Vespula vulgaris

Vespula vulgaris
Gemeine Wespe
Gemeine Wespe (Vespula vulgaris)

Gemeine Wespe (Vespula vulgaris)

Systematik
Klasse: Insekten (Insecta)
Unterordnung: Taillenwespen (Apocrita)
Familie: Faltenwespen (Vespidae)
Unterfamilie: Echte Wespen (Vespinae)
Gattung: Kurzkopfwespen (Vespula)
Art: Gemeine Wespe
Wissenschaftlicher Name
Vespula vulgaris
(Linnaeus, 1758)
Die Stirnplatte der Gemeinen Wespe
an Fallobst
Arbeiterinnen der Gemeinen Wespe bei der Erweiterung ihres unterirdischen Nestes

Die Gemeine Wespe (Vespula vulgaris) ist eine Wespenart aus der Gattung der Kurzkopfwespen (Vespula) und gehört damit zu den Echten Wespen (Vespinae). Die Gemeine Wespe ist neben der Deutschen Wespe (Vespula germanica) eine der häufigsten Wespenarten Mitteleuropas.


Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Die Königinnen der Gemeinen Wespe werden bis zu 20 Millimeter lang. Die Arbeiterinnen sind mit elf bis vierzehn Millimeter deutlich kleiner. Die Drohnen erreichen Körperlängen von dreizehn bis siebzehn Millimeter. Von der sehr ähnlichen Deutschen Wespe kann die Gemeine Wespe anhand der Zeichnung auf der Stirnplatte (Clypeus) unterschieden werden.

Während die Deutsche Wespe dort ein bis drei, linienförmig angeordnete schwarze Punkte oder einen kleinen geraden, oft etwas unterbrochenen schwarzen Strich aufweist, befindet sich auf der Stirnplatte der Gemeinen Wespe ein breiter schwarzer Strich, der sich nach unten hin verdickt. Die gelb-schwarze Hinterleibszeichnung ist sehr variabel und lässt daher keine sichere Artbestimmung zu.

Lebensweise

Ernährung

Die erwachsenen Tiere (Imagines) ernähren sich vorwiegend vegetarisch von Nektar und anderen zuckerhaltigen Pflanzensäften. Die Larven werden mit zu Brei zerkauten Insekten oder anderem tierischen Eiweiß gefüttert. Bei der Nahrungssuche finden sich die Gemeinen Wespen oft auf Kuchen oder anderen zuckerhaltigen Nahrungsmitteln des Menschen ein und lassen sich von dieser einmal für sich entdeckten Nahrungsquelle nur schwer wieder vertreiben.

Nestbau

Ab Mitte April können befruchtete Weibchen, die Königinnen, bei der Nest- und Nahrungssuche beobachtet werden. Als Nahrungsquelle dient in dieser Zeit beispielsweise der Nektar von Weidenblüten. Nach etwa zwei bis drei Wochen Nahrungsaufnahme und Nistplatzsuche baut die Gemeine Wespe ihr Nest aus zerkauten, eingespeichelten Holzfasern an dunklen, geschützten Orten.

Oft werden die Nester unterirdisch in Mäuse- oder Maulwurfbauten angelegt, die mit zunehmender Nestgröße erweitert werden. Aber auch Dachböden, Rollladenkästen oder andere dunkle Hohlräume an und in Gebäuden werden zum Nestbau genutzt. Das Anfangsnest besteht aus zehn bis zwanzig Brutwaben, die kopfüberhängend an die Höhlendecke geheftet und von einer kugelförmigen Nesthülle umgeben sind.

Staatsgründung

In die Brutwaben legt die Königin jeweils ein Ei, das sie kurz vor der Eiablage mit Spermien aus einer Samentasche befruchtet, in der sie einen Spermienvorrat aus dem letzten Herbst mit sich trägt. Die Brutpflege und der Nestbau erfolgen in dieser Phase durch die auf sich gestellte Königin. Die Larven werden von ihr mit einem Brei aus zerkauten Insekten gefüttert. Nach der Fütterung geben die Larven einen zuckerhaltigen Flüssigkeitstropfen ab, der wiederum zur Ernährung der Königin dient und für die Larven die einzige Möglichkeit darstellt, Flüssigkeit abzugeben. Erst kurz vor der Verpuppung geben die Larven Kot ab. So wird verhindert, dass es zu Fäulnis im Nest durch Verschmutzung mit Ausscheidungen kommt. Durch die von der Königin verströmten Pheromone entwickeln sich aus den Larven keine neuen befruchtungsfähigen Weibchen, sondern nur unfruchtbare Arbeiterinnen, an die die Königin den Weiterbau des Nestes und die Nahrungsbeschaffung übergibt. Die Königin widmet sich danach nur noch der Fortpflanzung. Die Arbeiterinnen legen in mehreren Ebenen Brutwaben an.

