Caracalla

Caracalla
Caracalla
Puschkin-Museum

Caracalla (* 4. April 188 in Lugdunum, dem heutigen Lyon; † 8. April 217 in Mesopotamien) war von 211 bis zu seinem Tod römischer Kaiser. Sein offizieller Kaisername war Marcus Aurelius Severus Antoninus. Caracalla (richtiger wäre eigentlich Caracallus) war ein Spitzname, den er ab 213 nach einem langen keltischen Kapuzenmantel erhielt, den er gerne trug.

Caracalla war der Nachfolger seines Vaters Septimius Severus, des Begründers der severischen Dynastie. Er kümmerte sich vor allem um militärische Belange; für Politik und Verwaltung hatte er keine Begabung und wenig Interesse. Mit dem Mord an seinem jüngeren Bruder und Mitregenten Geta und einem großen Massaker an dessen Anhängern schuf sich Caracalla zahlreiche Feinde. Wegen der Brutalität seines Vorgehens gegen jede tatsächliche oder vermeintliche Opposition wurde er von der zeitgenössischen senatorischen Geschichtsschreibung und in der Folge auch von der Nachwelt sehr negativ beurteilt. Erst in jüngster Zeit bemühen sich Historiker um eine ausgewogenere Bewertung des princeps.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit

Plautilla

Caracalla wurde am 4. April 188 im heutigen Lyon geboren, dem Verwaltungssitz der Provinz Gallia Lugdunensis, deren Statthalter sein Vater damals war. Er erhielt den Namen Septimius Bassianus. Er war der erste Sohn seines Vaters und entstammte dessen zweiter Ehe mit der aus Emesa (Homs) in Syrien stammenden Aristokratin Julia Domna. Nur elf Monate später wurde sein Bruder Geta geboren. Caracalla hieß Bassianus nach seinem Großvater mütterlicherseits, der in Emesa Priester des Sonnengottes Elagabal war.

Als Kind soll sich Caracalla durch angenehme Eigenschaften ausgezeichnet haben. Er war fünf Jahre alt, als sein Vater am 9. April 193 von den Donaulegionen zum Kaiser ausgerufen wurde. Entweder schon Mitte 195 oder spätestens 196 wurde ihm der Titel Caesar verliehen.[1] Da Septimius Severus sich zum Zweck der Legitimierung seiner Herrschaft als Adoptivsohn des Kaisers Mark Aurel bezeichnete, erhielt Caracalla als dessen fiktiver Enkel nun den neuen Namen Marcus Aurelius Antoninus. 197 begleitete Caracalla zusammen mit seinem Bruder Geta den Vater auf dessen zweitem Feldzug gegen die Parther. 197 oder spätestens 198 wurde er zum Augustus erhoben; er erhielt alle kaiserlichen Vollmachten und wurde damit endgültig als Nachfolger seines Vaters designiert; gleichzeitig erhielt Geta den Caesartitel. Die Kaiserfamilie blieb noch einige Zeit im Orient und kehrte erst 202 nach Rom zurück.

Heirat und Konflikte der Jugendzeit

Im April 202 wurde Caracalla, mit 14 Jahren nunmehr mündig, von seinem Vater mit Publia Fulvia Plautilla verheiratet, die den Titel Augusta erhielt. Sie war die Tochter des Prätorianerpräfekten Gaius Fulvius Plautianus. Plautianus stammte aus Leptis Magna in Libyen, der Heimatstadt des Septimius Severus. Er hatte eine außerordentliche Machtstellung errungen, die er durch diese Verschwägerung mit dem Kaiserhaus absichern wollte. Dies brachte ihn aber mit der Kaiserin in Konflikt, und Caracalla, der Plautianus als Rivalen um die Macht sah, hasste seine Frau und seinen Schwiegervater und wollte beide so bald als möglich beseitigen. Mit einer Intrige führte er 205 offenbar den Sturz des Plautianus herbei und ließ ihn in Anwesenheit des Kaisers töten. Plautilla wurde auf die Insel Lipari verbannt. Nach seinem Regierungsantritt ließ Caracalla sie ebenfalls umbringen.

