Vesque

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Johann Vesque von Püttlingen - Pseudonym: Johann Hoven - (* 23. Juli 1803 in Opole, Galizien; † 29. Oktober 1883 in Wien) war Jurist und Komponist. Er gilt als der bedeutendste österreichische Liedschöpfer zwischen Schubert und Brahms.

Leben

Johann Vesque von Püttlingen wurde auf dem Schloss des Grafen Alexander Lubomirski in Opole bei Lublin geboren. Sein aus französisch-niederländischem Adel stammender Vater - als k.u.k. Beamter von Napoleon aus den habsburgischen Niederlanden vertrieben - war dort als Bibliothekar und Hauslehrer tätig. 1804 übersiedelte die Familie in den damaligen politischen Wirren nach Wien und diese Stadt stellte fortan bis zu seinem Tod den Mittelpunkt im Leben von Püttlingens dar.

Nach Abschluss seiner schulischen Ausbildung studierte Vesque ab 1822 Jura und promovierte 1827 mit höchster Auszeichnung zum Dr. jur. Anschließend wurde er in den Staatsdienst aufgenommen, wo er von 1827 bis 1872 – zuletzt als Sektionschef im Auswärtigen Amt – tätig war und es über die Position eines Landrats von Salzburg, Staatskanzleirats und Hofrats schließlich in den Rang eines Geheimen Rats brachte. 1866 wurde er in den Freiherrenstand erhoben; 1876 avancierte er zum Mitglied des Herrenhauses. Er war einer der führenden österreichischen Juristen, der sich auf diesem Gebiet auch schriftstellerisch betätigte, so u. a. mit einem 1864 erschienenen bahnbrechenden Werk über „Das musikalische Autorrecht“, ferner einer Darstellung des in Österreich geltenden Ausländerrechts sowie einer Übersicht der Verträge Österreichs mit auswärtigen Staaten.

Vesque war verheiratet mit Anna Maria Márkus zu Eör (1814–1893). Aus der Ehe gingen zehn Kinder hervor. Durch die Heirat wurde von Püttlingen vermögend. In seinem Haus in Wien veranstaltete er Hauskonzerte, die seinen Salon zu einem der kulturellen Mittelpunkte Wiens machten. Seine durch umfangreich erhaltene Korrespondenz belegten Kontakte zu Robert und Clara Schumann, Hector Berlioz, Franz Liszt, Carl Loewe, Giacomo Meyerbeer, Felix Mendelssohn Bartholdy, Otto Nicolai und andere mehr zeugen von seiner künstlerischen Bedeutung und allseitigen Wertschätzung.

Die Grundlage hierfür bildete – nachdem der Schüler Vesque sich neben der Musik durchaus auch für Literatur und Naturwissenschaften interessiert und sich auch hiermit intensiv beschäftigt hatte – eine fundierte musikalische Ausbildung.

Vesque erhielt mit 13 Jahren ersten Klavierunterricht bei dem mit Franz Schubert und Ludwig van Beethoven befreundeten Maximilian Joseph Leidesdorf, dann ab 1816 bei Ignaz Moscheles und schließlich bei Jan Hugo Worzischek. 1821 wurde er Schüler des Konservatoriums der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien mit den Fächern Klavier und Chorgesang. Ab 1828 studierte er Komposition bei Eduard von Lannoy und 1833 ließ er sich von Simon Sechter im strengen Satz unterweisen. 1827/28 hatte Vesque Kontakt zu Franz Schubert und lernte über ihn den berühmten Sänger J. M. Vogl kennen. Man darf davon ausgehen, dass die hierbei gewonnenen musikalischen Eindrücke von prägender Wirkung waren und die Grundlage bildeten für die lebenslange besondere Vorliebe Vesques für die Gattung Lied.

1912 wurde die Püttlingengasse in Wien-Hietzing nach ihm benannt.

