- Volkssolidarität
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Die Volkssolidarität ist eine im Oktober 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands gegründete Hilfsorganisation. Sie hatte in der DDR eine wichtige Bedeutung im Sozialbereich. Das Leitmotiv des Verbandes ist Solidarität. Der Verband engagiert sich heute überwiegend für ältere Menschen, chronisch Kranke, Pflegebedürftige, sozial Benachteiligte und – in den letzten Jahren zunehmend – für Kinder und Jugendliche. Die Mitglieder können sich als ehren- oder hauptamtliche (angestellte) Mitarbeiter engagieren. Es gibt sowohl Ortsgruppen (die traditionelle Organisationsform wie ein Verein) und Interessengruppen. Interessengruppen sind an der gemeinschaftlichen Interessengestaltung orientiert (auf ein Thema fokussiert). Sie können auch Teil einer Ortsgruppe sein und treffen sich oft in Begegnungsstätten der Volkssolidarität. Unter Selbsthilfegruppen, einer dritten Form, sind Betroffene zu verstehen, die als Mitglieder der Volkssolidarität oder auch als eigenständige Gruppen unter dem Dach der Volkssolidarität arbeiten.
Präsident ist seit 2002 der Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Gunnar Winkler, der nach eigenen Angaben von 1978 bis 1991 Direktor des Institutes für Soziologie und Sozialpolitik der Akademie der Wissenschaften der DDR war[1].
Die Volkssolidarität ist Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband, einem der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Im Vorstand des Paritätischen wird die Volkssolidarität gegenwärtig durch den früheren Bundesgeschäftsführer Dr. Niederland vertreten.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Als Gründungstag der Volkssolidarität gilt der 17. Oktober 1945, an dem der Aufruf „Volkssolidarität gegen Wintersnot!“, gemeinsam verfasst von der KPD, SPD, CDU, LDPD sowie der evangelischen und der katholischen Kirche und den Gewerkschaften unterzeichnet wurde, dessen Veröffentlichung in der „Sächsischen Volkszeitung“ am 19. Oktober 1945 erfolgte [2] [3]. Am 20. Mai 1946 wurde dann der „Zentralausschuss der Volkssolidarität“ für die sowjetische Besatzungszone gegründet, „der auf breitester demokratischer Basis, nämlich aus Vertretern der Parteien, verschiedener sozialer Ausschüsse, der Kirchen und staatlichen Stellen, zusammengesetzt war“[3]. Das Wirken der Volkssolidarität konzentrierte sich in dieser Zeit auf jene, die am schwersten unter den Folgen des Krieges zu leiden hatten. Das waren Kinder, Alte und Kranke, Vertriebene und heimkehrende Kriegsgefangene. Ab Anfang der 1950er Jahre wandelte sich der Charakter der Volkssolidarität. Ihre vorrangige, später ausschließliche Aufgabe wurde die Betreuung älterer Menschen. Ab 1956 wurde mit der Schaffung von Klubs zur sozial-kulturellen Betreuung Älterer begonnen. Der Historiker Ernst-Günter Lattka schreibt: „… erst ab Mitte der 1950er Jahre wandelte sich die ‚Gemeinschaft Volkssolidarität‘ zu einer Massen- und Mitgliedsorgansisation.“[3]
Ab den frühen 1970er Jahren arbeitete die Volkssolidarität unter dem Motto „Tätigsein – Geselligkeit – Fürsorge“. Zu ihren Aufgaben gehörte das Organisieren von gesellschaftlich nützlichen Tätigkeiten wie beispielsweise der Instandhaltung von Wohnungen, der Nachbarschaftshilfe oder der Kinderbetreuung (so genannte „Rentnerbrigaden“). In Treffpunkten und Klubs förderte die Volkssolidarität das geistig-kulturelle Leben der Senioren. Diese Arbeit hatte jedoch auch „politisch-propagandistische Implikationen“:[4] Die Freundschaft zur Sowjetunion und die „Abneigung gegen den Imperialismus“ sollten gefördert werden.[4] Im Fürsorgebereich war vor allem die ambulanten Pflege hilfebedürftiger älterer Personen und deren Versorgung mit Mahlzeiten wichtig.
