Vitalitätsprüfung (Zahnheilkunde)

Vitalitätsprüfung (Zahnheilkunde)
Kältespray für die Vitalitätsprüfung

Die Vitalitätsprüfung (von lateinisch vita „Leben“) in der Zahnheilkunde soll feststellen, ob ein Zahn lebt (also „vital“ ist) oder nicht (also „avital“ ist).

Inhaltsverzeichnis

Durchführung

Ob am Zahn die Pulpa (das Zahnmark) noch lebt, soll durch Reize festgestellt werden, die vom Patienten gespürt werden müssen. In der Praxis durchgesetzt hat sich dazu der Kältereiz (Kälteprovokationstest). Als Kältequelle dient meist ein Kältespray. Das wird beispielsweise auf Wattekügelchen (Wattepellets) oder Schaumstoffträger aufgesprüht und dann schnell an den Zahn gehalten. Der Patient muss angeben, ob er diesen Kältereiz spürt oder ob er ihm gar Schmerzen verursacht. Eine andere Kältequelle ist Stickstoffschnee, der vor der Anwendung aus einem Vorrats-Druckbehälter in eine Applikationsspritze gefüllt wird. Merkt der Patient den Kältereiz nicht, dann ist die Vitalitätsprüfung negativ und es ist davon auszugehen, dass die Pulpa avital ist.

Der Kältetest hat nichts mit der vor vielen Jahren gebräuchlichen Vereisung vor Zahnextraktionen zu tun.

Ein weitere theoretische Möglichkeit wäre, den Zahn mit Wärmereizen zu testen. Das ginge mit warmen Wasser, was aber schlecht auf einen einzelnen Zahn aufzubringen ist, oder mit erhitzten plastischen Materialien (z. B. Guttapercha). Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass die Pulpa dauerhaft geschädigt wird, da Eiweiß ab etwa 50°C denaturiert.

Versuchsweise wurde die Vitalitätsprobe mittels Stromreizen durchgeführt. Dabei werden Stromimpulse mit immer größerer Stromstärke in den Zahn gegeben, bis der Patient etwas spürt. Probleme gab es bei der Kalibrierung, da die Schwankungen zwischen verschiedenen Personen groß sein können. Bei Metallfüllungen besteht außerdem die Möglichkeit, dass ein Nachbarzahn eines nicht vitalen Zahns mitgereizt wird, so dass ein Zahn fälschlicherweise für vital gehalten wird.

In einfachen Fällen genügt schon ein kalter Luftstoß aus der Wasser-Luft-Pistole der Behandlungseinheit, um festzustellen, dass die Vitalitätsreaktion positiv ist. Die fehlende Vitalität kann man damit allerdings nicht feststellen.

Konsequenzen aus der Vitalitätsprüfung

Das Ergebnis der Vitalitätsprüfung ist oft unsicher und lässt sich nur unter Berücksichtigung weiterer Umstände interpretieren: Überkronte Zähne sind nicht zuverlässig zu prüfen. Die Goldlegierung der unverblendeten Kronen verteilt den Kältereiz zu schnell über eine zu große Fläche. Bei verblendeten Kronen lässt die Keramik keine ausreichende Wärmeleitung zu. Die Materialstärke der Krone ist oft nicht bekannt. Außerdem haben überkronte Zähne oft große Aufbaufüllungen, die nach einigen Monaten die Temperaturempfindlichkeit des Zahnes stark reduzieren können.

Analog zu großen Aufbaufüllungen unter Kronen deutet eine negative Vitalitätsprüfung bei Zähnen mit großen Zahnfüllungen nicht zwingend auf eine abgestorbene Pulpa hin. Der Zahn kann auch durch die Bildung von Sekundärdentin relativ unempfindlich geworden sein. Das Sekundärdentin bildet sich an der Grenze zwischen Zahnpulpa (Zahnmark) und Dentin (Zahnbein) und isoliert zusätzlich gegen Temperaturreize.

Auch bei stark abradierten (abgekauten) Zähnen kann die Vitalitätsprüfung trotz vitaler Pulpa negativ ausfallen. Das ist ebenfalls auf neugebildetes Sekundärdentin und Tertiärdentin zurückzuführen. Das gleiche trifft auch auf parodontal geschädigte Zähne (Parodontitis) zu.

Auch falsch positive Ergebnisse kommen vor: Der Patient gibt an, dass er den Kältereiz deutlich spürt, aber der Zahnarzt findet nach der Trepanation (dem Aufbohren) des Zahnes eine avitale Pulpa vor. Das ist - wenn auch selten - bei einer purulenten Pulpitis (eitrige Pulpitis) oder bei einer Gangrän zu beobachten. Vielleicht leitet der flüssige Inhalt im Pulpenkavum die Temperatur bis zum Knochen weiter, wo dann der Reiz wahrgenommen wird.

Oft ist ein Röntgenbild des Zahnes bei der Interpretation der Vitalitätsprüfung hilfreich. Ein wurzelgefüllter Zahn kann keine positive Vitalitätsprüfung haben. Im Röntgenbild lässt sich oft erkennen, ob der Wurzelkanal - der die Pulpa enthält - wegen der Bildung von Sekundärdentin obliteriert (verödet) ist. Dann ist das Ergebnis einer negativen Vitalitätsprüfung auch nicht zuverlässig.

Bei einem Zahn ohne Füllungen (oder mit relativ kleinen Füllungen) und ohne starke Abrasionen ist eine Vitalitätsprüfung recht zuverlässig.

Oft liefert eine Vitalitätsprüfung den ersten Hinweis für den Zahnarzt, sich diesen Zahn näher anzuschauen. Er kann dann ein Röntgenbild anfertigen (Zahnfilm) und den Patienten nochmals eindringlich nach jetzigen oder früheren Beschwerden an diesem Zahn befragen. Manche Patienten teilen erst dann gelegentliche leichte Beschwerden mit.

Ein avitaler Zahn enthält die tote Pulpa. Das ist nekrotisches (totes) Gewebe. Dieses tote Eiweiß setzt Giftstoffe frei und stellt einen idealen Nährboden für Bakterien dar. Die Bakterien wandern über die Karies ein, die auch die Entzündung und das Absterben der Pulpa ausgelöst hat. Daraus entwickelt sich dann eine übelriechende Gangrän.

Siehe auch

Weblinks

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