Oeuvre

Seine ersten veröffentlichten Kompositionen bewegen sich noch – dem Geschmack der Zeit folgend – auf dem Gebiet leichter und gefälliger Klaviermusik in Form von Ländlern, Cotillons, Gallopes und Walzern (opera 1 – 5). Schon mit opus 6 setzt aber die Liedproduktion ein und in opus 7 findet sich mit „Der Tänzer“ bereits die erste Vertonung eines Textes von Heinrich Heine, wobei dieses Lied mit zu den besten Schöpfungen von Püttlingens gerechnet werden darf. Vesque genoss auch als Sänger – zumal seiner eigenen Lieder – unter seinen Zeitgenossen hohes Ansehen. Er war mit einer gut ausgebildeten Tenorstimme begabt und trat häufig im Rahmen seiner eigenen Hauskonzerte oder auch in anderen Zirkeln Wiens sowie bei Gelegenheit seiner zumeist beruflich bedingten zahlreichen Reisen in das In- und Ausland auf, wobei seinen brieflichen Berichten zu entnehmen ist, dass hierbei immer wieder der Vortrag speziell seiner Heine-Vertonungen von ihm verlangt wurde. Diese wusste er offensichtlich meisterhaft darzubieten. Hanslick schreibt hierzu in seinem „Musikalischen Skizzenbuch“ (1888):

„Der geistreiche, leicht pointierende, fast französisch angehauchte Ton, den Vesque in den Vortrag namentlich seiner humoristischen Lieder zu legen wusste, war ganz einzig.“

Das Hauptwerk Johann Vesque von Püttlingens stellt die 1851 erschienene „Heimkehr“ dar – der wohl umfangreichste Liederzyklus der Musikgeschichte -, bei der es sich um eine vollständige Vertonung der 88 Nummern umfassenden gleichnamigen Gedichtsammlung von Heinrich Heine handelt. Hector Berlioz bezeichnete diese Lieder als „Meisterstücke von Humor, Phantasie und Grazie“. Das Gesamtwerk von Püttlingens umfasst im wesentlichen ca. 300 Lieder (darunter 117 auf Texte von Heinrich Heine), darüber hinaus 9 Opern – die in Wien und zum Teil auch im europäischen Ausland nicht ohne Erfolg aufgeführt wurden -, 2 Messen (in D und in Es) nebst einigen weiteren kirchenmusikalischen Werken, diverse Männerchorsätze, 3 (leider verschollene) Streichquartette sowie Klavierstücke. Dabei stellen sich die Lieder eindeutig als der Schwerpunkt des Oeuvres dar, und muss man die besondere musikgeschichtliche Bedeutung Vesques gerade in seinen Heine-Vertonungen sehen. Wie wohl kein anderer vor und nach ihm hat Vesque die unterschwellige oder auch offene Ironie der Heine’schen Texte musikalisch nachzuzeichnen vermocht. Hier zeigt sich das ganz Besondere und Eigenständige der musikalischen Sprache von Püttlingens, fern von allem Epigonentum. Dabei ist das lyrische Element der literarischen Vorlage bei ihm in genau so guten Händen und insgesamt ergibt sich eine kongeniale Nachschöpfung oder vielleicht besser Neuschöpfung der unnachahmlichen und einmaligen Texte Heinrich Heines.

Literatur

  • E. Mandyczewski: Vesque von Püttlingen, Johann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 39, Duncker & Humblot, Leipzig 1895, S. 651.
  • Anonym: Johann Vesque von Püttlingen (Eine Lebensskizze). Wien 1887
  • Schultz: Johann Vesque von Püttlingen. Dissertation, Leipzig 1928
  • Sietz: Vesque von Püttlingen. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. 1. Auflage, Band 13, Seite 1566 f.
  • Finscher: Vesque von Püttlingen. In: Die Musik und Geschichte und Gegenwart. 2. Auflage, Band 16, Spalten 1520 bis 1523
  • Partsch: Johann Vesque von Püttlingen. In: Penzinger Museumsblätter. Heft 50, Wien 1987, Seite 1 ff.
  • Federhofer-Königs: R. Schumanns Wiener Weggefährte J. Vesque von Püttlingen. In: Neues musikwissenschaftliches Jahrbuch. 2000, Seite 111 ff.
  • Wiemer: Johann Vesque von Püttlingen. In: Neue Juristische Wochenschrift. 2004, Seite 573 ff.
  • Metzner: Heine in der Musik. Tutzing 1989, Band 4, S. 424 ff (Stichwort „Hoven“)
  • Notenausgaben: 3 Auswahlbände mit insgesamt 46 Liedern auf Texte von Heinrich Heine (Edition Walhall, Magdeburg)

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