Umkehrproblem der Potentialtheorie

Umkehrproblem der Potentialtheorie

Das Umkehrproblem der Potentialtheorie ist ein theoretisch begründetes Mehrdeutigkeitsproblem bei einigen Anwendungen der Potentialtheorie. Es begrenzt vor allem die Interpretation von Messdaten in einem Magnet- oder Schwerefeld, weil es einen eindeutigen Rückschluss vom Kraftfeld auf die verursachenden Quellpunkte verhindert.

Das Umkehrproblem erhielt seinen Namen in Analogie zur Umkehr von Ursache und Wirkung. Bei einer bekannten oder vorgegebenen Massenverteilung im Innern eines Festkörpers lässt sich deren Wirkung nach außen streng berechnen, während umgekehrt das gemessene Schwerefeld durch mehrere Massenanordnungen hervorgerufen sein kann.

Beispiel: Störkörper mit hoher Dichte

Beispielsweise macht sich ein unterirdischer „Störkörper“ hoher Dichte (etwa eine Erzlagerstätte) an der Erdoberfläche durch eine deutliche Schwereanomalien oder eine große Lotabweichung bemerkbar. Der Körper stellt – gegenüber einer ungestörten Erdkruste mit einheitlichem Gestein – einen Massenüberschuss dar. Die an der Oberfläche gemessene Anomalie kann aber durch einen flachgeformten Störkörper in geringer Tiefe ebenso erklärt werden wie durch einen tiefer liegenden mit kugelähnlicher Form. Auch der Dichteunterschied zum Umgebungsgestein lässt sich in der Regel nicht eindeutig bestimmen.

Hier hilft aber eine Kombination mehrerer Verfahren der Geophysik oder die Kenntnis geologischer Gesteinsdaten. Wenn der Geologe den Dichtekontrast (zum Beispiel des Erzes gegen den ihn umgebenden Schiefer) angeben kann, ist eine genäherte Tiefenbestimmung möglich. Die Ausdehnung der Lagerstätte wiederum lässt sich durch weiträumige Messprofile oder durch allfällige tektonische Störungslinien eingrenzen.

Umgehung der Mehrdeutigkeit

Das Umkehrproblem spielt auch bei der Feldfortsetzung nach unten oder oben eine Rolle und lässt sich nur umgehen, wenn außer den Schweremessungen noch zusätzliche Daten aus Bohrungen, Gesteinsproben oder über Grenzflächen vorliegen. Vereinzelt hilft ein Analogieschluss auf die unbekannten Parameter aus ähnlich gelagerten Gebieten oder Messkampagnen.

Für den Geophysiker oder Bergingenieur relativiert das Umkehrproblem einen wesentlichen Vorteil der Potentialmethoden, die das Erdinnere sehr kostengünstig erforschen können - ohne aufwendige Bohrungen und prinzipiell ohne Tiefenbeschränkung. Andererseits zwingt es zur Kombination verschiedener Verfahren, was zum Beispiel auch der Geoseismik zugute kommt. Diese für die Erdöl-Exploration besonders wichtige Methode ist anfällig gegen Fehler der Laufzeitkurven, weil die künstlichen Bebenwellen sowohl durch die Dichte als auch die Elastizitätsmoduln beeinflusst werden. Beide Parameter können im Allgemeinen nur unzureichend genau veranschlagt werden; über die Dichte kann jedoch das Schwerefeld plausible Modelle liefern.

Siehe auch


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Umkehrproblem — Das Mehrdeutigkeitsproblem ist eine allgemeine Problematik der Dateninterpretation, wenn für die Ergebnisse einer Messung oder Messreihe unterschiedliche Interpretationen möglich sind. Die Gleichrangigkeit dieser Deutungen fasst man auch unter… …   Deutsch Wikipedia

  • Potentialtheorie — Die Potentialtheorie oder Theorie der wirbelfreien Vektorfelder behandelt die mathematisch physikalischen Grundlagen konservativer Kraftfelder. Wichtige Anwendungen sind das elektrische Feld, das Magnetfeld und das Gravitations bzw. Schwerefeld.… …   Deutsch Wikipedia

  • Gravimetrie (Geophysik) — Der Begriff Gravimetrie bezeichnet die Methoden, mit denen das lokale Schwerefeld der Erde vermessen wird. Die Bestimmung dieses fundamentalen Potentialfeldes ist für Geodäsie, Geophysik und Technik gleichermaßen von Bedeutung. In der Geodäsie… …   Deutsch Wikipedia

  • Gravimetrisch — Der Begriff Gravimetrie bezeichnet die Methoden, mit denen das lokale Schwerefeld der Erde vermessen wird. Die Bestimmung dieses fundamentalen Potentialfeldes ist für Geodäsie, Geophysik und Technik gleichermaßen von Bedeutung. In der Geodäsie… …   Deutsch Wikipedia

  • Schweremessung — Der Begriff Gravimetrie bezeichnet die Methoden, mit denen das lokale Schwerefeld der Erde vermessen wird. Die Bestimmung dieses fundamentalen Potentialfeldes ist für Geodäsie, Geophysik und Technik gleichermaßen von Bedeutung. In der Geodäsie… …   Deutsch Wikipedia

  • Gravimetrie — Der Begriff Gravimetrie (von lat. gravitas, „Schwere“ und metrie von griech. τὸ μέτρον – das Maß) bezeichnet die Methoden, mit denen das lokale Schwerefeld der Erde vermessen wird. Die Bestimmung dieses fundamentalen Potentialfeldes ist für… …   Deutsch Wikipedia

  • Potenzialtheorie — Die Potentialtheorie behandelt die mathematisch physikalischen Grundlagen von konservativen Kraftfeldern. Man nennt sie auch die Theorie der wirbelfreien Vektorfelder. Wichtige Anwendungen sind das elektrische Feld, das Magnetfeld und das… …   Deutsch Wikipedia

  • Gravitationsanomalie — Eine Schwereanomalie (fälschlich auch Gravitationsanomalie) ist die lokale Abweichung der Schwerkraft vom theoretischen Vergleichswert auf einer Referenzfläche. Letztere ist im Fall der Erde meist das mittlere Erdellipsoid. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Schwerkraftanomalie — Eine Schwereanomalie (fälschlich auch Gravitationsanomalie) ist die lokale Abweichung der Schwerkraft vom theoretischen Vergleichswert auf einer Referenzfläche. Letztere ist im Fall der Erde meist das mittlere Erdellipsoid. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Angewandte Geophysik — Die Angewandte Geophysik ist jenes Teilgebiet der Geophysik, in dem alle praxisorientierten und wirtschaftlich bedeutungsvollen Verfahren zusammengefasst werden. Gemeinsam ist ihnen das Ziel, die Gesteinskörper und Schichtungen der Erdkruste zu… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”