Schon in früher Jugend war es zu einer ausgeprägten Rivalität der beiden Brüder Caracalla und Geta gekommen, die sich im weiteren Verlauf ihres Lebens beständig verschärfte und in tödlichen Hass verwandelte. Vergeblich bemühte sich Septimius Severus, die Feindschaft zwischen seinen Söhnen zu mildern und gegenüber der Öffentlichkeit zu vertuschen, etwa durch die Prägung von Münzen der Concordia (Eintracht), das gemeinsame Consulat Caracallas und Getas im Jahre 208 und die Fernhaltung der Söhne von Rom. Letzterem Zweck diente laut Auskunft der Quellen auch die Teilnahme beider Söhne am Britannienfeldzug des Kaisers 208–211, die zudem militärischen Ruhm erwerben sollten. Ende 209 erhielt Geta die Würde eines Augustus, wurde also rangmäßig seinem Bruder gleichgestellt. Septimius Severus war damals bereits bei schlechter Gesundheit. Es wird sogar behauptet, dass Caracalla versuchte, den Tod seines Vaters zu beschleunigen; ob diese Berichte glaubwürdig sind, ist nicht zu entscheiden. Der Kaiser starb am 4. Februar 211.

Machtkampf mit Geta im Jahre 211

Geta

Wie von Septimius Severus vorgesehen, traten seine beiden Söhne gemeinsam die Herrschaft an, wobei Caracalla als der ältere von Anfang an das entscheidende Wort haben sollte. Doch anders als 50 Jahre zuvor, als Marcus Aurelius und Lucius Verus gemeinsam Kaiser gewesen waren, Verus aber seine Stellung seinem Kollegen verdankte und ihm deshalb klar untergeordnet war, fehlte es diesmal an einer eindeutigen Rangordnung, da Geta kaum ein Jahr jünger war und bereits beim Tod des Vaters als Augustus genau die gleichen Vollmachten besaß wie sein Bruder. Ein Doppelkaisertum gleichberechtigter Herrscher war im römischen System aber nicht vorgesehen und hätte nur durch eine Reichsteilung umgesetzt werden können. Laut Herodian wurde auch tatsächlich erwogen, das Imperium Romanum zu teilen und Geta den Osten zuzuweisen, doch sei dieser Plan verworfen worden. Caracalla musste unter diesen Umständen fürchten, dass sich Unzufriedene um seinen Bruder scharen könnten. Da Geta bei den Soldaten populär war, wagte Caracalla vorerst nicht, offen gegen ihn vorzugehen. Die Brüder verzichteten auf eine Fortsetzung des Feldzugs und kehrten nach Rom zurück. Dort schützten sich beide durch sorgfältige Bewachung voreinander. Die Stadtbevölkerung, der Senat, die Prätorianer und die in der Hauptstadt und ihrer Umgebung stationierten Truppen waren gespalten oder unschlüssig, so dass ein Bürgerkrieg bevorzustehen schien. Besonders bei der Legio II Parthica war Geta beliebt.

Angesichts dieser schier ausweglosen Lage entschloss sich Caracalla als erster zum Handeln. Im Dezember 211 (vielleicht auch erst Anfang 212) gelang es ihm, den Bruder in einen Hinterhalt zu locken. Er veranlasste offenbar die Mutter der beiden, Julia Domna, ihre Söhne zu einem Versöhnungsgespräch einzuladen. Leichtsinnigerweise meinte Geta, in Anwesenheit der Mutter vor seinem Bruder sicher zu sein. Caracalla aber hatte bewaffnete Männer bei sich und ließ Geta in den Armen der Mutter töten, wobei auch sie verletzt wurde. Wahrscheinlich schlug Caracalla auch selbst zu, jedenfalls ließ er später das Schwert, mit dem er Geta getötet habe, in einem Tempel als Weihgabe ausstellen. Die Tat war ein unerhörter Tabubruch, von dem sich Caracallas Ansehen niemals erholen sollte. Anschließend wurde über Geta die damnatio memoriae verhängt und die Tilgung seines Namens in allen öffentlichen Denkmälern und Schriftstücken mit größter Gründlichkeit betrieben; sogar seine Münzen wurden eingeschmolzen. Caracalla ließ sogleich zahlreiche Menschen (angeblich etwa 20.000 Männer und Frauen) töten, die als Anhänger Getas galten, und auch später noch viele, die beschuldigt wurden, Sympathien für den unterlegenen Rivalen gehegt zu haben oder ihm nachzutrauern. Der nunmehrige Alleinherrscher versuchte, den Brudermord öffentlich zu rechtfertigen, indem er angab, nur einem Anschlag Getas zuvorgekommen zu sein. Es ist nicht auszuschließen, dass Caracalla tatsächlich dieser Ansicht war.

