Umweltverträglichkeitsprüfung

Umweltverträglichkeitsprüfung

Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist ein gesetzlich vorgesehenes, systematisches Prüfungsverfahren, mit dem die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen von Vorhaben bestimmten Ausmaßes auf die Umwelt (Natur, Gesellschaft, Wirtschaft) im Vorfeld der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens festgestellt, beschrieben und bewertet werden. Die Ergebnisse der im Rahmen der UVP durchgeführten Umweltverträglichkeitsuntersuchung werden als Umweltverträglichkeitsstudie bezeichnet und sind zusammen mit den weiteren Projektunterlagen Grundlage für die UVP.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die erste Normierung einer Umweltverträglichkeitsprüfung wurde 1969 in den USA mit dem National Environmental Policy Act (NEPA, oder U.S.Code, Titel 42, §§ 4331 ff.) vorgenommen. Das dort etablierte Environmental Impact Statement (EIS) muss verfahrensbegleitend für alle größeren Maßnahmen von Bundesbehörden ausgearbeitet und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Dieses Rechtsinstitut wurde zum internationalen Exportschlager - es wurde in viele Rechtsordnungen der ganzen Welt übernommen.

In der Europäischen Union wurde die Umweltverträglichkeitsprüfung durch die UVP-Richtlinie verankert, die von den Mitgliedsstaaten der Union durch den Erlass eigener Bestimmungen über die UVP umgesetzt wurde, so in Österreich durch das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G 2000) und in der Bundesrepublik Deutschland durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)[1] vom 12. Februar 1990 mit Geltung ab 1. August 1990. Auch die Schweiz führte durch das Umweltschutzgesetz (USG)[2] und die Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPV) die UVP ein.

Ziel und Struktur der UVP in Deutschland

Die UVP ist in der Bundesrepublik Deutschland ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben, also einzelnen Projekten bestimmten Umfanges (wie etwa dem Bau eines Flughafens oder der Errichtung einer Industrieanlage), dienen. Es sollen dabei die möglichen Umweltauswirkungen des geplanten Vorhabens ermittelt und bewertet werden, damit die so gewonnenen Erkenntnisse in die Entscheidungsfindung über die Zulässigkeit des Vorhabens einfließen können. Daher ist bei der Entscheidung über das Vorhaben das Ergebnis der UVP mit in die Abwägung einzubeziehen. Allerdings entfaltet die UVP keinerlei materielle Rechtswirkung, das heißt ein Projekt kann durch eine negativ ausfallende UVP nicht automatisch verhindert werden.

Rechtliche Grundlage der Umweltverträglichkeitsprüfung (in Deutschland) ist das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Es enthält eine Anlage 1 mit der Liste der UVP-pflichtigen Vorhaben (z. B. Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Erzeugung von Strom …), eine Anlage 2 mit den Vorprüfkriterien für nicht klar definierte UVP-pflichtige Vorhaben, sowie eine Anlage 3 (Liste SUP-pflichtiger Pläne und Programme (SUP: Strategische Umweltprüfung)) mit den dazugehörigen Vorprüfungskriterien in Anlage 4. Nicht immer ist eine eindeutige Zuordnung von Vorhaben, die in den Anlagen genannt werden, zu den in den Fachgesetzen verwendeten Begriffen möglich (Beispiel: Vorhaben nach Atomrecht), so dass die Genehmigungsbehörde nach ihrer Auffassung das Vorhaben bezüglich seiner UVP-Pflicht einstufen muss.[2]

Grundlage für eine Prüfung auf Umweltverträglichkeit bildet neben den Antragsunterlagen für ein Vorhaben die durch den Antragsteller beziehungsweise – im Regelfall – dessen Gutachter angefertigte Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU) (= Umweltverträglichkeitsstudie (UVS)).

Die UVU beschreibt nicht nur das Vorhaben einschließlich der technischen Verfahren, sondern erfasst zuerst als Basis der Untersuchung die ökologische Ausgangssituation. Die Bestandsaufnahme der ökologischen Ausgangsdaten für die einzelnen Umweltbereiche bzw. Schutzgüter (Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, Kultur- und Sachgüter sowie deren jeweilige Wechselwirkungen) erfolgt dabei auf Basis der Ergebnisse spezieller Fachgutachten und allgemein zugänglicher Informationen/Daten[3], die auch von der Behörde zur Verfügung gestellt werden können.

Schließlich ermittelt, beschreibt und bewertet die UVU insbesondere die Auswirkungen des Vorhabens auf Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft sowie Kultur- und Sachgüter. Wechselwirkungen werden ebenso thematisiert wie Maßnahmen zur Vermeidung, Minderung und zum Ausgleich der ermittelten Auswirkungen.

Für Pläne (etwa Bebauungspläne) und Programme existiert in Deutschland (und den anderen Mitgliedstaaten der EU) seit 2004 ein an die UVP angelehntes Prüfungsverfahren, die Umweltprüfung (UP) und die Strategische Umweltprüfung SUP. Hier werden die Umweltauswirkungen von Planungswerken ermittelt und bewertet, um diese dann in die Planungsentscheidung einfließen zu lassen.

Auswirkung der UVP

Umweltverträglichkeitsprüfungen ermitteln, beschreiben und bewerten die Auswirkungen auf die umweltbezogenen Schutzgüter. Dies sind die Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkung zwischen diesen.

Die Umweltverträglichkeitsprüfung hat sich in mehr als 15 Jahren als zentrales umweltpolitisches Instrument in Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten etabliert. Sie ist Standard-Prüfverfahren für ökologische Folgen umweltrelevanter Projekte, seit 2004 auch für Pläne und Programme. Obwohl es keine Statistiken oder empirisch belastbare Studien über die Anzahl durchgeführter Umweltverträglichkeitsprüfungen in Deutschland gibt, ist davon auszugehen, dass bislang mehrere tausend Verfahren durchgeführt wurden.

