Universitätsbibliothek Graz

Universitätsbibliothek Graz
Universitätsbibliothek Graz
Logo ub graz.jpg
Gründung 1573
Bibliothekstyp Universitätsbibliothek
Ort Graz
Bibliothekssigel AT-UBG-HBVorlage:Infobox Bibliothek/Wartung/Sigel
Website http://ub.uni-graz.at/
Das Hauptgebäude der Universität Graz, in dessen hinterem Teil die Universitätsbibliothek untergebracht ist

Die Universitätsbibliothek Graz (UB Graz) ist die größte wissenschaftliche Bibliothek der Steiermark, für die sie auch das Pflichtexemplar-Recht besitzt. Sie bildet einen Teil der Karl-Franzens-Universität Graz und besteht aus der Hauptbibliothek, aus zwei Fakultätsbibliotheken (für Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften und für Theologie) sowie verschiedenen Fachbibliotheken und Beständen an Instituten, ist aber auch für die Öffentlichkeit zugänglich.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Galerie des Lesesaals

Die Bibliothek der Jesuitenuniversität

Die Universitätsbibliothek Graz verdankt ihren Ursprung der Gegenreformation. Seit 1571 waren Jesuiten in der mehrheitlich protestantischen Stadt Graz, wo sie nach dem Wunsch des Landesfürsten Erzherzog Karl II. die Rekatholisierung betrieben. Zu diesem Zweck wurde 1573 neben dem Dom ein Jesuitenkollegium mit einer angeschlossenen Schule gegründet, die auch über eine eigene Bibliothek verfügte. 1585 wurde diese Schule von Papst Gregor XIII. als Jesuitenuniversität bestätigt, wodurch die Bibliothek den Status einer Universitätsbibliothek erhielt. Sie wuchs rasch durch den Zugang von Büchern aus aufgelassenen Klöstern sowie durch Schenkungen und Ankäufe. Wie die Universität selbst, die im Wesentlichen aus einer theologischen Fakultät bestand, war auch für die Bibliothek die Theologie der wichtigste Sammelschwerpunkt, der jedoch nicht auf katholische Werke beschränkt war. Auch die Naturwissenschaften waren gut vertreten, was auf den Einfluss des Mathematikers Paul Guldin, der Professor an der Jesuitenuniversität Graz war, zurückzuführen ist. Diese fand durch die Aufhebung des Jesuitenordens 1773 ein Ende und wurde in eine staatliche Universität umgewandelt.

Die staatliche Universitätsbibliothek

1775 wurde durch kaiserliches Dekret die Universität Graz offiziell neu gegründet und zusammen mit ihrer Bibliothek in die staatliche Verwaltung übernommen. Allerdings waren die meisten kaiserlichen Beamten, die sie und die Universitätsbibliothek verwalteten, ehemalige Jesuiten. 1781 wurde die Bibliothek nach baulichen Adaptierungen ihrer neuen Räumlichkeiten wieder eröffnet. Damit war sie erstmals öffentlich zugänglich. Ihr größtes Problem war der Verlust des aus 28 Bänden bestehenden Bibliothekskatalogs, der vermutlich dem Groll der Jesuiten zum Opfer gefallen war. Er wurde bis heute nicht mehr aufgefunden. Der Bücherzuwachs aus aufgelassenen Jesuitenbibliotheken verschärfte das Chaos noch.

Die Lyzeumsbibliothek

Wie etliche weitere Universitäten wurde auch die Grazer Universität 1782 von Kaiser Josef II auf den Status eines Lyzeums herabgestuft. Der Bestand der Bibliothek wuchs jedoch weiter an.

Ausschnitt aus der Fassade des Zubaus von 1994-96

Die wiedererrichtete Universitätsbibliothek

Am 19. April 1827, nach 45 Jahren, wurden die alten Rechte durch Kaiser Franz I. wiederhergestellt. Seitdem führt die Universität nach beiden Gründern den Namen Karl-Franzens-Universität Graz. Da mit der Wiedererrichtung der Universität die Auflage verbunden war, dem Staat keine zusätzlichen Kosten zu verursachen, blieb die Universitätsbibliothek für ihre Bestandserweiterung auch weiterhin auf Nachlässe und Schenkungen angewiesen. Erst als 1870 der Personalstand von drei auf sechs Bedienstete aufgestockt und die Dotation von 830 auf 4.000 Gulden erhöht wurde, konnte die Bibliothek ihre Aufgaben erstmals nach langer Zeit wieder einigermaßen erfüllen.

