Basilika St. Michael (Altenstadt)

Basilika St. Michael (Altenstadt)

Die Basilika St. Michael entstand zwischen 1180 und 1220 als Pfarrkirche der später Altenstadt genannten Ursiedlung von Schongau in Oberbayern. Der spätromanische Tuffsteinbau ist nahezu vollständig in seiner hochmittelalterlichen Gestalt erhalten oder wiederhergestellt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ansicht von Osten
Gesamtansicht von Südwesten
Die Nordseite

Altenstadt, das alte Schongau, war im Hochmittelalter militärische Raststation und Stapel- und Umschlagplatz für die Kaufleute auf ihrem Weg von Augsburg nach Tirol und Italien. Die wohlhabende Bürgerschaft entschloss sich deshalb am Ende des 12. Jahrhunderts zu einem großzügigen Neubau ihrer Pfarrkirche. Es haben sich keinerlei urkundliche Dokumente zum Bauablauf erhalten. Einige Holzbalkenreste konnten dendrochronologisch zwischen 1165 und 1177 datiert werden.

Die schlichte, monumentale Architektur der querschiffslosen Basilika verweist auf direkte Vorbilder in Oberitalien. Der Neubau dürfte von einer oberitalienisch-lombardischen Wanderbauhütte ausgeführt worden sein, zumindest waren dem Baumeister die italienischen Vorbilder wohl vertraut (etwa S. Savino in Piacenza). Altenstadt zeigt zudem deutliche Ähnlichkeiten zur Basilika St. Peter im niederbayrischen Straubing. Beide Kirchen unterstanden dem Bischof zu Augsburg.

Als die Siedlung im frühen 13. Jahrhundert auf den Umlaufberg des Lech verlegt wurde, verlor Alt-Schongau an Bedeutung. Die Kirche diente weiterhin als Pfarrkirche für die nun überwiegend bäuerlichen Bewohner der „alten Stadt“ Schongau. Schon aus finanziellen Gründen unterblieben größere Umbauten. Auch der Barock, der sonst die Sakralbauten des „Pfaffenwinkels“ mit seinen reichen Dekorationsformen überzogen hat, blieb hier fast ohne jeden Einfluss. 1717 gelangte jedoch der Altar der Wallfahrtskirche auf dem Hohenpeißenberg in die Basilika.

1671 stürzte der Nordturm teilweise ein. Ursprünglich wollte man den Glockenturm gänzlich abtragen, beauftragte aber zwei Jahre später dem Wessobrunner Meister Hans Ganne(n)bacher mit dem Wiederaufbau in den alten Formen.

Der kunstsinnige König Ludwig I. beauftragte 1826 den Münchener Architekten Friedrich von Gärtner mit der Restaurierung. Gärtner schloss bei dieser Gelegenheit die Nebenapsiden und verwendete die Räume als Sakristei und Glockenhaus. Ende des 19. Jahrhunderts kamen noch einige neuromanische Ausstattungsstücke hinzu, etwa ein neuer Hochaltar, eine Kanzel und das Chorgestühl.

Die neuromanischen Veränderungen wurden bei der Restaurierung der Jahre 1961/63 wieder rückgängig gemacht und der Innenraum dem hochmittelalterlichen Zustand angenähert. Durch die Tieferlegung des Fußbodens sind heute auch die originalen Pfeilerbasen wieder sichtbar. Auch die Nebenapsiden öffnete man wieder. Als Ersatz wurde im Süden eine moderne Sakristei angebaut, deren Dachfläche sich aber nicht über die alte Kirchhofsmauer erhebt.

1966 wurde die Kirche in den Rang einer päpstlichen Basilica minor erhoben.

1993/94 konnte St. Michael nochmals grundlegend saniert werden. Die Kuppelschalen der Apsiden wurden steinsichtig freigelegt, der Raum erhielt einen neuen Anstrich und einen neuen Fußboden. Auch der Altarraum wurde neu ausgestattet. 1998 kam noch die neue Orgel der Firma Link (Giengen an der Brenz) hinzu.

Architektur

Innenansicht nach Osten
Das Westportal

Die Basilika ist der einzige durchgewölbte Sakralbau der Spätromanik in Bayern. Die Kirche ist ca. 40 m lang, 18,65 m breit, das Mittelschiff ist 13,2 m hoch und 6,7 m breit.

Der Außenbau ist klar gegliedert. Im Osten flankieren die beiden Türme (32 m) die Hauptapsis, die wiederum von den Nebenapsiden begleitet wird. Das regelmäßige Tuffsteinmauerwerk trägt keinen Verputz. Die zurückhaltende Architekturgliederung besteht aus Kranzgesimsen, Lisenen, dem „Deutschen Band“ und Rundbogenfriesen. Die Türme besitzen in den beiden Obergeschossen doppelte bzw. dreifache Schallöffnungen, die von Säulen gestützt werden. Das Langhaus und die Apsiden werden von Rundbogenfenstern belichtet.

