- Unsichtbares Theater
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Unsichtbares Theater beziehungsweise „verstecktes Theater“ wurde im Widerstand gegen den Faschismus von kommunistischen Theatergruppen in den 1930er Jahren entwickelt und von Augusto Boal in den 1960er Jahren für die Situation der brasilianischen Militärdiktatur neu entdeckt. Es ist eine politische oder künstlerische Aktionsform, bei der es darum geht, Theaterstücke nicht auf einer Bühne aufzuführen, sondern ohne Wissen der Zuschauer an öffentlichen Orten. Das unsichtbare Theater zählt zu den Methoden des Theaters der Unterdrückten und ist eine verbreitete Form des Straßentheaters.
Doch gibt es auch Formen des „unsichtbaren Theaters“, die nur einer Verunsicherung des Publikums dienen sollen und provokanten Charakter haben und zu den Methoden der Kommunikationsguerilla zählen. Das „versteckte Theater“ wird auch mit Dario Fo in Verbindung gebracht, weil sich einige seiner Stücke für diese Theaterform sehr eignen und er selbst an solchen Aktionen beteiligt war.
Inhaltsverzeichnis
Charakteristika
Bei dem Unsichtbaren Theater gibt es keine Bühne. Jeder beliebige Schauplatz kann zu einer Bühne werden. Die Zuschauer wissen nicht, dass sie Zuschauer sind und dass ein Theater gespielt wird – allein die „richtigen“ Schauspieler wissen Bescheid, denn die Zuschauer werden somit gleichzeitig auch zu Akteuren. In dieser Weise agieren beide gleichberechtigt, denn die „richtigen“ Schauspieler werden demnach auch zu Zuschauern. Trotzdem gibt es einen geschriebenen Text. Die Konfliktsituation ist von vornherein klar, die außerdem bis ins letzte Detail geplant werden muss, nicht nur was die Szene und die Mitwirkenden betrifft, denn man muss auch die möglichen Reaktionen der Zuschauer einplanen und auf so gut wie alles vorbereitet sein um möglichst schnell zu handeln und das Schauspiel authentisch fortzuführen. Außerdem muss es an einem Ort mit vielen Menschen geschehen. Der Zweck dieses Theaters ist nicht Chaos, sondern die Sicht auf bestimmte Ziele zu lenken.
Ein Beispiel verdeutlicht den Zweck des Unsichtbaren Theaters: Es ist Premierenabend einer Veranstaltung, ein dünner Mann mit zerrissener Kleidung geht traurig an den eleganten Damen und Herren vorbei und schaut sie an. Andere Schauspieler stehen unauffällig dabei. Während sie die Masse daraufhin in Bewegung setzt, ihre Plätze einzunehmen, bricht der magere Mann zusammen. Dies geschieht in Zeitlupe, um die Aufmerksamkeit aller auf sich zu ziehen: erst mimt er Unwohlsein, sucht Halt an der Wand, bittet um Hilfe und sinkt anschließend zu Boden. Möglicherweise eilen ihm einige Leute zur Hilfe. Nachdem ein „Arzt“ aufgetaucht ist, unterhalten sich die anderen Schauspieler über Elendsreportagen in den Tageszeitungen und über Hungersnöte in Afrika. Anschließend stellt der Arzt seine Diagnose: ein Schwächeanfall, weil der Mann wohl tagelang nichts gegessen hätte. Daraufhin bitten einige Schauspieler die Besucher ihre Eintrittskarten zu Verfügung zu stellen, um dem Mann einige Lebensmittel zu kaufen. Sie zählen auf, was man alles für eine Eintrittskarte zu Essen kaufen könnte: wie viel Fleisch, Salat, Eier etc. Ziel ist, dass jeder Zuschauer den Preis seiner Premierenkarte in Fleisch, Salat, Eier etc. umrechnet, und jeder einzelne wird gefragt, ob es wirklich nötig sei, sein Geld für immer die gleichen Arien auszugeben, anstatt dieses für ärmere Familien zu spenden. Dann wird laut ausgerechnet, wie viel man von jedem Lebensmittel kaufen kann. Zwar spenden nicht alle Besucher etwas, jedoch sind sie vor allen bloßgestellt und womöglich zum Denken angeregt worden.[1]
Literatur
- Augusto Boal, Marina Spinu (Hrsg.), Theater der Unterdrückten. Übung und Spiele für Schauspieler und Nichtschauspieler. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 1996. ISBN 3-518-11361-5
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. hierzu: A. Boal/M. Spinu (Hg.): Theater der Unterdrückten
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