Vertebroplastie

Vertebroplastie

Die perkutane Vertebroplastie (PV) ist ein so genanntes minimal-invasives medizinisches Verfahren zur Behandlung von Wirbelkörperfrakturen. 1984 wurde die Vertebroplastie erstmals zur Behandlung frakturgefährdeter Hämangiome der Wirbelsäule in Frankreich beschrieben. Die Autoren Galibert und Deramond publizierten ihren Artikel im Jahre 1987.[1] Seitdem etablierte sich das Verfahren zunehmend auch zur Behandlung osteoporotischer Brüche der Wirbelsäule. Sie ist der Vorreiter der Kyphoplastie.

Inhaltsverzeichnis

Anwendungsbereiche

Sie kann bei andauernden, von einem eingebrochenen Wirbel ausgehenden und unter konservativer (medikamentöser) Therapie nicht ausreichend behandelbaren Schmerzen angewandt werden. Anfänglich nur zur Stabilisierung osteoporotischer Wirbelfrakturen (Sinterungsbruch) gedacht, findet die PV zunehmend auch z. B. bei Metastasen in Wirbelkörpern Anwendung.

Vorgehen

Der Patient wird in Bauchlage auf einem Durchleuchtungsplatz (alternativ: CT-Tisch) und üblicherweise unter Narkose behandelt. Unter Lokalanästhesie wird eine große Hohlnadel durch die Bogenwurzeln des betroffenen Wirbels eingebracht. Anschließend spritzt man Knochenzement in den Wirbelkörper ein, der unter Hitzeentwicklung in kurzer Zeit aushärtet.

Komplikationen

In 2/3 der Fälle kommt es während der Injektion zu einem meist asymptomatischen Austritt von Knochenzement aus dem behandelten Wirbelkörper in Venen (in Einzelfällen Verschleppung des Materials, im Extremfall bis in den Lungenkreislauf mit dem Bild der Embolie), in den paravertebralen Raum, in die benachbarten Bandscheibenfächer oder in den Spinalkanal.[2] Letzteres kann bei Eingriffen an der Hals- oder Brustwirbelsäule zu einem Querschnittsyndrom durch Kompression des Rückenmarks führen. Neuere Systeme, wie bspw. das Confidence-System, versuchen dies durch eine erhöhte Zementfestigkeit zu minimieren.[3] Der Einfluss des Zementes auf die Stabilität der benachbarten Wirbel wird zurzeit kontrovers diskutiert.[4][5][6] Einige Studien berichten von einer erhöhten Frakturrate an den unmittelbar an ein stabilisiertes Segment angrenzenden Wirbeln, was auf veränderte statische Verhältnisse (Versteifung innerhalb einer sonst erweichten Wirbelsäule) zurückgeführt wird. Eine Assoziation besteht außerdem wahrscheinlich zwischen den Zementleckagen ins Bandscheibenfach und Frakturen der nachgeordneten Wirbel.

Resultate

Ein sehr großer Teil der behandelten Patienten ist nach kurzer Zeit beschwerdefrei oder zumindest besser medikamentös zu behandeln. Die guten Erfolgsraten der PV kontrastieren mit der vergleichsweise niedrigen Rate an ernsten Komplikationen.
Allerdings deuten neuere verblindete Studien darauf hin, dass die PV einer Placebobehandlung nicht überlegen ist.[7][8]

Heute geht der Trend eindeutig wieder zu mehr Verzahnung von Knochenzement und Spongiosa, was typischerweise der Vertebroplastie zu zusprechen ist, sowie einer möglichen und notwendigen Höhenkorrektur (Reponierung) des gesinterten Wirbels, was typischerweise der Kyphoplastie zu zusprechen ist.[9][10]

Weitere Verfahren

Kyphoplastie

Die Kyphoplastie ist eine Weiterentwicklung der PV. Hier wird neben dem Einbringen von Knochenzement der Wirbelkörper reponiert, d.h. sein ursprüngliches Profil soweit wie möglich wiederhergestellt und der gesinterte Wirbel aufgerichtet. Eine kleine, passive Stellungsverbesserung der Wirbelfraktur kann auch bei der Vertebroplastie erreicht werden.

Zurzeit gibt es eine wissenschaftliche Diskussion darüber, ob die Kyphoplastie der Vertebroplastie grundsätzlich vorzuziehen ist oder ob die Kyphoplastie bei speziellen Wirbelfrakturen erfolgversprechender ist.

Spongioplastie

Die Spongioplastie ist im Vorgehen zwischen der Vertebroplastie und der Kyphoplastie angesiedelt: Es werden zwei Hohlnadeln (von rechts und links) seitlich in den Wirbelkörper eingebracht und nach Schaffung eines jeweils zylindrischen Hohlraums wieder etwas zurückgezogen. Dann wird flüssigspongiöse Masse eingepresst.[11]

Vesselplastie

Die Vesselplastie ist ein Verfahren, welches ähnlich der Kyphoplastie einen Hohlraum im zusammengebrochenen Wirbel erzeugt. Vor dem Einbringen des flüssigen Knochenzements wird aber noch ein ballonähnliches Netz eingebracht, welches als zusätzlicher Fremdkörper im Wirbel verbleibt und in das der Kochenzement injiziert wird. Dadurch soll ebenfalls das unerwünschte Austreten von Knochenzement aus dem Wirbel in das umgebende Gewebe reduziert werden.[12]

Quellen

  1. Galibert 1987 - A preliminary note on the treatment of vertebral angiomas by percutaneous vertebroplasty by acrylic cement
  2. Klazen et al. 2010: Vertebroplasty versus conservative treatment in acute osteoporotic vertebral compression fractures (Vertos II): an open-label randomised trial.
  3. Siegal 2009: Treatment of Vertebral Compression Fractures
  4. Rohlmann et al. 2010: A probabilistic finite element analysis of the stresses in the augmented vertebral body after vertebroplasty
  5. Dabirrahmaniabc et al. 2011: Mechanical variables affecting balloon kyphoplasty outcome - a finite element study
  6. Becker et al. 2010: Nachteile der Ballonkyphoplastie mit PMMA – Eine klinische und biomechanische Stellungnahme
  7. Buchbinder: A Randomized Trial of Vertebroplasty for Painful Osteoporotic Vertebral Fractures. In: NEJM Volume 361:557-568.
  8. Kallmes: A Randomized Trial of Vertebroplasty for Osteoporotic Spinal Fractures. In: NEJM Volume 361:569-579.
  9. Drees 2011: Orthopädie meets Osteologie Bericht von der 59. Jahrestagung der Vereinigung Süddeutscher Orthopäden und Unfallchirurgen, 28. April–1. Mai 2011, Baden-Baden
  10. Licht 2011: Kongressbericht WENMISS 2011. The World Society for Endoscopic Navigated and Minimal Invasive Spine Surgery, 5.-7. Mai 2011, Bonn
  11. http://www.krauth-medical.de/km-wb/spine/images/Spongioplast_130906.pdf
  12. http://www.aspine.net/vesselprocedures.html
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