WHIM-Syndrom

WHIM-Syndrom
Klassifikation nach ICD-10
D81.8 Sonstige kombinierte Immundefekte
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Das WHIM-Syndrom (kurz für Warzen-Hypogammaglobulinämie-Immundefizienz-Myelokathexis-Syndrom) ist eine vererbbare, seltene Immunschwächekrankheit.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das gemeinsame Auftreten der charakteristischen Symptome des WHIM-Syndroms wurde erstmalig 1964 beschrieben[1]. Im Jahr 2000 konnte die genetische Ursache für dieses Syndrom gefunden werden[2][3]. Das WHIM-Syndrom ist der erste Immundefekt, der auf einen Zytokinrezeptordefekt zurückzuführen ist.

Symptome

Charakteristisch für das WHIM-Syndrom ist eine Immunschwäche, die sich in wiederkehrenden bakteriellen und viralen Infektionen äußert. Davon sind insbesondere die Atemwege mit Nasennebenhöhlenentzündungen, Mandelentzündungen und Lungenentzündungen betroffen. Die Patienten sind anfällig für Infektionen mit humanen Papillomaviren, die sich in zahlreichen Warzen, insbesondere im Hand- und Fußbereich, äußern. WHIM-Syndrom-Patienten haben darüber hinaus ein erhöhtes Risiko, an viral-bedingten Krebsarten, wie beispielsweise dem Cervixkarzinom, zu erkranken. Im Blutserum der Patienten können erniedrigte IgG-Konzentrationen gemessen werden (Hypogammaglobulinämie). Histologisch erscheint das Knochenmark der WHIM-Patienten voller T-Vorläuferzellen. Dem gegenüber kann eine Neutropenie beobachtet werden, die auf eine gestörte Auswanderung und somit Zurückhaltung neutrophiler Granulozyten aus dem Knochenmark zurückgeführt werden kann (Myelokathexis).

Ursachen

Das WHIM-Syndrom ist eine autosomal-dominant vererbte Krankheit. Als häufigste Ursache, die bei 92% der betroffenen Patienten gefunden wurde, werden Mutationen eines Gens auf dem Genlocus 2q21, das den Chemokinrezeptor CXCR4 codiert, angesehen[4]. Diese Mutationen im intrazellulären Teil des membranständigen Rezeptors für das Zytokin CXCL12 (SDF-1) führen zu einem verkürzten Rezeptorprotein, dem die Fähigkeit der Internalisierung nach Aktivierung fehlt. Somit sind Mechanismen der negativen Selbstregulation unterbrochen und der Rezeptor kann dauerstimuliert werden.[5] Eine Verminderung der Expression von CXCR4 ist zudem Voraussetzung für das Verlassen von T-Vorläuferzellen aus dem Knochenmark. Aufgrund der Mutation und der fehlenden Internalisierung von CXCR4 bleibt auf der Oberfläche der TZ-Vorläuferzellen. Diese Vorläuferzellen können daher das Knochenmark nicht verlassen und sind die Ursache für die histologischen Befunde im Knochenmark und Blut.

Das WHIM-Syndrom kann jedoch vereinzelt auch bei Patienten (bei 8% der Patienten) mit einem nicht-mutierten (Wildtyp) CXCR4 beobachtet werden. Eine mögliche Ursache bei diesen Patienten ist eine Fehlfunktion von Proteinen, die an der Internalisierung von CXCR4 beteiligt sind, wie beispielsweise GRKs.[6]

Da der CXCR4-Rezeptor auch bei anderen Migrations- und Homingprozessen eine Rolle spielt, ist auch die Immunabwehr in der Peripherie gestört.[7]

Therapie

In der Behandlung von Patienten mit einem WHIM-Syndrom steht die Reduktion der Infektanfälligkeit im Vordergrund. Eine Substitution mit Immunglobulinen soll die Infekthäufigkeit senken. Zur Normalisierung der Freisetzung Neutrophiler Granulozyten aus dem Knochenmark kann GM-CSF oder besser G-CSF eingesetzt werden.[8][7] Die Verwendung von CXCR4-Antagonisten, wie Plerixafor, zur Behandlung von Patienten mit WHIM-Syndrom wird derzeit in klinischen Studien untersucht.[3]

Einzelnachweise

  1. Krill CE, Smith HD, Mauer AM: Chronic idiopathic granulocytopenia. In: N. Engl. J. Med.. 270, Mai 1964, S. 973–9. PMID 14122792.
  2. Gorlin RJ, Gelb B, Diaz GA, Lofsness KG, Pittelkow MR, Fenyk JR Jr: WHIM syndrome, an autosomal dominant disorder: clinical, hematological, and molecular studies. In: Am J Med Genet. 91, Nr. 5, April 2000, S. 368-76. PMID 10767001.
  3. a b Gulino AV: WHIM syndrome: a genetic disorder of leukocyte trafficking. In: Curr Opin Allergy Clin Immunol. 3, Nr. 6, Dezember 2003, S. 443-50. PMID 14612668.
  4. Hernandez PA, Gorlin RJ, Lukens JN, et al: Mutations in the chemokine receptor gene CXCR4 are associated with WHIM syndrome, a combined immunodeficiency disease. In: Nat. Genet.. 34, Nr. 1, Mai 2003, S. 70–4. doi:10.1038/ng1149. PMID 12692554.
  5. Lagane B, Chow KY, Balabanian K, et al: CXCR4 dimerization and beta-arrestin-mediated signaling account for the enhanced chemotaxis to CXCL12 in WHIM syndrome. In: Blood. 112, Nr. 1, Juli 2008, S. 34–44. doi:10.1182/blood-2007-07-102103. PMID 18436740.
  6. Balabanian K, Levoye A, Klemm L, et al: Leukocyte analysis from WHIM syndrome patients reveals a pivotal role for GRK3 in CXCR4 signaling. In: J. Clin. Invest.. 118, Nr. 3, März 2008, S. 1074–84. doi:10.1172/JCI33187. PMID 18274673. Volltext bei PMC: 2242619.
  7. a b Kawai T, Malech HL: WHIM syndrome: congenital immune deficiency disease. In: Curr Opin Hematol. 16, Nr. 1, 2009, S. 20-26. PMID 19057201.
  8. Bohinjec J, Andoljsek D: Neutrophil-releasing activity of recombinant human granulocyte-macrophage colony stimulating factor in myelokathexis. In: Br. J. Haematol.. 82, Nr. 1, September 1992, S. 169–70. PMID 1419790.

Weblinks


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