Innenpolitik

Caracalla ist durch zwei Maßnahmen hervorgetreten, mit denen sein Name für die Nachwelt bis heute verbunden ist, nämlich dem Bau der Caracalla-Thermen in Rom (eine Gesamtanlage von 337 mal 328 Metern) und der Constitutio Antoniniana von 212. Der Bau der Thermen diente vor allem dem Zweck, sich bei der Bevölkerung beliebt zu machen, was Caracalla auch gelang. Die Constitutio Antoniniana war eine Verfügung, die allen freien Bewohnern des Reiches das römische Bürgerrecht verlieh, wobei nur hinsichtlich der dediticii ein Vorbehalt gemacht wurde. Zweck und Tragweite dieses Schritts sind bis heute nicht befriedigend geklärt, ebenso wie auch die Abgrenzung des mit dediticii gemeinten Personenkreises. Als dediticii bezeichnete man ursprünglich Angehörige von Völkern oder Staaten, die sich den Römern bedingungslos unterworfen hatten, entweder im Krieg im Sinne einer Kapitulation oder im Frieden, um römischen Schutz zu erhalten. Juristisch bedeutete die Constitutio Antoniniana nicht, wie man früher glaubte, die Aufhebung örtlicher Rechtsgewohnheiten und ihre Ersetzung durch römisches Privatrecht; örtliches Recht wurde weiterhin angewendet, soweit es dem römischen nicht widersprach.

Offiziell scheint Caracalla die Constitutio damit begründet zu haben, dass man den Göttern Dank für seine Rettung aus höchster Gefahr (gemeint war offenbar das angebliche Komplott Getas) schulde, weshalb es möglichst viele römische Bürger geben müsse, die den Unsterblichen Dankopfer darbringen sollten. In oppositionellen Kreisen – greifbar bei Cassius Dio – war man dagegen der Meinung, die Ausdehnung des Bürgerrechts habe vor allem den Zweck gehabt, die Betroffenen verschiedenen Steuern zu unterwerfen, die nur von römischen Bürgern zu entrichten waren. Dazu gehörten die Steuer auf die Freilassung von Sklaven und die Erbschaftssteuer, die Caracalla im selben Atemzug verdoppelte. Die Erbschaftssteuer wurde nun auch den bisher nicht steuerpflichtigen Familienangehörigen auferlegt. Die Erhöhung der Steuereinnahmen war aber nur eines der Motive Caracallas. Außerdem wollte er die Neubürger wohl als ihm persönlich ergebene Anhängerschaft gewinnen, um auf diese Art die Feindschaft der traditionellen Elite, bei der er spätestens seit dem Mord an Geta verhasst war, zu kompensieren und so seine Machtbasis zu stärken. Zahlreiche Neubürger nahmen den Namen des Kaisers (Aurelius) an, der dadurch außerordentlich häufig wurde.

Gegen Individuen und Gruppen, die seinen Zorn oder Verdacht erregten, ging Caracalla mit großer Härte vor, da es ihm nicht gelang, seiner Herrschaft Legitimität zu verleihen. Ein Merkmal seines Terrors war, dass er nicht nur gezielt Verdächtige hinrichten ließ, sondern auch zum Zweck der Einschüchterung scheinbar wahllos zuschlug. Aufsehen erregte das Massaker von Alexandria in Ägypten. Dort richtete Caracalla ein großes Blutbad unter der Bevölkerung an, weil die für ihre Spottlust bekannten Alexandriner sich auch über ihn lustig gemacht hatten. Dem angeblich tagelangen Gemetzel in Alexandria fielen auch auswärtige Besucher zum Opfer, die sich zufällig in der Stadt aufhielten. Außerdem wurde Alexandria von Caracallas Soldaten geplündert.

Bei den Legionen, deren Sold nochmals erhöht wurde, scheint Caracalla insgesamt beliebt gewesen zu sein, und zumindest teilweise auch bei der plebs urbana – beide sollten nach seinem Tod vehement seinen vermeintlichen Sohn Elagabal unterstützen. Zerrüttet war und blieb allerdings sein Verhältnis zur Oberschicht (Nobilität). Zu den prominenten Opfern des Terrors gehörten auch Nachkommen des allseits verehrten Kaisers Mark Aurel, nämlich seine Tochter Cornificia und ein Enkel. Auch der berühmte Jurist Papinian und der Kaisersohn Pertinax Caesar wurden hingerichtet. Es wurde üblich, persönliche Gegner mit erfundenen Behauptungen in anonymen Anzeigen aus dem Weg zu räumen.