Nach den politischen Veränderungen in der DDR („Wende“) und der deutschen Einheit ab dem 3. Oktober 1990 hat die Volkssolidarität ihren Platz in der bundesdeutschen Verbändelandschaft als eigenständiger Sozial- und Wohlfahrtsverband, der vor allem in Ostdeutschland tätig ist, gefunden. Der Verband übernahm von Anfang an Aufgaben im Bereich der Wohlfahrtsarbeit, vergleichbar mit der heutigen Wohlfahrtspflege. Nach 1990 wandelten sich zahlreiche Verbandsgliederungen in eingetragene Vereine um.
Heutiges Tätigkeitsfeld
Heute ist die Volkssolidarität einer der großen Sozial- und Wohlfahrtsverbände in der Bundesrepublik und der größte in Ostdeutschland. Laut Verbandssatzung bekennt sich die Volkssolidarität „zu den humanistischen und demokratischen Grundwerten und tritt für soziale Gerechtigkeit ein“. Der Verband bezeichnet sich in der Satzung als „einheitlicher, demokratisch organisierter, gemeinnützig wirkender, parteipolitisch und konfessionell unabhängiger, selbstständiger Verein“[5]. Der Volkssolidarität wird immer wieder eine ausgesprochene Nähe zur Partei Die Linke nachgesagt, welche sich aber organisatorisch nicht nachweisen lässt. Unter den Aktiven an der Basis sind Mitglieder aller großen Parteien zu finden. Dasselbe gilt auch für die Führungsebenen. So sitzt im Bundesvorstand der Volkssolidarität der frühere CDU-Sozialminister von Thüringen Dr. Frank-Michael Pietzsch als Vizepräsident der Volkssolidarität neben der Brandenburger Landtagsabgeordneten der Linken Irene Wolff-Molorciuc und der Sozialsenatorin a.D. Heidi Knake-Werner aus Berlin aus der gleichen Partei sowie dem Mitglied des Bundestages Steffen-Claudio Lemme (SPD).
Die Volkssolidarität versteht sich als Sozial- und Wohlfahrtsverband mit drei Säulen:
- Mitgliederverband (z.B. Vereinsleben in den Orts-, Interessen- und Selbsthilfegruppen und Begegnungsstätten mit sozial-kulturellen Angeboten)
- sozialer Dienstleister („Essen auf Rädern“, Bildungs-, Betreuungs-, Beratungs- und Freizeitangebote)
- sozial-politische Interessenvertretung.
Die Organisationsstruktur besteht aus Bundesverband, sechs Landesverbänden in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie aus derzeit 98 Kreis-, Stadt- und Regionalverbänden[6]. Die Landesverbände und ein Großteil der Kreis-, Stadt- und Regionalverbände sind als eingetragene Vereine rechtlich eigenständig.
Die Volkssolidarität hat nach eigenen Angaben[6] rund 276.000 Mitglieder (Stand: Ende 2009) in mehr als 4.300 Mitglieder- bzw. Ortsgruppen sowie 16.500 hauptamtliche und etwa 30.000 ehrenamtliche Mitarbeiter. Die Mitglieder sind vorrangig im Rentenalter. In den 571 Freizeit- und Begegnungsstätten sowie Begegnungszentren des Verbandes wurden 2009 laut Bundesverband der Volkssolidarität mehr als 114.000 Veranstaltungen mit rund 2,1 Millionen Besuchern durchgeführt. In 3.210 Interessengruppen sind Mitglieder in Chören, Sport- und Wandergruppen sowie künstlerisch-kreativen Zirkeln tätig. Ehrenamtlich Aktive, zum Teil noch wie in der DDR-Zeit als Volkshelfer bezeichnet, organisieren die Aktivitäten des Mitgliederverbandes, informieren die Mitglieder über Verbandsangebote und Veranstaltungen, gratulieren zu Jubiläen, werben um Spenden und kassieren Beiträge. Sie veranlassen Hilfe in Notsituationen, organisieren oder leisten Nachbarschaftshilfe.