Wespenstaat

Ihre Anzahl und damit auch die Größe des Nestes nimmt rasch zu und wächst im Regelfall auf 3.000 bis 4.000 Individuen an. Sehr große Völker können auch bis zu 10.000 Individuen umfassen, in Extremfällen bis zu 50.000.

Der gesamte Staat ist arbeitsteilig organisiert, das bedeutet, dass die Individuen entweder mit dem Nestbau, der Zellensäuberung, der Larvenfütterung, der Versorgung der Königin oder der Nahrungsbeschaffung beschäftigt sind. Die Brutpflege ist so intensiv wie bei den Bienen. Anders als bei diesen gibt es bei den Wespen keinen Schwänzeltanz zur Kommunikation hinsichtlich der Entfernung und Richtung einer möglichen Futterquelle.

Auf grund einer verringerten Pheromonabgabe durch die Königin und die verbesserte Versorgung der Larven entwickeln sich aus diesen im Spätsommer oder Herbst fruchtbare Weibchen, die ihrerseits Eier legen. Aus diesen unbefruchteten Eiern entwickeln sich Männchen (Drohnen), die nach erfolgter Verpaarung absterben. Zur Vermeidung von Inzucht verlassen auch einige der Männchen das Nest und suchen nach fruchtbaren Weibchen aus anderen Völkern, um sich mit diesen zu verpaaren.

Untergang und Neuanfang

Die alte Königin stirbt meist im Spätherbst ab und ihr Wespenstaat löst sich anschließend auf. Bei Kälteeinbruch sterben auch die letzten heimatlos gewordenen Arbeiterinnen des alten Staates. Allein die begatteten Jungköniginnen suchen sich ein geschütztes Versteck. In geeignetem Mikroklima wie beispielsweise morschem Holz, in Hohlräumen, unter Rinden oder Moos überstehen sie dann den Winter schlafend in einer Winterstarre, die Diapause genannt wird. Im nächsten Frühjahr begründet die Jungkönigin dann einen neuen Staat, indem sie dann wieder mit dem Nestbau an geeigneter Stelle beginnt.

Angriff und Verteidigung

Zur Überwältigung und Lähmung einer möglichen Insektenbeute oder zur Abwehr eines Störenfriedes oder Angreifers benutzen die Wespen ihren Stachel, der anders als bei den Bienen über keine Widerhaken verfügt. Deshalb können sie beliebig oft zustechen und dabei ihr Gift einspritzen. Der Stichreflex ist selbst bei zerteilten oder gerade verendeten Tieren noch vorhanden.

Siehe auch: Insektenstich

Schadwirkung

Hinsichtlich des Menschen

Gemeinsam mit der Deutschen Wespe, die die Vorliebe für Speisen und Getränke des Menschen teilt, hat die Gemeine Wespe für den im Allgemeinen schlechten Ruf der Wespen gesorgt. Die Gemeine Wespe gilt als Lästling. Hinzu kommt, dass die beiden Arten neben ihrer Hartnäckigkeit auch sehr aggressiv und unberechenbar sind, wenn man sich beispielsweise unbeabsichtigt ihrem Nest nähert oder sie sich durch heftige Bewegungen bedroht fühlen. Bei ihrem Stich werden Alarmpheromone freigesetzt, die wiederum weitere Tiere anlocken und zum Stich animieren. Das Gift führt bei einigen Menschen zu einer allergischen Reaktion.

Hinsichtlich eines ökologischen Gleichgewichts

Seit den frühen achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden in Neuseeland unbeabsichtigt nacheinander zuerst die Deutsche Wespe und später die Gemeine Wespe eingeschleppt. Auf Grund der dort nicht vorhandenen natürlichen Feinde und eines zumindest in einigen Regionen ganzjährig milden Klimas haben sich beide Wespenarten in ihrer neuen Heimat rasant vermehrt. Dabei hat die Gemeine Wespe nunmehr die vor ihr eingeschleppte Deutsche Wespe nahezu vollständig verdrängt. Die Gemeine Wespe bildet in Neuseeland Kolonien von über 100.000 Tieren und greift außerdem in besonders aggressiv räuberischer Art alle anderen Insekten an, die sie in den Kronen der Bäume oder auf dem Waldboden überwältigen kann. Damit ist sie dort zu einer erheblichen Gefahr für das empfindliche ökologische Gleichgewicht geworden. Wenn keine wirksamen Methoden zu ihrer dauerhaften Eindämmung oder Eliminierung gefunden werden sollten, droht dieses Gleichgewicht von ihr unwiderruflich zerstört zu werden.

Literatur

  • Rolf Witt: Wespen beobachten, bestimmen. Naturbuch / Weltbild, Augsburg 1998, ISBN 3-89440-243-1
  • Heiko Bellmann: Bienen, Wespen, Ameisen. Hautflügler Mitteleuropas. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1995, ISBN 3-440-06932-X
  • Jirí Zahradnik: Bienen, Wespen, Ameisen. Die Hautflügler Mitteleuropas. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1985, ISBN 3-440-05445-4

Weblinks


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