WOGA

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Der Woga-Komplex am Lehniner Platz ist ein städtebauliches Ensemble von Erich Mendelsohn, der zwischen 1925 und 1931 in Berlin-Charlottenburg erbaut wurde. Er stellt eine Verbindung aus Kulturstätten, Einkaufsmöglichkeiten und Wohngebäuden dar. Der Komplex wird stilistisch der Neuen Sachlichkeit zugeordnet. Begibt man sich am Ende des Kurfürstendammes auf den Lehniner Platz, fallen einem zwei ausladende Kopfbauten auf, in deren Mitte sich eine kleine Ladenstraße befindet, die auf ein querstehendes Gebäude zuläuft. Hieran schließt sich eine Wohnanlage mit Grünflächen und Tennisplätzen. In einem der beiden Kopf-Bauten ist heute die Schaubühne untergebracht. Der WOGA-Komplex steht unter Denkmalschutz.[1]

Inhaltsverzeichnis

Die Entstehung des WOGA-Komplexes

Nachbau des Ausführungsplans von 1927 von Erich Mendelsohn

Ursprünglich wurde eine reine Wohnanlage geplant, die auf einem 40.000 km² großen unbebauten Grundstück am Kurfürstendamm 153-156 entstehen sollte. Dessen Eigentümer war der Verleger Hans Lachmann-Mosse. Seine Frau Felicia Mosse besaß die Wohnungs-Grundstücks-Verwertungs-Aktiengesellschaft, kurz WOGA genannt.[2] Finanziell gestützt wurde das gesamte Projekt durch eine amerikanische Anleihe von 1,5 Millionen Dollar. Außerdem sollten die Bauvorhaben über Hauszinssteuerhypotheken, die sich aus der Besteuerung der Mieter ergab, realisiert werden. Der Zeitschrift Bauwelt von 1931 ist neben diesen Informationen auch zu entnehmen, dass die Miete voraussichtlich 700 Mark Baukostenzuschuss pro Zimmer und 600 Mark Jahresmiete pro Zimmer (Mädchenzimmer waren davon ausgenommen) betragen sollten.

Zunächst übernahm der Architekt Jürgen Bachmann die Aufgabe, Wohnhäuser für das gesamte Areal zu entwerfen. Um das Projekt noch attraktiver für zahlungskräftige Aktionäre zu gestalten, beschloss man nicht nur eine Wohnanlage, sondern auch einen Wohn- und Kulturkomplex zu errichten. Erich Mendelsohn übernahm fortan die Planungen. So entstanden unter seiner Leitung das Ufa-Premierenkino Universum (heute Schaubühne), ein Rauchtheater Kabarett der Komiker, ein Café-Restaurant (Café Leon), ein Hotel (später Apartment-Haus), Läden und eine Wohnanlage mit Tennisplätzen und Automobilgaragen. Deshalb wurden am Ende nur ein Teil der Entwürfe Bachmanns (Wohnanlage Paulsborner Straße Ecke Albrecht-Achilles-Straße) umgesetzt.

Lage und Umgebung des WOGA-Komplexes

Das Areal wird im Süden von der Paulsborner Straße, im Westen von der Cicero-Straße, im Norden vom Kurfürstendamm und im Osten von der Albrecht-Achilles-Straße eingegrenzt. Durch die unmittelbare Nähe zum Kurfürstendamm, an dem sich ein Geschäft ans andere reihte, beschloss Erich Mendelsohn ein Aufbrechen des Blockes, mittels einer kleinen Ladenstraße, durch die die Gebäude dem Passanten zugänglich gemacht wurden. Der Gesamtkomplex zeichnete sich durch seine zentrale Lage und die direkte Verkehrsanbindung über die Straßenbahn und den Autobus aus.[3]

Die Gebäude im Einzelnen

Das Kino Universum

Ehemaliges Kino Universum; heute Schaubühne

Das Kino Universum (auch bekannt als das Premierenkino der Ufa [2]) wurde von Erich Mendelsohn in einem der beiden Kopfbauten untergebracht. Es bot 1763 Sitzplätze. Erich Mendelsohn erläuterte in seinem Baugesuch vom 28. April 1927 das Vorhaben, im Inneren ein versenkbares Orchester zu verwirklichen, das durch einen zusätzlichen Raum unter der Bühne realisiert werden sollte. Hier erwähnt er auch die Belüftungskonstruktion, die das Dach des Gebäudes besonders betont. Ähnlich einem schmalen, hohen Schornstein ragte der Aufbau empor und bot so eine zusätzliche Reklamefläche. Links und rechts des Haupteingangs, den man vom Kurfürstendamm aus erreicht, reihten sich zweigeschossige Läden. Im Krieg wurde das Kino stark zerstört. In den 1970er Jahren kommt es zu umfangreichen Sanierungsarbeiten, die heftige Diskussionen bei der Öffentlichkeit und Fachleuten auslösten, da nur die Außenfassade denkmalschutzgerecht in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt wurde.

