worten ausdrücken kann, was sein eigentliches Ziel ist, versucht es, durch die auf ein geäußertes Bedürfnis folgende Trotzreaktion, die nötige Aufmerksamkeit seines Umfeldes zu bekommen. Diese Trotzreaktionen treten jedoch nicht bei allen Kindern in diesem Alter auf.

Das zweite Fragealter beginnt ab dem vierten bis fünften Lebensjahr, wenn die Wortschatzentwicklung bereits weitgehend fortgeschritten ist. Das Kind stellt jetzt Warum-Fragen, um Informationen zu den einzelnen es beschäftigenden Gebieten zu bekommen und stellt auch die Erwachsenen in Frage, wenn es erkennt, dass diese keine Antwort auf seine Frage parat haben. Während dieser Phase widersprechen Kinder ihren Eltern und versuchen durch Sturheit, Bockigkeit und kreative Ideen ihre erwachsenen Mitmenschen auf das eigentliche Problem hinzuweisen.

Bei Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen treten Trotzreaktionen im Zusammenhang mit ihrem sprachlichen Unvermögen auf, was bedeutet, dass sie durch das Unverständnis ihrer Umgebung Sanktionen erleiden können, die den Aufbau von Trotzreaktionen eher fördern statt eindämmen. Hier ist ein spezielles Geschick des Pädagogen, aber auch des Logopäden gefragt, um solche Reaktionen zu umgehen. Auch ein sensibles Eingehen der Eltern auf die Sprachprobleme des Kindes kann die Sprachentwicklung fördern und helfen, Trotzreaktionen zu vermeiden.

Literarische Betrachtung des Begriffes

Eine, wenn auch triviale, so doch vielbeachtete und über Generationen bis heute gelesene Roman-Tetralogie dazu verfasste 1883 die Schriftstellerin Emmy von Rhoden mit dem Titel Der Trotzkopf( Band 1) und ihre Nachfolgerinnen, welche 100 Jahre später für das Fernsehen mit Helga Anders in der Hauptrolle verfilmt wurde.

Spieltheorie

Das Ultimatumspiel zeigt, dass Menschen auf die Entgegennahme von Geldanteilen verzichten, wenn sie den mit ihnen zu teilenden Anteil als zu klein empfinden und wenn durch ihren Verzicht auch der „zu egoistisch“ Teilende keinen Betrag erhält. Das Verhalten des verzichtenden Individuums erscheint als irrational, als „falscher Stolz“ oder als „trotzig“. Als Verhalten in Gruppen und in wiederholten Spielen hat sich „trotzige Ablehnung“ jedoch erhalten und erweist sich damit als evolutionär selektiert, denn es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen einem einmalig gespielten Spiel und einem wiederholt gespielten Spiel. Bei wiederholten Spielen wird nicht nur um eine Nutzfunktion gespielt, sondern immer auch - als Metaspiel - um die Erhaltung oder Veränderung der Spielregeln selbst. Ein Kind oder ein irrational wirkender Verhandler kann zum Beispiel „aus Trotz“ eine eigentlich Freude bereitende Aktivität oder ein erhaltenes Geschenk ablehnen, wenn mit der Ablehnung versucht werden soll, die Spielregeln selbst zu Gunsten des Ablehnenden zu verändern. Das kann dem Einsatz von Trotz die Eigenschaft eines rationalen Spielzuges verleihen.

Sprachgebrauch

  • Die alte RedensartSchutz und Trutz“ unterscheidet die helfende und die kämpferische Seite z. B. eines Bündnisses.
  • Die Präposition trotz führte zunächst den Dativ mit sich. Neuere Formen stehen mit dem Genitiv, was aber ursprünglich falsch war. Allerdings ist dies im Gegensatz zum verbreitet mit dem falschen Kasus gesetzten „wegen dem“ heute laut Duden richtig.[1]
  • Von „Trotz“ abgeleitet sind das Verb trotzen (intransitiv bzw. transitiv mit dem Dativ) und die einen Hauptsatz einleitenden Konjunktionen trotzdem.
    • im positiven Sinne außerhalb des oben beschriebenen Bedeutungszusammenhangs als trotzen = einer Sache (u. a. Unwetter, Gefahr) oder einer Person (u. a. Feind) (erfolgreich) Widerstand leisten
  • etwas aus/zum Trotz tun = etwas tun, nur weil es der Andere nicht will oder wünscht (siehe nichtsdestotrotz)

Einzelnachweise

  1. http://www.duden.de/suche/index.php?begriff=trotz&bereich=mixed&pneu=

Siehe auch

Weblinks


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