Wallenrodt-Bibliothek

Wallenrodt-Bibliothek
Das Grab von Wallenrodt im Dom zu Königsberg

Die Wallenrodtsche Bibliothek in Königsberg wurde von Martin von Wallenrodt (1570-1632), herzoglicher Kanzler, gegründet. Er sammelte seltene Bücher und Handschriften zu den verschiedensten Wissenschaftszweigen. Seine erste Sammlung bestand aus etwa 3.000 Büchern, die bei einem Brand 1623 vollständig zerstört wurden. Wallenrodt gab nicht auf und begann eine neue Sammlung. Nach seinem Tod zählte die Bibliothek etwa 2.000 Bücher.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Johann Ernst von Wallenrodt (1615-1697), Sohn von Martin von Wallenrodt, setzte das Werk seines Vaters fort. Er studierte an der Königsberger Universität Jura und antike Sprachen, bereiste europäische Länder und Nordamerika. Von überall brachte er Bücher mit, um die Bibliothek zu erweitern. 1650 wurde die Bibliothek nach Beschluss des Stadtrates von Kneiphof und mit Einverständnis des Grafen im südlichen Turm des Königsberger Domes untergebracht. Die Büchersammlung übertraf die Bibliothek der Albertina, Universität von Königsberg, und wurde deshalb intensiv von Professoren und Studenten benutzt. Dank Johann Ernst wurde die Bibliothek auch eine Art geographisches Museum, dort befanden sich auch seine Reisenotizen, Karten, Globen, verschiedene Souvenirs, Münzen und Raritäten aus fremden Ländern. Hier wurden auch historische Dokumente verwahrt, so der Schutzbrief Karls V., mit dem Martin Luther sicher nach Worms reisen konnte.

In der Mitte des 17. Jahrhunderts wurde der Innenraum vom holländischen Maler Christof Gregor Sangknecht und königsberger Holzschnitzer Isaak Riga im norddeutschen Barockstil gestaltet.

1675 wurde die Bibliothek Teil der Albertina. 1721 hat die Familie Wallenrodt die Bibliothek endgültig dem Staat überlassen. Im Jahre 1909 bestand die Bibliothek aus 10.500 Büchern und Schriften. Damals wurde sie in die Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg aufgenommen, 7.000 Bände wurden dabei in ein neues Gebäude verlegt, der Rest, größtenteils Dubletten, blieb im Königsberger Dom.

Die ursprüngliche Wallenrodtsche Bibliothek existierte bis zum Zweiten Weltkrieg. Die 3.500 Bände im Dom wurden bei einer Bombardierung im August 1944 vernichtet. Der Bestand der Staats- und Universitätsbibliothek, darunter die Wallenrodtsche Sammlung, war nach der Eroberung der Stadt durch sowjetische Truppen am 9. April 1945 über ganz Osteuropa zerstreut. Nach dem Krieg wurde in der Georg-August-Universität Göttingen eine Bibliothek eingerichtet, die sich als Nachfolgeeinrichtung der Wallenrodtschen Bibliothek versteht.

Wallenrodtsche Bibliothek im Turm des Domes

1981 kehrten 291 Bücher nach Kaliningrad zurück. Sie können heute im Universitätsmuseum besichtigt werden, wo man sich um einen Wiederaufbau der Wallenrodtschen Bibliothek (auch unter dieser Bezeichnung) bemüht. Neuerdings arbeitet man daran, die kunstvollen, mit Palmenwedeln verzierten Bücherregale zu rekonstruieren, um die Wallenrodt-Bücher angemessen zu präsentieren. Das Luther-Gemälde aus der Wallenrodtschen Bibliothek befindet sich heute im Dohnaschlößchen von Mohrungen. Schätzungsweise eintausend Bücher befinden sich in der Bibliothek der Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg, große Bestände aus der Wallenrodtschen Sammlung werden auch in den Bibliotheken in Moskau vermutet. Seit einigen Jahren bemüht sich die Universität Osnabrück verloren gegangene Bibliothekbestände zu rekonstruieren, Bücher aus den Königsberger Bibliotheken ausfindig zu machen, zu katalogisieren, zu verfilmen und sie zu digitalisieren.

Literatur

  • Fritz Junkte: Geschichte der von Wallenrodtschen Bibliothek. Leipzig: Otto Harrassowitz 1927
  • Klaus Garber: Königsberger Bücher in Polen, Litauen und Russland. In: Nordost-Archiv. Zeitschrift für Regionalgeschichte. Neue Folge Band IV/1995 Heft 1. Das deutsche Buch in Ostmitteleuropa. Bestände und Rezeption. Lüneburg: Institut Norddeutsches Kulturwerk 1995. ISSN 0029-1595
  • Ralf G. Päsler: Die Handschriften der Wallenrodtschen Bibliothek. Zweiter Beitrag zur Rekonstruktion der Handschriftensammlung der ehem. Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, in: Berichte und Forschungen. Jahrbuch des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa 12(2004), S. 7-54

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