- Unverhofftes Wiedersehen
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Unverhofftes Wiedersehen ist eine der bekanntesten Erzählungen des Dichters und Erzählers Johann Peter Hebel. Die als Meisterwerk gerühmte Kalendergeschichte – Ernst Bloch nannte sie „die schönste Geschichte der Welt“ – erschien erstmals 1811 in dem von Hebel herausgegebenen Kalender Der Rheinländische Hausfreund.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Ein junger Bergmann im Bergwerk von Falun und seine Liebste wollen heiraten, doch wenige Tage vor der Hochzeit fährt er ein und kehrt nicht mehr zurück. Fünfzig Jahre vergehen − der Erzähler veranschaulicht den Zeitsprung durch eine gedrängte Aufzählung der inzwischen eingetretenen historischen Veränderungen −, da wird in einem eingestürzten Streb des Bergwerks die von vitriolhaltigem Wasser vollkommen konservierte Leiche eines jungen Mannes gefunden. Niemand kennt ihn, denn seine Verwandten sind lange tot. Doch da tritt, grau und zusammengeschrumpft, an einer Krücke die alte Frau hinzu, die damals mit ihm verlobt war. Sie sinkt „mehr mit freudigem Entzücken als mit Schmerz auf die geliebte Leiche nieder“ und dankt Gott dafür, dass sie ihn noch einmal sehen darf. An der Beerdigung nimmt sie in ihrem Sonntagsgewand teil, „als wenn es ihr Hochzeitstag … wäre“. Als man den Leichnam auf dem Kirchhof ins Grab legt, sagt sie: „Schlafe nun wohl, noch einen Tag oder zehn im kühlen Hochzeitsbett, und lass dir die Zeit nicht lang werden.“
Zur Interpretation
Die Geschichte wird als unlängst geschehen erzählt. Der Erzähler kontrastiert scharf die absolute Ruhe im Berg, während das Vitriol den Leichnam durchdringt, und das stille Verwelken der Braut − beides wird nicht geschildert − mit den lärmenden Weltläufen, indem er die dem Leser erinnerlichen großen Ereignisse und Umwälzungen der vergangenen Jahrzehnte im Zeitrafferstil berichtet, vom Erdbeben von Lissabon bis hin zur Gegenwart der Napoleonischen Kriege.
Was Liebe sein kann, lässt sich an dieser eigentümlichen Erfüllung ermessen. Doch ist die Erzählung auch politisch: Sie wurde 1811 unter den Augen der napoleontreuen Zensur veröffentlicht. Jedes Wort des historischen Berichts ist mit Bedacht gewählt. Die skeptische Haltung des Autors zu den jüngsten Geschehnissen konnte der zeitgenössische Leser daraus entziffern, dass die Aufzählung nicht mit der Niederlage Preußens, sondern mit der Bombardierung Kopenhagens endet, die einen Rückschlag für Napoleon bedeutete.
Literatur
- Carl Pietzcker: Johann Peter Hebels „Unverhofftes Wiedersehen“: e. psychoanalyt. Versuch. In: Carl Pietzcker (Hg.): Johann Peter Hebel: Unvergängliches aus dem Wiesental. Freiburg im Breisgau 1996. S. 263-299.
- Johann Anselm Steiger: Unverhofftes Wiedersehen mit Johann Peter Hebel: Studien zur poetischen und narrativen Theologie Hebels. Heidelberg 1998.
Weblinks
- Text, Anmerkungen und Aufgaben, teachSam.de
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