Zwei Portale führen in das Innere. Das Westportal mit seinen Säulen und Bogenwülsten zeigt im Tympanon einen Krieger, der gegen einen Drachen kämpft. Man kann diese Darstellung als Kampf des Guten gegen das Böse interpretieren. (1 Petr 5). Ähnliche Darstellungen finden sich auch an anderen Sakralbauten dieser Zeit. Außen sind zwei Säulen freigestellt, die ursprünglich auf zwei Löwen standen. Die Skulpturen wurden 1826 entfernt, einer der Löwen ist in Schongau in der Nische einer Kaufhausfassade erhalten.

Das Seitenportal (Westseite) besitzt eine feine Blätterdekoration an den Kapitellen und am Türsturz. Das päpstliche Wappen im Tympanon erinnert an die Erhebung zur Basilica minor im Jahre 1966. Vor dem Portal stand bis 1910 ein romanisches Beinhaus (Karner).

Innenraum

Der romanische Taufstein

Seit der letzten Renovierung tragen die Wandflächen einen hellen Anstrich mit aufgemaltem Quadermuster. Die Säulen und Apsiden wurden hingegen steinsichtig belassen bzw. freigelegt.

Das östlichste der sieben Langhausjoche dient als Altarraum und ist durch einige Stufen abgesondert und erhöht. Sechs wuchtige Säulenpaare trennen die Schiffe und tragen die rippenlosen Kreuzgewölbe, die von breiten Gurtbögen getrennt werden. Die sechs westlichsten Säulen haben einen ungewöhnlichen Vierpassgrundriss. Dem quadratischen Kern sind jeweils vier Halbrundsäulen vorgelegt. Die inneren Wülste setzen sich als Dienste zu den Gurtbögen fort, deren Kämpfer Fabeltiere und Masken zeigen. Wohl aus perspektivischen Gründen stehen sich die Säulenpaare nicht exakt gegenüber. Das östliche Säulenpaar weist aus statischen Gründen einen kreuzförmigen Grundriss auf. Die Kapitelle der fünf westlichen Pfeiler besitzen korinthisierende Dekorationen in Kerbschnitttechnik (stilisiertes Blattwerk Rosetten, Sterne), die „den antiken Kapitellaufbau missverstehen“ (Pörnbacher), das Raumbild jedoch dekorativ bereichern.

Die Rundbogenfenster im Obergaden wurden 1583 zur Hälfte vermauert. Damals mussten die Dächer über den Seitenschiffen wegen der Schneelast in einem steileren Winkel neu aufgerichtet werden.

Ausstattung

Blick in den Chor mit dem "Großen Gott von Altenstadt"
Frühgotisches Fresko im Chor

Das bekannteste und bedeutendste Kunstwerk der Basilika ist der „Große Gott von Altenstadt“. Der monumentale, 3,20 m hohe Gekreuzigte steht – flankiert von Maria und Johannes (Kopien der Originale im Bayerischen Nationalmuseum in München) – auf dem modernen Lettnerbalken über dem Choreingang. Das Kunstwerk entstand am Anfang des 13. Jahrhunderts und lässt ebenfalls oberitalienische Einflüsse erkennen. Statt der Dornenkrone trägt der Erlöser einen Goldreif, ist also als Christkönig dargestellt.

Aus der Bauzeit der Kirche hat sich auch der originale Taufstein erhalten. Auf der kelchförmigen Schale sind der hl. Michael, die Madonna mit dem Kind, der heilige Johannes der Täufer und die Taufe Jesu als Reliefs ausgearbeitet.

Im Chor und im Langhaus sind noch einige romanische und frühgotische Fresken erhalten bzw. freigelegt. Im rechten (südlichen) Seitenschiff sieht man über dem Taufstein die Kreuzigung, im Chor den Erzengel Michael als Seelenwäger und die Verkündigung. An der Innenseite der Westwand wurde 1994 beim Ausbau der alten Orgel eine acht Meter hohe Darstellung des heiligen Christophorus freigelegt (um 1200).

Der Kreuzweg im südlichen Seitenschiff ist modern (Josef Henselmann, München). Hier ist auch der Grabstein für den Rottenbucher Propst Georg Siesmair (gest. 1628) in die Wand eingelassen.

In der südlichen Apsis hängt heute das ehemalige Chorbogenkruzifix aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Die südliche Apsis beherbergt eine Statue der Muttergottes (um 1330), die der Pfarrei als Leihgabe des Bayerischen Nationalmuseums überlassen wurde.

Literatur

  • Georg Hager: Die romanische Kirchenbaukunst Schwabens. München, 1887
  • Anna Landsberg: Die romanische Bauornamentik in Südbayern. München, 1917
  • Georg Paula, Stefanie Berg-Hobohm: Landkreis Weilheim-Schongau, Halbband 1 (Denkmäler in Bayern, Band I.23). München,2003. ISBN 3-87490-585-3
  • Karl Pörnbacher: Basilika St. Michael Altenstadt (Schnell & Steiner Kunstführer Nr. 31). Regensburg, 1934 (verwendet 13. Aufl., 2000, ISBN 3-7954-4092-0
  • Gottfried Weber: Die Romanik in Oberbayern. Pfaffenhofen, 1985. ISBN 3-7787-3258-7

Weblinks

 Commons: Basilika St. Michael Altenstadt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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