Von der Übersiedlung bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

Bedingt durch die räumliche Enge der Universität in der Grazer Innenstadt wurde ab 1891 am Stadtrand (im heutigen Bezirk Geidorf) ein Neubau begonnen, wobei die einzelnen Gebäude zu unterschiedlichen Zeiten in Betrieb genommen wurden. Die Bibliothek übersiedelte vom 9. bis 22. September 1895 mit 135.000 Bänden ins Hauptgebäude der neuen Universität. 1914 wurde der an die nordöstliche Längsseite des zentralen Lesesaals grenzende Verwaltungstrakt aufgestockt. Die weitere Entwicklung der Bibliothek erlitt durch beide Weltkriege Rückschläge in der Bestandsvermehrung und der Verwaltung. Zum Schutz vor den Luftangriffen auf Graz wurden 1944 60.000 Bände ausgelagert. Am 22. Oktober 1945 erfolgte die Wiedereröffnung. 4.500 Bände (darunter 200 Handschriften) sind dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen.

Die jüngste Entwicklung

Der historische Lesesaal der UB Graz im Stil der Neo-Renaissance

Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts ist vor allem durch bauliche Veränderungen und eine zunehmende Dezentralisierung geprägt. 1950 wurden die beiden Nahmagazine hinter den Schmalseiten des Lesesaales im Südosten durch einen großen Magazins-Zubau ergänzt. 1970 erhielt die Bibliothek im Nordwesten einen allerdings architektonisch anspruchslosen modernen Zubau mit einer Eingangshalle und einem direkten Zugang von außen. 1994 bis 1996 erfolgte der Bau des ReSoWi-Zentrums, das die zur Universitätsbibliothek gehörende Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultätsbibliothek beherbergt. Gleichzeitig entstand auch ein großer Zubau zum Hauptgebäude, der ausschließlich der Universitätsbibliothek zur Verfügung steht. Zusätzlich zum Ausbau der Hauptbibliothek wurden auch räumlich entfernte Fachbibliotheken errichtet, beispielsweise im Universitätszentrum Wall in der Merangasse. 1996 wurde eine Mediathek für audiovisuelle Medien eingerichtet. Infolge der Aufspaltung der Universität wurden die bisherigen medizinischen Teilbibliotheken im Jahre 2004 zu einer eigenständigen Universitätsbibliothek. Zusammen mit der UB Innsbruck und der UB Wien übernahm die UB Graz die Führung bei der Bildung von nationalen und internationalen Konsortien zur kostengünstigeren gemeinsamen Nutzung elektronischer Zeitschriften und Bücher. Zwischen Juli 2005 und Juni 2008 war an der UB Graz die "Kooperation E-Medien Österreich" eingerichtet. Die UB Graz ist auch maßgeblich am Projekt Austrian Literature Online zur Digitalisierung der österreichischen Literatur beteiligt

Das Personal

Bei der Übernahme in die Staatlichkeit bekam die Universitätsbibliothek zwei Bedienstete (den Direktor und einen Bibliotheksdiener). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bestand das Personal aus 17 Personen, von denen 8 wissenschaftliche Beamte waren. Zur Jahrtausendwende waren 120 Personen an der Bibliothek beschäftigt.

