Walkin'

Walkin'
Miles Davis – Walkin’
Veröffentlichung

1954

Label

Prestige Records

Format(e)

CD, LP

Genre(s)

Jazz

Anzahl der Titel

5

Laufzeit

37.40

Besetzung
Produktion

Bob Weinstock/Rudy Van Gelder

Studio(s)

New York City

Chronik
Blue Haze
1954
Walkin’ Bags’ Groove
1955

Walkin’ ist ein Jazz-Album von Miles Davis, aufgenommen am 3. April und am 29. April 1954 für Prestige Records.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte der Aufnahmen

Durch seine Drogensucht war Miles Davis in den Jahren 1953/54 etwas aus dem Scheinwerferlicht geraten. Zu Beginn des Jahres 1954 hatte er einen schlecht bezahlten Gig im Bluebird Inn in Detroit. Am anderen Ende der Stadt spielte damals der junge und talentierte Clifford Brown mit Max Roach. Unter dem Eindruck dieses Konzerts, bei dem Miles einen spontanen und emotional bewegenden Kurzauftritt absolvierte, beschloss er, seine Drogensucht zu überwinden und seine Karriere wieder ins Gleis zu bringen. [1]

Anfang März 1954 machte er wieder Plattenaufnahmen mit dem Pianisten Horace Silver, Percy Heath und Art Blakey für Blue Note, die als Beweis für Miles’ Genesung gelten: sie zählen zu den rhythmisch aggressivsten, die er bis zu dem damaligen Zeitpunkt aufnahm (Miles Davis Volume 1). Eine Woche später nahm er für Prestige mit der gleichen Rhythmusgruppe auf[2].

Die Walkin’-Aufnahmen

Die Session vom 3. April 1954

Gut drei Wochen später ging Miles Davis erneut mit seiner Rhythmusgruppe ins Aufnahmestudio; diesmal hatte er noch den jungen und heute fast unbekannten Altsaxophonisten Dave Schildkraut verpflichtet, der verblüffend nach Charlie Parker klingt. [3] Es wurden die Titel Solar, You Don’t Know What Love Is und Love Me Or Leave Me aufgenommen. Bei der Komposition Solar,[4] dessen Harmonik an den Swingklassiker How High the Moon erinnert, kommt der cupe-mute (gestopfte)-Sound des Trompeters am besten zur Geltung. You Don't Know What Love Is ist ein Relikt aus Davis´ Tagen im Billy Eckstine-Orchester und leidet an einer etwas schwerfälligen Phrasierung. Das schnelle Love Me Or Leave Me hat eine flüssige und trockene Phrasierung, die vor allem von der Besenarbeit Kenny Clarkes ausgeht. Bei der Quintett-Session wurde auch der Titel I’ll Remember April aufgenommen, fand aber nicht auf der LP Walkin’ , sondern auf dessen Vorgänger-Album Blue Haze Platz.

Die Session vom 29. Juni 1954

Ende des Monats April war Miles Davis soweit, in erweiterter Besetzung die Aufnahmen von Walkin’ und Blue ’n’ Boogie einzuspielen. Sie zählen heute zum klassischen Repertoire des Hardbop. Die drei Bläser der Miles Davis All Stars waren außer dem Trompeter der Posaunist J. J. Johnson und der Saxophonist Lucky Thompson. Die Aufnahmen dieser Band standen im starken Gegensatz zu den kühlen Klängen des Miles Davis-Nonetts von 1949/50 (die zu der Zeit der Walkin’-Session als Langspielplatte mit dem Titel Birth of the Cool herauskamen); Walkin’ war geradlinig und fast schroff, mit einem bluesigen „funky sound“. Peter Wießmüller notiert zu dem Titel: „er wird in einem "erzählenden" Medium-Tempo vorgetragen, wobei die Rhythmusgruppe ein verblüffend geschlossenes Timing zugrunde legt. Die Balance zwischen Elastizität und Trägheit bewegt sich stets auf Messers Schneide.[5]

Miles Davis erzählte in seiner Autobiographie von diesem Augenblick: „Mann, dieses Album veränderte mein ganzes Leben und war der Anfang meiner zweiten Karriere. Für diese Session holte ich mir J. J. Johnson und Lucky Thompson, denn ich wollte einen vollen Sound: Lucky für dieses Ben Webster-Ding und J. J. mit seinem dicken, fetten Ton für den Bebop-Sound. (…) Nach dieser Session wussten wir, dass was Großes gelungen war, sogar Bob Weinstock und Rudy waren davon begeistert. Aber wir konnten noch nicht ahnen, welche Wirkung das Album haben sollte. Diese Musik war ein Wahnsinn, mit Horace, der sein ‚funky‘ Piano drunterlegte und Art, der uns mit seinen harten Rhythmen antrieb. Ich wollte der Musik das Feuer und die Improvisationslust des Bebop zurückgeben; aber ich wollte auch dieses ‚funky‘ Blues-Ding in der Musik und das brachte Horace Silver mit rein.[6]

Die Titel

  1. Walkin’ (R. Carpenter) 13:24
  2. Blue ’n’ Boogie (Dizzy Gillespie/F. Paparelli) 8:15
  3. Solar (M. Davis und Chuck Wayne) 4:41
  4. You Don’t Know What Love Is (D. Raye and G. DePaul) 4:20
  5. Love Me or Leave Me (W. Donaldson and G. Kahn) 6:54

Literatur

  • Miles Davis: Die Autobiographie. München, Heyne, 2000
  • Erik Nisenson: Round About Midnight - Ein Portrait von Miles Davis. Wien, Hannibal, 1985
  • Peter Wießmüller: Miles Davis – Sein Leben, seine Musik, seine Schallplatten. Gauting, Oreos (Collection Jazz), ca. 1985

Einzelnachweise

  1. zit. nach E. Nisenson, S. 72. Miles Davis hatte seit Mai 1953 nicht mehr im Studio gestanden; damals hatte Miles Davis mit Charles Mingus, John Lewis, Percy Heath und Max Roach die Titel When Lihts Are Low, Tune Up, Miles Ahead und Smooch aufgenommen, später erschienen auf dem Prestige-Album Blue Haze.
  2. Bei der Session vom 15. März 1954 entstanden die Titel Four, Old Devil Moon und Blue Haze, enthalten auf der LP Blue Haze (PRLP 7054).
  3. dessen Parker-Manierismen aber etwas stören, zit. nach Wießmüller, S. 98. Schildkraut war der einzige Musiker, der auf dem Originalcover nicht aufgeführt war.
  4. Chuck Wayne, der den Titel Solar eigentlich komponiert hatte, wurde damals nicht erwähnt. Wayne hatte es unter dem Titel Sonny, benannt nach Sonny Berman, geschrieben, dem Lead-Trompeter der Woody Herman Band, mit dem Chuck Wayne zu dieser Zeit arbeitete. Davis besuchte damals die Band und mochte den Titel, den Berman für ihn spielte, so dass er später auf dieses Album kam.
  5. zit. nach Wießmüller, S. 99
  6. Miles Davis, 241

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