Das Kabarett der Komiker

Gegenüber dem Kino, zog 1928 das Kabarett der Komiker ein. Es sollte das erste Rauchtheater Berlins werden mit einer Vollbühne, einem eisernen Vorhang, einer Berieselungsanlage, einem Schnürboden und einer Lüftungsanlage, die einen fünfmaligen Luftwechsel in der Stunde bewältigte.[4] Der kreisrunde Innenraum des Theaters fasste 816, um Tische gruppierte, Sitzplätze. Im Erdgeschoss waren ebenfalls kleine Läden untergebracht.

Das erste Geschoss beherbergte das Café Leon – ein renommiertes Berliner Tanzlokal, zu deren Gästen auch Erich Kästner zählte. Nach 1933 wurde es zu einem Veranstaltungsort besonders für jüdische Künstler, denen die Möglichkeiten am kulturellen Leben teilzunehmen immer mehr verwehrt wurde. Unter der Leitung von Max Ehrlich diente das Café von 1935 bis 1937 dem jüdischen Kulturbund als Hauptspielstätte.[5]

Die Ladenstraße

Die Ladenstraße wurde als ein sehr wichtiger wirtschaftlicher Bestandteil des WOGA-Komplexes geplant, sollte sie doch durch ihr Warenangebot Fußvolk anlocken sowie dem ursprünglich vorgesehenen Hotel und dessen Gästen, aber auch den Anwohnern des Areals zugute kommen. Sie konnte sich jedoch nicht gegen die vielen Geschäfte des angrenzenden Kurfürstendammes behaupten und so verwaisten die einzelnen Läden bereits kurz nach ihrer Fertigstellung.

Das Apartment-Haus

Das Apartment-Haus war ursprünglich als Hotel geplant. Der Börsenkrach von 1929, auch bekannt als „Schwarzer Freitag“ führte dazu, dass sich die Investoren statt für das Hotel für ein weiteres Wohngebäude aussprachen. Ein Überbleibsel dieser ursprünglichen Idee ist die Verbindungsbrücke zwischen Kino Universum und Hotel, später Apartment-Haus. Sie sollte den Gästen ermöglichen, bei schlechtem Wetter unbeschadet ins Kino zu gelangen. Das Gebäude ist 45 Meter lang und ausgestattet mit Ein- und Zwei-Zimmerwohnungen. Insgesamt gibt es sieben Stockwerke und jeder Aufgang besitzt einen eigenen Aufzug. Die Zimmer der Wohnungen im ersten Geschoss haben weitläufige Terrassen, die zur Ladenstraße hin zeigen. Dem Apartment-Haus schließen sich je zwei 60 Meter lange Seitenflügel an. Hier gibt es fünf Wohnebenen, auf denen jeweils vier Wohnungen angeordnet wurden. Im innenliegenden Hof sind kleine Vorgärten angelegt worden. Die Gebäude wurden mit einer einspurigen Umfahrungsstraße versehen. Sie ermöglichte die Zufahrt über Rampen zu den Autogaragen, die sich an den äußeren Seitenflügeln befinden.

Die Wohnanlage Cicerostraße

Diese Häuser wurden auf fünf Stockwerken mit Vier-Zimmerwohnungen ausgestattet. Eines dieser Zimmer diente als Mädchenzimmer. Das wohl auffälligste Merkmal hier sind die geklinkerten, wellenförmigen Balkone, die die Fassade horizontal aufgliedern. Auf der Rückseite der Häuser bediente sich Erich Mendelsohn halbkreisförmiger Erkertürme als gestaltendes Mittel, in deren Innerem das Treppenhaus verläuft.

Die Wohnanlage Paulsborner Straße / Albrecht-Achilles-Straße

Diese Häuser gehen auf die Entwürfe von Jürgen Bachmann zurück. Sie sind fünfstöckig und zeichneten sich durch spitz zulaufende Erker aus. Wie auch bei den anderen Wohnungen waren hier moderne Bäder, Zentralheizung und Warmwasserversorgung vorgesehen. Bis auf zwei Ausnahmen (Paulsborner Straße 11 und Albrecht-Achilles-Straße 4) wurden alle Wohnhäuser im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Quellen und Fußnoten

  • Regina Stephan: Erich Mendelsohn–Dynamik und Funktion. Ostfildern-Ruit 1999, S. 134-138.
  • Helge Pitz: Der Mendelsohn-Bau am Lehniner Platz. Berlin 1981, S. 41-48, 53-54 und 73–75.
  1. Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
  2. a b Arnt Cobbers: Erich Mendelsohn–Der analytische Visionär. Köln 2007, S.49f
  3. Pharus-Plan Berlin, 1928.
  4. Marie-Theres Arnbom: War'n Sie schon mal in mich verliebt? – Filmstars, Operettenlieblinge und Kabarettgrößen zwischen Wien und Berlin. Wien 2006, S. 84.
  5. Knud Wolffram: Tanzdielen und Vergnügungspaläste. Berlin 1992, S. 214.

52.49746513.3027757Koordinaten: 52° 29′ 51″ N, 13° 18′ 10″ O


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