Eine aufschlussreiche Episode war Caracallas im Frühjahr 212 unternommener Versuch, den populären Senator und ehemaligen Stadtpräfekten Lucius Fabius Cilo umzubringen. Den Anlass dazu bot wohl, dass Cilo versucht hatte, zwischen Caracalla und Geta zu vermitteln. Caracalla erteilte Soldaten – offenbar handelte es sich um Prätorianer – den Befehl, gegen den Senator vorzugehen. Sie plünderten das Haus Cilos und führten ihn unter Misshandlungen zum Kaiserpalast. Darauf kam es zu einem Aufruhr; die Bevölkerung und in der Stadt stationierte Soldaten (urbaniciani), die früher unter Cilos Befehl gestanden hatten, griffen zugunsten des Verhafteten ein, um ihn zu befreien. Caracalla schätzte die Lage als so gefährlich ein, dass er aus dem Palast herbeieilte und vorgab, Cilo beschützen zu wollen. Er ließ die Prätorianer, die mit der Festnahme beauftragt gewesen waren, und ihren Befehlshaber hinrichten, angeblich zur Strafe für ihr Vorgehen gegen Cilo, in Wirklichkeit jedoch, weil sie bei der Durchführung des Befehls versagt hatten. Der Vorgang zeigt eine zumindest zeitweilige Schwäche des Kaisers, der vor dem Widerstand von Teilen der Stadtbevölkerung und der städtischen Soldaten, den Stützen seiner Herrschaft, zurückweichen musste.[2]

Da Caracalla sich durch seinen Terror unzählige Feinde schuf, besonders in der Oberschicht, war er zur Erhaltung seiner Macht ganz auf das Heer angewiesen und für seine persönliche Sicherheit auf seine skythischen und germanischen Leibwächter. Die Unterstützung der Soldaten gewann er, indem er ihren Sold stark erhöhte und sie mit häufigen üppigen Sonderzuwendungen (Donativen) beschenkte. Diese Steigerung der militärischen Personalkosten war jedoch finanzpolitisch verhängnisvoll. Die Bevorzugung des Militärs war nur auf Kosten des wirtschaftlich produktiven Teils der Bevölkerung und der Geldwertstabilität möglich und erzeugte bei den so verwöhnten Soldaten maßlose Erwartungen. Spätere Herrscher konnten diese Entwicklung nicht mehr umkehren, ohne ihren sofortigen Sturz zu riskieren. Somit stellte Caracalla die Weichen für das künftige Soldatenkaisertum und die Wirtschaftskrisen des dritten Jahrhunderts (siehe Reichskrise des 3. Jahrhunderts). Man sollte allerdings beachten, dass die Maßnahmen des Kaisers die strukturellen Probleme nicht schufen, sondern nur verschärften.

Caracalla führte eine Münzreform durch; er schuf eine neue Silbermünze, deren spätere Bezeichnung nach dem Namen des Kaisers (Antoninus) Antoninian ist. Der Antoninian entsprach zwei Denaren, sein Gewicht jedoch nur etwa dem von anderthalb Denaren. Faktisch handelte es sich also um eine Geldverschlechterung. Ob diese Maßnahme zu einer galoppierenden Inflation führte, wie die Forschung lange annahm, ist inzwischen umstritten, da die Papyrologie keine Hinweise auf signifikante Preissteigerung zu dieser Zeit finden kann.

Kriege

Caracalla

Wie viele Kaiser vor und nach ihm bemühte sich Caracalla darum, seine nach dem Mord an Geta erschütterte Position im Inneren durch militärische Erfolge zu stabilisieren. Im Sommer 213 unternahm er einen Feldzug gegen die Germanen. Bei diesen soll es sich um Alamannen gehandelt haben, doch ist die Glaubwürdigkeit dieser Angabe inzwischen umstritten und wird heute oft verneint; es wäre die erste namentliche Bezeugung der Alamannen.[3] Zunächst errang der Kaiser einen Sieg am Main, aber die anschließenden Kämpfe verliefen für ihn angeblich so ungünstig, dass er sich zu Zahlungen an die Germanen gezwungen sah, um Frieden zu erkaufen. Immerhin gelang es ihm aber, die Lage an der Grenze für zwei Jahrzehnte zu stabilisieren; seine Operationen können also nicht ganz erfolglos gewesen sein.