Die Volkssolidarität ist seit den 90er Jahren auch im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit tätig. Der Verband ist Träger von 389 Kindertagesstätten mit mehr als 38.000 Plätzen. Hinzu kommen nach Verbandsangaben 14 Kinder- und Jugendheime sowie die offene Jugendarbeit, die in 49 Freizeit- und Erholungseinrichtungen realisiert wird. Im sächsischen Borsdorf wurde 2008 von der Volkssolidarität (konkret der Kreisverband Volkssolidarität Leipziger Land/Muldental e.V.) ein Gymnasium eröffnet, das Freie Gymnasium Borsdorf.
Im Pflegebereich kann der Verband auf 153 ambulante Pflegedienste, 35 Einrichtungen der Tagespflege, 55 Pflegeheime, ein Altenheim sowie 15 Einrichtungen der Kurzzeitpflege für fast 37.000 Menschen eine stabile und qualitätsgerechte sozialpflegerische Betreuung verweisen. Laut Bundesverband werden derzeit in 276 Kontakt- und Beratungsstellen Angebote der Sozialberatung gemacht.
Im sozialpolitischen Bereich arbeitet die Volkssolidarität mit anderen Verbänden wie dem Sozialverband Deutschland (SoVD) und dem VdK sowie mit Gewerkschaften zusammen. So wurde unter anderem 2008 gemeinsam mit dem SoVD die Aktion Sozialabbau stoppen. Sozialstaat stärken gestartet und dabei u.a. rund 220.000 Unterschriften gesammelt. Mit mehreren Verbänden gemeinsam wurden „Sozialgipfel“ in Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Berlin organisiert. Der Verband ist im Bereich der sozialpolitischen Interessenvertretung aktiv und wird unter anderem auch vom Deutschen Bundestag zu Anhörungen eingeladen, wenn Gesetze vorbereitet und beraten werden. Der Bundesverband der Volkssolidarität veröffentlichte seit den 90er Jahren in verschiedenen Zeitabständen den viel beachteten Sozialreport – Daten und Fakten zur sozialen Lage in den neuen Bundesländern, der im Verbandsauftrag vom Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum Berlin-Brandenburg e.V. auf Grundlage einer seit 1990 durchgeführten jährlichen Befragung erstellt wird. Zudem wurden laut Verband verschiedene Publikationen veröffentlicht, darunter die Studie „Sozialreform und soziale Sicherungsziele 2008“; das Buch „Solidarität leben, statt Altersarmut! Sichere Renten für die Zukunft“ (VSA-Verlag Hamburg 2008; „Rentenpolitische Leitlinien der Volkssolidarität“; „Volkssolidarität gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit“; Broschüre gemeinsam mit SoVD „Sozialabbau stoppen. Sozialstaat stärken“; Broschüre „Pflege-Weiterentwicklungsgesetz 2008 – Tipps und Informationen“.
Weblinks
Quellenangaben
- ↑ Homepage von Prof. Dr. Gunnar Winkler: www.gunnarwinkler.de
- ↑ Gunnar Winkler: Zur Geschichte der Volkssolidarität 1945 bis 2010, Berlin 2010. S. 6
- ↑ a b c Ernst-Günter Lattka: Hurra, wir leben! 60 Jahre Volkssolidarität, Berlin 2005, S. 14f.
- ↑ a b Beatrix Bouvier: Die DDR – ein Sozialstaat? Sozialpolitik in der Ära Honecker, Bonn 2002, S. 241/ S. 240
- ↑ Volkssolidarität Bundesverband e.V.: Satzung, beschlossen von der Bundesdelegiertenversammlung am 4. November 2006
- ↑ a b Volkssolidarität Bundesverband e.V.: Die Sozialbilanz der Volkssolidarität im Jahre 2008; veröffentlicht auf Pressekonferenz am 3. Juni 2009
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