Eine wesentliche Auswirkung der UVP-Pflicht ist die Einführung der Null-Variante als Negativ-Option bei Planung und Projektierung, sowie ein erhöhter Informationsfluss zu den Bürgerinnen und Bürgern.

Planungspolitische Aspekte der Umweltverträglichkeitsprüfung

Abhängig vom ideologischen Hintergrund wurde die rechtliche Verankerung dieser Pflicht in der Bundesrepublik Deutschland unterschiedlich aufgenommen. Die beiden extremen Positionen und die Intention des Gesetzgebers stellen sich wie folgt dar:

  • Einerseits erhofft man sich von der UVP insbesondere durch die notwendigen Variantenstudien (Null-Variante) die Erkenntnis, ob ein Projekt überhaupt als notwendig angesehen wird, oder wie ein Projekt abzuändern ist, um einen erhöhten Gesamtnutzen für die Allgemeinheit zu erzielen.
  • Für Projektplaner ist die UVP oft nur eine formale Hürde, welche es ohne inhaltlich tief greifende Konsequenzen für das Projekt zu meistern gilt.
  • Ziel des Gesetzgebers war es, für ein Projekt zu der als am allgemeinverträglichsten erachteten Art der Ausführung zu gelangen und dabei in Kauf zu nehmen, dass dies zu einem zwingenden Projektverzicht führen kann. Letzteres ist einer der Hauptkritikpunkte der Gegner der UVP, welche diese als Verhinderungsplanung ansehen.

Österreich

In Österreich geht die Wertigkeit des UVP-Verfahrens als Verfahren mit Bürgerbeteiligung über eine „formale Hürde“ hinaus. Häufig werden Planungen - mitunter sehr intensiv - abgeändert, um in einer folgenden UVP bestehen zu können. Auch nach Abführung dieses Verfahrens können weitere Änderungen, Ergänzungen oder Optimierungen der Planung durch behördliche Auflagen nötig sein, was in der Praxis auch meist den Regelfall darstellt. Neben den allgemeinen Umweltauswirkung im „Betriebsfall“ (realisierte Planung) wird bei der Beurteilung wesentlich auch die „Bauherstellung“ (Errichtung des geplanten Vorhabens) bewertet. Vor allem in der Infrastrukturplanung (vor allem Straßenplanung und Bahnplanung) sind Alternativen zum eingereichten Projekt oft sehr detailliert zu untersuchen, darzustellen und zu begründen.

  • Kritik an der UVP aus Sicht der von der Planung Betroffenen: Vorwurf, dass Bürgerwünsche nicht ausreichend berücksichtigt werden, Vorwurf einer formalen Hürde, eines Alibiverfahrens,…
  • Kritik an der UVP aus Sicht der Projektwerber: in der Regel deutlich höhere Kosten in der Planung, Verlängerung der Planungszeit durch verschiedene Fristen im Verfahren, Auswirkungen auf budgetäre und zeitliche Planung durch nicht vorhersehbare behördliche Auflagen, Folgekosten bei der Errichtung…

In atomrechtlichen Genehmigungsverfahren liegt eine Überschneidung zwischen der UVP-Richtlinie, die für solche Vorhaben eine UVP vorschreibt, und dem Euratom-Vertrag, der in Art. 37 eine Meldepflicht im Hinblick auf Emissionen (Wasser, Boden, Luft) fordert (z. B. Betrieb und Rückbau eines Kernkraftwerks, Uran-Anreicherung, Endlagerung radioaktiven Abfalls), im Bereich der grenzüberschreitenden Beteiligung von Behörden und Öffentlichkeit vor.[4]

Weblinks

Literatur

  • E. Gassner: Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Kommentar. 1. Aufl., C. F. Müller, Heidelberg 2006, ISBN 978-3-8114-8019-3
  • Heinz-Joachim Peters, Stefan Balla (Hrsg.): Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Handkommentar. 3. Aufl. Nomos, Baden-Baden 2006.
  • Peter-Christoph Storm, Thomas Bunge: Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung. Erich Schmidt, Berlin 2007, ISBN 978-3-503-02709-5.
  • B. Schwefer, H. Heuel-Fabianek, J.Schwab (Hrsg.): Umweltverträglichkeit in der Abfallwirtschaft. Springer, Berlin 1998, ISBN 3-540-63732-X.

Einzelnachweise

  1. TÜV Nord: UVU – Umweltverträglichkeitsuntersuchung. UVP - Umweltverträglichkeitsprüfung (31. Januar 2007)
  2. Heuel-Fabianek, B., Lennartz, R. (2009): Die Prüfung der Umweltverträglichkeit von Vorhaben im Atomrecht. StrahlenschutzPRAXIS, 3/2009
  3. Appel, P.: Durchführung einer Umweltverträglichkeitsstudie am Beispiel einer thermischen Abfallbehandlungsanlage. in: Umweltverträglichkeit in der Abfallwirtschaft (Hrsg.: Heuel-Fabianek, B., Schwefer, H.-J., Schwab, J.), S. 59–70 (1998), Springer-Verlag, ISBN 3-540-63732-X
  4. Heuel-Fabianek, B., Kümmerle, E., Möllmann-Coers, M., Lennartz, R. (2008): The relevance of Article 37 of the Euratom Treaty for the dismantling of nuclear reactors. atw - International Journal for Nuclear Power 6/2008
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