Im Frühjahr 214 begab sich Caracalla dann in den Osten des Reichs, von wo er nicht mehr zurückkehren sollte. Hatte er sich schon früher auch in Äußerlichkeiten in die Nachfolge Alexanders des Großen gestellt, so erreichte die Alexander-Nachahmung in seinen letzten Lebensjahren ihren Höhepunkt.[4] Angeblich soll er in einem Schreiben an den Senat sogar behauptet haben, die Reinkarnation des Makedonenkönigs zu sein (Cass. Dio 78,7,2). 216 begann er den Krieg gegen die iranischen Parther, angeblich nachdem deren König Artabanos IV. seinen Wunsch abgelehnt hatte, ihm seine Tochter zur Frau zu geben, um so beide Reiche zu vereinen. Auch dieser Heiratsplan gehörte wohl zur Anknüpfung an das Vorbild Alexanders des Großen und an dessen Weltherrschaftsidee. Mit dieser Programmatik verdeutlichte Caracalla, dass er zunächst eine Integration, später dann eine Vernichtung des Partherreichs anstrebte. Dabei begünstigte ihn der Umstand, dass bei den Parthern damals gerade ein Bürgerkrieg zwischen den Brüdern Artabanos IV. und Vologaeses VI. herrschte, in welchem allerdings Caracallas Gegner Artabanos deutlich die Oberhand hatte. Die römischen Truppen rückten kampflos bis nach Arbela (heute Arbil im Nordirak) vor. Dort plünderten sie die Gräber der Könige von Adiabene (nicht der Könige des Partherreichs), was den Widerstandswillen der Feinde anstachelte. Nach diesem leicht erzielten "Erfolg" zog sich Caracalla nach Edessa zurück, wo er den Winter verbrachte, während Artabanos den parthischen Gegenangriff vorbereitete, der dann aber erst Caracallas Nachfolger Macrinus mit voller Wucht traf.

Tod

Bevor es zu Kämpfen mit den Parthern kam, fiel Caracalla selbst dem Klima des Terrors, das er geschaffen hatte, zum Opfer. Zu den Personen nichtsenatorischer Herkunft, die er in Schlüsselstellungen gebracht hatte, gehörte der Prätorianerpräfekt Macrinus. Damals kursierten angeblich Gerüchte über Prophezeiungen, die Macrinus die Kaiserwürde verhießen. Das war wohl eine Intrige, bedeutete aber jedenfalls für den Präfekten akute Lebensgefahr. Daher organisierte er mit einigen Unzufriedenen die Ermordung Caracallas. Der Mordanschlag wurde von dem Leibwächter Julius Martialis am 8. April 217 ausgeführt, als der Kaiser sich auf dem Weg von Edessa zum Mondheiligtum von Carrhae befand und sich von seiner Leibwache entfernt hatte, um zu urinieren. Damit starb die männliche Nachkommenschaft des Dynastiegründers Septimius Severus aus. Da Caracalla im Heer sehr beliebt war, musste Macrinus seine Beteiligung an dem Mord verheimlichen. Erst nach tagelangem Zögern ließen sich die Soldaten überreden, Macrinus am 11. April zum Kaiser auszurufen, da Caracalla keine Nachfolgeregelung getroffen hatte und die Armee einen Anführer brauchte.

Urteile von Zeitgenossen

Die Beliebtheit Caracallas im Heer hielt noch lange nach seinem Tod an. Er wurde sehr bald im Rahmen des Kaiserkults zum Gott erhoben. Die Nachfolger des Macrinus, die Kaiser Elagabal und Severus Alexander, wurden als uneheliche Söhne Caracallas ausgegeben, was ihnen die Sympathie der Soldaten verschaffte und so den Weg zur Macht ebnete. Dass diese Maßnahme Erfolg hatte, ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass Caracalla in bestimmten Kreisen durchaus große Popularität genoss – nicht allerdings bei den senatorischen Verfassern unserer Quellen.

