- Vexillatio
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Eine Vexillation (lateinisch vexillatio) war eine Heeresabteilung der römischen Armee. Der Name leitet sich vom lateinischen Begriff vexillum (Fahne, Standarte oder Feldzeichen, vergleichbar mit jenen, die heute noch bei kirchlichen Umzügen verwendet werden) ab.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung
Vexillationen wurden seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. aus Soldaten einer oder mehrerer Legionen, oder auch aus Auxiliareinheiten für einen bestimmten Zweck und auf unbestimmte Zeit aufgestellt.
Aber auch in Friedenszeiten kam es oft vor, dass ständig ein größerer Teil einer Einheit abwesend war um diversen Arbeiten nachzugehen, gut erhaltene Papyrus-Dokumente aus einem ägyptischen Lager bestätigen dies. Römische Militäreinheiten erledigten auch viele im heutigen Sinne „zivile“ Aufgaben wie z. B. den Straßenbau. Der Begriff vexillatio ist dabei sehr flexibel und geht inhaltlich wohl nicht über die Bedeutung „Abordnung“ hinaus; so ist aus Mainz etwa eine Altarinschrift bekannt, in dem Soldaten der Legio XXII Primigenia, die zum Holzfällen ausgeschickt wurden, als vexillatio bezeichnet werden. Erst am Ende der frühen Kaiserzeit scheinen die Vexillationen als reine Verstärkung abkommandiert worden zu sein.
Unter Kaiser Mark Aurel rückten die Legionen noch mit voller Mannschaftstärke ins Feld aus, auch später noch gelegentlich, ab Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. kam es aber nur mehr sehr selten vor, dass eine vollständige Legion ihr Lager verließ, um an auswärtigen Kämpfen teilzunehmen. Schon während der Markomannenkriege (168–180 n. Chr.) wurden viele Legionen nicht mehr komplett eingesetzt, wohl aber von ihnen abkommandierte Vexillationen. Die Legionen wurden zunehmend zu einer Art ortsgebundener Personalreserve, die nur mehr einzelne Abteilungen ausschickte, um diverse Felddienste, Garnisonsangelegenheiten, die Grenzverteidigung oder Polizeiaufgaben in den Provinzen zu erledigen.
Die traditionelle Zweiteilung des Heeres in Legionen und Auxilien war mit der Verleihung des Bürgerrechts an alle Reichsbewohner durch Kaiser Caracalla im Jahr 212 bedeutungslos geworden. Statt dessen war nun neben den an den Grenzen aufgereihten Truppen eine schlagkräftige Eingreifreserve zu schaffen. Die taktische Situation, der das Römische Reich aber im späten 2. und Anfang des 3. Jahrhunderts n. Chr. gegenüberstand, erforderte den Einsatz der Vexillationen, da es wesentlich leichter war, Operationen mit kleineren und schnelleren Einheiten durchzuführen als mit kompletten Legionen. Man benötigte ein flexibles Marsch- oder Feldheer, mit dem man ins Reich eingedrungene Gegner bekämpfen und sie bis tief ins Feindesland verfolgen konnte, ohne dabei den Limes abschnittsweise völlig von Truppen entblößen zu müssen. Auch wegen der geringeren Probleme mit dem Nachschub und der Unterkunft der Soldaten brachte diese Vorgangsweise Vorteile.
Bemannt mit einer der Bedrohung angemessenen Zahl von Soldaten, konnten Vexillationen durchaus mit größeren Armeen fertig werden, kleinere feindliche Kampfgruppen konnten noch wirksamer bekämpft werden. Vexillationen wurden auch zur vorübergehenden Verstärkung von Garnisonen eingesetzt, die wichtige Straßenknotenpunkte, Flussübergänge oder Gebirgspässe sicherten. Dies war eine sinnvolle Weiterentwicklung der Praktiken der etablierten klassischen Legionen. Die Legion war in erster Linie eine administrative Organisation, für taktische Aufgaben war sie einfach zu groß. Ihre Kohorten und Zenturien waren auch immer schon die eigentlichen taktischen Truppenkörper gewesen.
Ab etwa 220 n. Chr. blieben erste temporär abkommandierte Vexillationen als feststationierte Truppen in den Provinzen zurück. Unter Kaiser Gallienus wurde das erste größere mobile Feldheer geschaffen, und dieser unter den Kaisern Diokletian und Konstantin ausgebaut, beziehungsweise mehrere solche Feldheere geschaffen. Die Legionen mit ihren alten Truppenstärken verschwanden bzw. änderten ihre traditionellen Namen, einzelne Vexillationen wurden nun ebenfalls als Legionen geführt. Wenn Vexillationen dort blieben, wohin sie abkommandiert wurden, bilden sich im Zuge der spätantiken Militärreformen neue comitatensische Legionen, was wiederum einen Hinweis auf die Größe der betreffenden Abordnungen gibt. Die alten Legionen verschwanden aber nicht gänzlich. Sie wurden nur umstrukturiert, vermutlich wurden Ausfälle, entstanden durch Verluste oder Entlassungen, nicht mehr aufgefüllt. Durch die Frankeneinfälle und die Auseinandersetzungen mit dem Sassanidenreich wurde die geringere Größenordnung wohl rasch erreicht. Aus den Quellen verschwundene Legionen sind vermutlich vernichtet, zusammengelegt oder aufgelöst worden, wobei Letzteres aufgrund des bestehenden ständigen Bedarfes von Truppen wohl sehr unwahrscheinlich ist.
