Bedeutungswandel

Bedeutungswandel

Bedeutungswandel ist neben Wortbildung und Entlehnung eines der drei Hauptverfahren des Bezeichnungswandels, der Gegenstand der Historischen Onomasiologie. Der Bedeutungswandel kann bis zur Bedeutungsumkehr gehen.

Inhaltsverzeichnis

Ursachen und Ausbreitung

Ursachen für den Bedeutungswandel sind vielfältig. Unter anderem können Ursachen sein:

  • Bedürfnis nach beschönigender Ausdrucksweise
  • Streben nach bildhafter Ausdrucksweise
  • Bedarf nach einer neuen Bezeichnung für etwas bisher Unbekanntes
  • Verschwinden bestimmter Gegenstände oder Handlungen aus dem täglichen Leben
  • Wegfall der ursprünglich vorhandenen bezeichneten Gegenstände oder Handlungen durch Weiterentwicklung der Gesellschaft
  • Weiterentwicklung der Wissenschaft, die zum Wegfall von Teilbedeutungen führt
  • Psychologische Eigenschaften des Wortes (zum Beispiel kann Absinken der stilistischen Ebene in einem Bereich zum Verschwinden des Wortes in einem anderen Bereich führen.)
  • Änderung durch lautliche Veränderungen

Eine neue Bedeutung tritt oft zunächst in einer bestimmten Sprechergruppe auf und verbreitet sich allmählich. Die alte Bedeutung wird oft verdrängt, sie kann aber auch parallel weiter existieren.

Wichtige Bedeutungswandelarten werden im Folgenden beschrieben.

Metapher, Metonymie, Synekdoche

Metapher ist Bedeutungswandel, der auf Ähnlichkeit beruht. Beispiel: Maus „Nagetier“ → Maus „Computerzubehör“

Metonymie ist Bedeutungswandel, der auf „Berührung“ beruht. Zwei Dinge treten in der Welt typischerweise gleichzeitig auf und die Bezeichnung des einen überträgt sich auf das andere Ding. Beispiel: „Material“ → „Produkt“ (vom Glas als Rohstoff auf das daraus hergestellte Trinkgefäß).

Manche setzen neben der Metonymie als separaten Typ des Bedeutungswandels die Synekdoche an, die auf einer „Teil-Ganzes-Beziehung“ beruht.[1]

Bedeutungsverengung und Bedeutungserweiterung

Bedeutungsverengung ist (nach Leonard Bloomfield, Andreas Blank und Joachim Grzega) ein Bedeutungswandel, bei dem der Oberbegriff zum Unterbegriff wird. Sprich, der Bedeutungsumfang wird kleiner, dadurch dass noch weitere, spezialisierende Merkmale zu dem ursprünglichen Inhalt dazugekommen sind.

Bedeutungserweiterung (Amplifikation) ist der umgekehrte Prozess.

Beispiel: Germanisch deuza bezeichnet ursprünglich „wildes Tier“. Im Englischen wurde das Wort später nur für eine bestimmte Art wildes Tier, nämlich das Rotwild verwendet (engl. deer) (Bedeutungsverengung), während im Deutschen das Wort für jede Art von Tier und nicht nur wilde Tiere verwendet wurde (dt. Tier) (Bedeutungserweiterung).

Bedeutungsverbesserung oder -verschlechterung

Bedeutungsverbesserung oder -verschlechterung führt zu einer Änderung der sprachlichen (stilistischen) Ebene. Zum Beispiel kann ein euphemistisch verwendetes Wort die ursprünglich „schlechten“ Eigenschaften des vertretenen Wortes übernehmen und dadurch eine Stufe tiefer sinken (Bedeutungsverschlechterung – siehe auch Euphemismus-Tretmühle). Aber auch das Umgekehrte, eine Bedeutungsverbesserung, ist möglich. Neuere Ansätze (z. B. jener von Andreas Blank) sehen von Bedeutungsverbesserung und -verschlechterung als eigene Typen des Bedeutungswandels ab, weil die Frage nach „besser“ und „schlechter“ nicht neutral beantwortet werden kann; man geht davon aus, dass sich alle Fälle in die weiter oben genannten Kategorien einordnen lassen. Die Bedeutungsverschlechterung wird auch Pejoration genannt, die Bedeutungsverbesserung Melioration.

Literatur

  • Andreas Blank (1997): Prinzipien des lexikalischen Bedeutungswandels am Beispiel der romanischen Sprachen, Tübingen: Niemeyen. Kap. III.4: Bedeutungswandel.
  • Leonard Bloomfield (1933): Language. New York: Allen & Unwin
  • Joachim Grzega (2004): Bezeichnungswandel: Wie, Warum, Wozu? Ein Beitrag zur englischen und allgemeinen Onomasiologie, Heidelberg: Winter
  • Gerd Fritz (2005): Einführung in die historische Semantik. Tübingen: Max Niemeyer Verlag
  • Gerd Fritz (2006): Historische Semantik. 2. Aufl. Stuttgart: Metzler. (Sammlung Metzler, Bd. 313)
  • Rudi Keller, Ilja Kirschbaum (2003): Bedeutungswandel. Eine Einführung. Berlin / New York: De Gruyter
  • Stephen Ullmann (1967): Grundzüge der Semantik. Berlin: de Gruyter. Kap. IV: Historische Semantik, S. 159-237

Einzelnachweise

  1. Zu den rhetorischen Figuren siehe z. B.: Bußmann, Hadumod: Lexikon der Sprachwissenschaft. Kröner, Stuttgart 2002 (3., aktualisierte und erweiterte Auflage Auflage) ISBN 3-520-45203-0

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Bedeutungswandel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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