Denn im Senat war Caracalla verhasst, daher wurde sein Tod dort bejubelt. Die extrem caracallafeindliche Stimmung in der politischen Führungsschicht spiegelt sich in unseren Hauptquellen, den Darstellungen der zeitgenössischen Geschichtsschreiber Cassius Dio und Herodian, ebenso wie auch in der weit später entstandenen und als Quelle weniger wertvollen Historia Augusta, die stark von Cassius Dio abhängt. Trotz seiner sehr parteiischen Haltung ist Cassius Dio, der aus der Perspektive eines Senators schreibt, wohl dennoch die zuverlässigste erhaltene Quelle. Er hielt Caracalla jedoch für geisteskrank, und diese nicht überprüfbare Einschätzung hat bis in die Gegenwart vielfach unkritisch Zustimmung gefunden. Schlagworte wie Cäsarenwahnsinn tragen allerdings nicht zur Erhellung der historischen Realität bei. Aufgrund der Quellenlage ist es jedoch sehr schwierig, zu einem ausgewogenen Urteil über den Kaiser zu gelangen.

Caracalla-Legenden

Schon zu Caracallas Lebzeiten kursierten anscheinend Gerüchte über eine sexuelle Beziehung Caracallas zu seiner Mutter Julia Domna nach dem Tod seines Vaters. Dabei handelte es sich um eine Verleumdung, die der Chronograph von 354 wie eine Tatsache mitteilt und die sich im Lauf der Zeit zu einer Legende auswuchs. In Wirklichkeit war das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn nach dem Mord an Geta schlecht, obwohl sie offiziell geehrt wurde. Inzest war ein Topos der Tyrannendarstellung und wurde schon Nero unterstellt.

Quellen des 4. Jahrhunderts und der Folgezeit, darunter die Historia Augusta, Aurelius Victor, Eutropius und die Epitome de Caesaribus machen aus Julia Domna die Stiefmutter Caracallas und behaupten, er habe sie geheiratet. Diese phantastische Darstellung findet sich auch bei christlichen Autoren der patristischen Zeit (Orosius, Hieronymus) und prägte im Mittelalter das Bild Caracallas als eines hemmungslosen Unholds. Der tatsächlich verübte Brudermord an Geta hingegen geriet in Vergessenheit.

Eine andere Legende überliefert Geoffrey von Monmouth, der im 12. Jahrhundert die Historia regum Britanniae verfasste, ein Geschichtswerk, dem eine sehr starke Nachwirkung beschieden war. Nach Geoffreys Darstellung waren Geta und Caracalla, den er Bassianus nennt, nur Halbbrüder; Geta stammte von einer römischen Mutter, Caracalla von einer britischen. Caracalla wurde von den Briten, da er mütterlicherseits zu ihnen gehörte, zum König gewählt, Geta von den Römern. Es kam zur Schlacht, in der Caracalla siegte und Geta fiel. Später wurde Caracalla von Carausius besiegt und getötet. (In Wirklichkeit war Carausius ein römischer Offizier, der sich 286 zum Kaiser ausrufen ließ und ein kurzlebiges Sonderreich in Britannien und nördlichen Küstengebieten Galliens begründete.)

Aussehen

Nach den Schriftquellen war Caracalla von kleiner, aber kräftiger Statur. Er hatte schwarzes Haar, das in späteren Regierungsjahren spärlicher wurde, und trug einen Bart. Herodian schreibt über Kaiser Caracalla, dass er oft auch die Kleidung der Germanen trug und eine Perücke aus blondem Haar aufzusetzen pflegte, die sorgfältig nach germanischem Schnitt angefertigt worden war.[5]

Eine Vorstellung von seinem tatsächlichen Aussehen vermitteln die mehr als 100 erhaltenen Rundplastiken. Die Forschungsliteratur unterteilt sie in fünf Haupttypen, die meist nach den Fundorten der typbestimmenden Leitstücke benannt sind:

a) Typus Argentarierbogen

Typus Argentarierbogen

In diese Kategorie fallen alle Kinder- und Jugendbildnisse. Caracalla hat noch keinen Bartwuchs, das Haar fällt in leicht geschwungenen, großen Locken. Anhand der Übereinstimmung mit den Münzbildnissen wird dieser Typ in die Zeit von 198 bis 204 datiert.