Die Direktoren der Universitätsbibliothek Graz seit der Staatlichkeit
1773-1774  Josef Bardarini (*1708; †1791), Professor für Theologie und Philosophie, Rektor
1775-1778 Richard Tecker (*1723; †1798), Professor für Dogmatik
1778-1783 Franz de Paula Tomicich (*1729), Professor für kanonisches Recht, Rektor
1783-1797 Augustin Herz
1798-1814 Josef Alois Jüstel (*1765; †1832), Professor für Moraltheologie, Rektor
1817-1832 Markus Sandmann (*1764; †1832), Schriftsteller
1833-1852 Johann Krausler (†1852)
1853-1861 Leopold Michelitsch
1861-1866 Karl Kreutzer
1866-1880 Ignaz Tomaschek
1880-1895 Alois Müller (*1835; †1901), Hebraist
1895-1903 Wilhelm Haas (*1842; †1918), danach Direktor der Universitätsbibliothek Wien
1903-1910 Anton Schlossar (*1849; †1942), Jurist
1910-1919 Johannes Peisker (*1851; †1933), später Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte in Prag  
1919-1924 Ferdinand Eichler (*1863; †1945), Philologe und Professor für Bibliothekswissenschaft
1924-1933 Jakob Fellin (*1869; †1951)
1934-1945 Franz Gosch (*1884; †1952), Archäologe und Slawist
1945-1953 Wolfgang Benndorf (*1901; †1959)
1954-1971 Erhard Glas (*1906; †1992)
1972-1988 Franz Kroller (*1923; †2000), Jurist
1989-2006 Sigrid Reinitzer (*1941)
2004- Werner Schlacher (*1955)

Bestand

Ein mehrbändiges Lateinisches Wörterbuch der Universitätsbibliothek Graz

Der Buchbestand der älteren Universitätsbibliothek ist historisch unsicher. Für das Jahr 1773 gibt es eine Angabe von 10.000 Bänden, für 1776 eine andere von 42.000 Bänden. Später sollen es nach anderen, wohl ebenso unverlässlichen Quellen wieder weniger und 1839 bereits 50.000 Bände gewesen sein. Eine Zählung 1860 ergab einen Bestand von etwa 38.000 gedruckten (z. T. mehrbändigen) Werken. 100.000 Bände wurde etwa 1879 erreicht, 200.000 in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts. Zur Jahrtausendwende umfasste der Gesamtbestand der Universitätsbibliothek Graz fast 3 Millionen gedruckte Bände, über 2000 Handschriften, etwa 1200 Inkunabeln, zahlreiche Gelehrten-Nachlässe sowie etwa 1400 laufende Zeitschriften.

Sondersammlungen

Die Abteilung für Sondersammlungen verwaltet die Handschriften und alle bis 1900 gedruckten Werke. Zu den bemerkenswertesten Handschriften aus Pergament gehören die fünf ältesten georgischen Handschriften aus dem 7. bis 11. Jahrhundert. Sie stammen aus dem Katharinenkloster am Fuße des Berges Sinai. Zu den bedeutendsten Papierhandschriften zählen Briefe von Johannes Kepler an Paul Guldin.

Auch 42 Papyrus-Handschriften aus Oxyrhynchos und Hibeh verdienen Erwähnung. Sie stammen aus Ausgrabungen der britischen Egypt Exploration Society aus den Jahren 1896 bis 1907 und gelangten nach Graz als Gegenleistung für eine finanzielle Unterstützung der Ausgrabungen durch die Stadt. Der größte Teil der Funde befindet sich heute im Ashmolean Museum in Oxford, im British Museum in London und im Ägyptischen Museum in Kairo.

Literatur

  • Manfred Hirschegger: Geschichte der Grazer Universitätsbibliothek bis zum Jahr 1918. In: Biblos. Bd 44, H. 2 (1995), S.297-324.
  • Manfred Hirschegger: Geschichte der Universitätsbibliothek Graz 1918-1945. 1989. In: Biblos-Schriften. 148.
  • Walter Jaksch, Edith Fischer, Franz Kroller: Österreichischer Bibliotheksbau. I. Band Von der Gotik bis zur Moderne. Kapitel Universitätsbibliothek Graz (S. 329-336).
  • Franz Kroller: Baugeschichte der Universitätsbibliothek Graz. In: Der Grazer "Campus". Universitätsarchitektur aus vier Jahrhunderten. Graz 1995
  • Die Universitäts-Bibliothek Graz: Eine Bibliothek im Wandel. Festgabe für Franz Kroller zum 65. Geburtstag. Graz 1989

Siehe auch

Weblinks

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Dieser Artikel wurde am 14. Dezember 2005 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen.

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