- Umweltbewusstsein
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Das Umweltbewusstsein ist die Einsicht eines Menschen in die Tatsache, dass Menschen die natürliche Umwelt - und damit die Lebensgrundlage der Menschen - durch ihr Tun und Lassen bzw. durch Eingriffe in die Umwelt gefährden. Das Umweltbewusstsein setzt sich zusammen aus dem Umweltwissen, den Umwelteinstellungen, den Verhaltensintentionen bezüglich der Umwelt und dem tatsächlichen Umweltverhalten eines Menschen.
Inhaltsverzeichnis
Chronologie der Entstehung von Umweltbewusstsein in der Bevölkerung
Das Umweltbewusstsein nahm besonders in der ersten Hälfte der 1970er Jahre deutlich zu, angestoßen unter anderem
- durch den Bericht Die Grenzen des Wachstums des Club of Rome (1972),
- durch die erste Ölkrise 1973,
- durch zahlreiche Umweltkatastrophen und durch immer sichtbarere Umweltverschmutzung,
- wohl auch durch die 68er-Bewegung sowie
- durch staatliche Stellen und Parteien: zum Beispiel wurde 1973 auf Betreiben der FDP (siehe "Freiburger Thesen") eine 'Bundesstelle für Umweltangelegenheiten' geschaffen (ab 22. Juli 1974 Umweltbundesamt).
Weiter verstärkt wurde das Umweltbewusstsein durch das erstmals 1983 so benannte Waldsterben, den „Rhein-GAU“ 1986, bei dem ca. 30 Tonnen gefährliche Chemikalien aus dem Basler Chemiekonzern Sandoz in den schon vorher stark verödeten Rhein flossen, sowie die Katastrophe von Tschernobyl von 1986. Oft wird die erste Hälfte der 1980er Jahre als „Höhepunkt“ der Umweltbewegung und eines besonders starken Umweltbewusstseins angesehen. In diese Phase fällt auch die Gründung der Partei Die Grünen (heute: Bündnis 90/Die Grünen) 1980 sowie von bekannten Umweltschutzgruppen wie Greenpeace (deutsche Sektion ab 1980) oder Robin Wood (1982).
Vom 3.-14. Juni 1992 fand die auch „Erdgipfel“ genannte Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro statt. Die Unterzeichnerstaaten betonten in der dort verabschiedeten Agenda 21, dass es ohne ein Umweltbewusstsein keine Lösung der global bedeutsamen Umweltproblematik geben könne.
Die häufige Thematisierung des Umweltproblems bis heute - auch in den Medien - beeinflusste das immer größer werdende Bewusstsein der Menschen zusätzlich. Der Informationsstand der Menschen über Umwelt, Natur, Risiken etc. verbesserte sich (Umweltwissen) und auch die auf Umwelt bezogenen Wertehaltungen und Grundeinstellungen wurden sensibilisiert (Umwelteinstellung). Viele Menschen entwickelten daher eine zunehmende Handlungsbereitschaft und positive Verhaltensintentionen bezüglich des Umweltschutzes und bekundeten, ihr Umweltverhalten zu überdenken.
Disparität zwischen Umweltbewusstsein und Umweltverhalten
Obwohl beispielsweise in Deutschland Großteile aller Bevölkerungsschichten nachweislich ein Umweltbewusstsein entwickelt haben, lässt sich das Alltagsverhalten der Menschen - wie Studien belegen - oftmals nicht mit Informationsstand, Wertehaltungen und Verhaltensintentionen erklären. Es existiert also eine Kluft zwischen den Einstellungen einiger Menschen und ihrem tatsächlichen Verhalten.
Nur in sogenannten „low-cost-Situationen“, in Situationen also, in denen die Realisierung umweltschonender Verhaltensalternativen mit relativ geringen (zusätzlichen) Kosten verbunden ist, führt vorhandenes Umweltbewusstsein regelmäßig zu umweltgerechtem Verhalten. Der Begriff Kosten (als Gegenstück zum Begriff Nutzen) sei hierbei (im Sinne der ökonomischen Verhaltenstheorie, vgl. homo oeconomicus) als jeglicher Aufwand, sei er physischer, zeitlicher, geldlicher oder anderer Art, verstanden. Dadurch lassen sich allerdings nicht alle Verhaltensweisen erklären. Einige weitere Gründe gegen die Wahl der umweltschonenderen Alternative wider das Umweltbewusstsein können das Passen zum individuellen Lebensstil, Bequemlichkeit, Routinisierung der konventionellen Alternative oder andere persönliche Interessen sein.
Vor diesem Hintergrund ist man in der Umweltpolitik strategisch vom individualpolitischen Ansatz abgerückt, welcher das Umweltbewusstsein fördern und die Menschen durch Überzeugung zu umweltfreundlicherem Verhalten veranlassen will, und präferiert stattdessen ökonomische Instrumente (z. B. Ökosteuern oder Emissionszertifikate), deren Vorteil darin besteht, dass sie umweltfreundliches Verhalten mit Hilfe ökonomischer Anreizstrukturen belohnen.
Literatur
- Andreas Diekmann, Peter Preisendörfer: Umweltsoziologie. Eine Einführung. Reinbek 2001, ISBN 3-499-55595-6
- Oliver Geden: Strategischer Konsum statt nachhaltiger Politik? Ohnmacht und Selbstüberschätzung des "klimabewussten" Verbrauchers, in: Transit - Europäische Revue, Heft 36 (Winter 2008/2009), Klimapolitik und Solidarität
- Angelika Poferl: Die Kosmopolitik des Alltags. Zur ökologischen Frage als Handlungsproblem. Berlin 2004, ISBN 3894045175
- Angelika Poferl, Karin Schilling, Karl-Werner Brand: Umweltbewusstsein und Alltagshandeln. Eine empirische Untersuchung sozial-kultureller Orientierungen. Opladen 1997, ISBN 3-8100-1904-6
- Udo Kuckartz, Anke Rheingans-Heinze: Trends im Umweltbewusstsein. Umweltgerechtigkeit, Lebensqualität und persönliches Engagement. Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-14892-3
- Udo Kuckartz: Umweltbewusstsein und Umweltverhalten. Berlin/Heidelberg 1998, ISBN 3-540-63658-7
- Gerhard de Haan, Udo Kuckartz: Umweltbewusstsein. Denken und Handeln in Umweltkrisen. Opladen 1996, ISBN 3-531-12808-6
- Umweltbundesamt (Hrsg.): Umweltbewusstsein in Deutschland 2010. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage, Berlin 2010
Weblinks
- Untersuchungen des Umweltbundesamtes zum Umweltbewusstsein der Deutschen unter www.umweltbewusstsein.de
- Bewusstsein und Verhalten: Umweltbewusstsein 2005 - Zur Empirie der ´Nachhaltigkeit´. Ergebnisse einer aktuellen Studie (PDF)
Kategorien:- Handlung und Verhalten
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