b) Typus Gabii

Die Bildnisse dieses Typs lassen sich in die Zeit von 204 bis 209 einordnen, sie zeigen also Caracalla als jungen Mann von ca. 16 bis 23 Jahren. Gegenüber den Jugendbildnissen sind zwei waagerechte Stirnfalten erkennbar, die in allen weiteren Typen beibehalten werden. Der Bartwuchs beschränkt sich auf Koteletten, die mindestens bis auf Höhe der Ohrläppchen reichen. Die Locken über den Schläfen sind kleiner und gedrehter.

c) Typus Vestalinnenhaus

Dieser Typus scheint im Jahr 210 entstanden zu sein. Caracalla wird hier zum ersten Mal mit dicken Schneckenlocken am Kopf und Bartwuchs bis unter das Kinn dargestellt. Der Kopf ist nach links gewendet. Durch weitere Ausarbeitung des Stirn- und Augenbereiches wirkt der Blick konzentriert und streng. Da es bisher nur drei Entsprechungen dieses Typs gibt, scheint er schon bald durch den Typus Tivoli abgelöst worden zu sein.

d) Typus Tivoli

Typus Tivoli

Die Plastiken dieser Kategorie werden der Zeit zwischen 211 und 214 zugeschrieben. Frisur und Bart fallen weniger üppig aus als beim Typ Vestalinnenhaus. Der Blick geht nach rechts, der Ausdruck wirkt entschlossen.

e) Typus Alleinherrscher

Bildnisse dieser Art sind neben Jugendbildnissen am häufigsten anzutreffen. Sie stammen aus der Zeit ab 214 bis zum Tod des Herrschers. Die früheren Exemplare weisen eine Rechtswendung auf, die späteren blicken nach links. Haarlocken und Bart sind wieder voller. Durch weiteres Hervorheben der charakteristischen Stirnfalten, unter denen nun auch zwei senkrechte in Verlängerung der Nasenwurzel sind, werden kompromisslose bis fast brutale Gesichtszüge erreicht.

Typus Alleinherrscher

In allen Bildnissen von Caracalla im Mannesalter sind volle Lippen und eine große Nase dargestellt, die in einigen Werken afrikanischer Herkunft sogar leicht hakenförmig gearbeitet ist. Der Hals ist meistens kräftig ausgeführt.

Die schönsten Porträtbüsten Caracallas findet man in den Capitolinischen Museen, dem Palazzo Massimo und den Vatikanischen Museen in Rom, außerdem im Louvre in Paris, der Ny Carlsberg Glyptothek in Kopenhagen sowie im Archäologischen Nationalmuseum von Neapel.

Literatur

Weblinks

 Commons: Caracalla – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Für Frühjahr 196 plädiert Matthäus Heil: Clodius Albinus und der Bürgerkrieg von 197. In: Hans-Ulrich Wiemer (Hrsg.): Staatlichkeit und politisches Handeln in der römischen Kaiserzeit, Berlin 2006, S. 75–78. Die Erhebung Caracallas markierte jedenfalls den Beginn des Bürgerkriegs gegen Clodius Albinus, den Septimius Severus 193 mit dem Caesartitel ruhig gestellt hatte und der nun erkennen musste, dass er ausgebootet werden sollte.
  2. Karlheinz Dietz: Caracalla, Fabius Cilo und die Urbaniciani, in: Chiron 13 (1983) S. 397–403; Julia S. Thompson: Aufstände und Protestaktionen im Imperium Romanum, Bonn 1990, S. 32f., 64f.
  3. Quellen mit Übersetzung: Camilla Dirlmeier/Gunther Gottlieb: Quellen zur Geschichte der Alamannen von Cassius Dio bis Ammianus Marcellinus, Sigmaringen 1976, S. 9–12; zur Forschungskontroverse siehe Dieter Geuenich: Geschichte der Alemannen, Stuttgart 1997, S. 18f.; John F. Drinkwater: The Alamanni and Rome 213–496 (Caracalla to Clovis), Oxford 2007, S. 43f.
  4. Zu dem gesamten Phänomen siehe Angela Kühnen: Die imitatio Alexandri in der römischen Politik (1. Jahrhundert v. Chr. – 3. Jahrhundert n. Chr.). Münster 2008, S. 176–186, 192.
  5. Herodian IV 7


Vorgänger Amt Nachfolger
Septimius Severus Römischer Kaiser
211–217
Macrinus

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