Ab wann genau die Legionen verkleinert wurden, ist nicht belegt. Der spätantike römische Kriegstheoretiker Vegetius schreibt, dass es unter Diokletian noch Legionen in der Stärke von 6000 Mann gab. Die Forschung geht jedoch davon aus, dass im 4. Jahrhundert eine Legion in einer Feldarmee 1000 bis 1200 Mann stark war. Zwischen dem 3. und 6. Jahrhundert n. Chr. wurde die traditionelle Legion der schweren Infanterie aber immer mehr ausgedünnt und durch Einheiten mit unterschiedlichsten Waffen, Nationalitäten, dominiert durch die Kavallerie und unterstützt von speziell ausgebildeten Speerwerfern, den Lanciarii, ersetzt.
Zusammensetzung, Truppenstärke und Offiziere
Vexillationen waren standardmässig aus ein bis zwei Kohorten zusammengesetzt. Dadurch behielten sie ihre centuriale Organisation bei und kämpften auch als solche im Feld. Ihr angeschlossen war auch ein eigener administrativer und logistischer Stab. Manche Detachments waren
- 500 Mann (eine Kohorte = quinquenaria) oder
- 1000 Mann (zwei Kohorten = milliaria) stark.
Ab dem 4. Jahrhundert n. Chr. versteht man unter einer Vexillation auch Kavallerieabteilungen einer Legion. Kavallerievexillationen dürften eine Sollstärke von rund 600 Reitern gehabt haben.
Kleinere Vexillationen wurden von Zenturionen größere in Armeestärke von Offizieren aus dem Senatsstand (Legatus legionis) befehligt. Seit Septimius Severus trugen solche Offiziere den Titel praepositus oder dux. Am kaiserlichen Hof rangierte der praepositus als vir perfectissimus. Im 3. und 4. Jahrhundert änderte sich auch die traditionelle Rangstruktur der Armee. Die Kommandeure bekamen Titel, die anscheinend nicht immer einem festen Muster entsprachen. Der Rang eines Präpositus bezeichnete ursprünglich einen Offizier, der nur vorübergehend das Kommando über eine andere Einheit hatte, nun wurde er zu einer dauerhaften Einrichtung. Auch viele Präfekten und Tribunen begegnen uns in den Quellen, häufig nur mehr als Kommandeure einer Einheit in Kohortenstärke, doch alle drei Titel umfassten einen weiten Bereich von Aufgaben und Befugnissen. Einige Präfekten und Tribunen wurden in der Spätantike ebenfalls als Präpositi bezeichnet.
Einsatzdauer
Im frühen 3. Jahrhundert war es üblich, dass der Garnisonsdienst für eine Vexillation in einem Außenposten durchschnittlich drei Jahre dauerte, der Dienst im Feld konnte jedoch viel länger sein. Manche der Einheiten, die beispielsweise am parthischen Krieg (216–218 n. Chr.) teilnahmen, marschierten im Jahr 214 in den Osten und kehrten erst zwischen 219 und 222 n. Chr. wieder nach Hause zurück.
In den endemischen Bürgerkriegen des späten 3. Jahrhunderts waren einzelne Vexillationen so lange im Einsatz, dass sie praktisch unabhängig wurden und sich als eine Art Legion im Kleinen organisierten. Die Ziffern und Bezeichnungen ihrer Stammlegionen wurden dafür einfach beibehalten. Als gutes Beispiel hierfür dient die Legio III Italica; im 4. Jahrhundert war sie in der Provinz Raetia in nicht weniger als fünf Grenzeinheiten zersplittert, eine sechste diente sogar als Eliteinheit in der illyrischen Feldarmee.
Literatur
- M. Mayer: Vexillum und Vexillarius. Freiburg 1910.
- Simon MacDowall: Late Roman Infantryman, 236-565 AD. Weapons, Armour, Tactics. Osprey Books (Warrior 9), 1994, ISBN 978-1-85532-419-0
- Ross Cowan: Imperial Roman Legionary AD 161–284 (Warrior 72) Paperback; Dezember 2003; 64 Seiten; ISBN 978-1-84176-601-0,
- Robert Grosse: Römische Militärgeschichte von Gallienus bis zum Beginn der byzantinischen Themenverfassung, Ayer Publishing, 1975, ISBN 0405070837, Seite 7
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