Wessobrunner Stukkatorenschule

Wessobrunner Stukkatorenschule
Wessobrunner Stuck in der Wallfahrtskirche Steinhausen
spätbarocker Wessobrunner Stuck mit Rokoko-Elementen an der Kirchendecke des ehemaligen Kreuzherrenklosters in Memmingen

Wessobrunner Schule bezeichnet eine Vielzahl von Kunsthandwerkern und Künstlern (großteils Stuckateure), die ab Ende des 17. Jahrhunderts in den Werkstätten der Benediktinerabtei Wessobrunn in Oberbayern ausgebildet wurden. Dort waren zeitweise bis zu 300 Mitarbeiter beschäftigt. Mehr als 600 dieser Stuckateure, Baumeister und Kupferstecher sind namentlich bekannt. Die Wessobrunner beeinflussten im 18. Jahrhundert maßgeblich die Stuckkunst in Süddeutschland, Tirol und der Schweiz und dominierten sie zeitweise.

Der Begriff Wessobrunner Schule wurde erst 1888 von den Kunsthistorikern Gustav von Bezold und Georg Hager geprägt. Als Begründer werden die Baumeister und Stuckateure Caspar Feichtmayr (*1639-1704[?]) und Johann Schmuzer (1642–1701) angesehen.

Inhaltsverzeichnis

Vertreter

Als wichtigste Vertreter gelten die Gebrüder Johann Baptist und Dominikus Zimmermann, die über mehrere Generationen tätigen Schmuzer und die Familie Feichtmayr/Feuchtmayer. Einige Wessobrunner arbeiteten auch als Baumeister, wie etwa Johann und Joseph Schmuzer oder Dominikus Zimmermann. Andere wichtige Familien waren die Finsterwalder, Gigl, Merck, Rauch, Schaidauf, Übelher und Zöpf.

Entwicklung des Stuckateurshandwerks

Die Stuck-Technik wurde bereits um 7000 v. Chr. angewendet und erlebt im Renaissance-Italien eine Blüte. In Deutschland trat sie erstmals in der Residenz Landshut um 1545 auf. Wenn Michael Wening in seinem Werk "Historico-Topographica Descriptio" (1. Teil) anno 1701 erwähnte, die Bewohner der zum Kloster Wessobrunn gehörenden Dörfer Gaispoint und Haid wirkten überwiegend als Stuckatoren und Maurer, so impliziert das eine länger zurückreichende Tradition.

In Bayern gingen Ende des 16. Jahrhunderts einheimische Maurer und Steinmetze mit italienischen Stuckateuren eine Allianz ein. Im 17. Jahrhundert entwickelte sich in Wessobrunn das bedeutendste Stuckatorenzentrum des damaligen Europa, an das im 18. Jahrhundert die wichtigsten Aufgaben nicht nur in Süddeutschland, sondern auch in Frankreich, Polen, Ungarn und Russland vergeben wurden. Die italienische Konkurrenz konnte nicht mithalten.

Ab etwa 1750 ließ die Bautätigkeit allgemein nach; die meisten großen Rokoko- und Wallfahrtskirchen waren vollendet. Auch wenn es nochmals eine frühklassizistische Bauwelle zwischen 1775 und 1790 gab, sank die Zahl der Stuck-Künstler. Die 1783 gegründete "Gesellschaft der Stuccatoren" hatte noch 68 Mitglieder, 1798 waren es 27 und 1864 nur noch 9 Mitglieder.

Höhepunkt dieser Dekorationskunst war die von Domenikus Zimmermann erbaute und stuckierte sowie von seinem Bruder Johann Baptist freskierte Wallfahrtskirche Wies (1744 ff.). In diesem Bau wurden sogar Architekturelemente gleichsam zum Ornament.

Die Arkadenbögen im Chor etwa sind nichts anderes als monumentale, durchbrochene Rocaille-Kartuschen. Den Schritt zu dieser kompromisslosen Übertragung der Rocaille auf die Architektur vollzog allerdings nur Dominikus Zimmermann.

Als man in Bayern 1770 vom plastischen Stuck abkam und eine Verordnung mehr Nüchternheit und Sachlichkeit forderte, war den Wessobrunnern gewissermaßen die Existenzberechtigung entzogen.

Die Ausstrahlung der Wessobrunner Stuckateure ist in zahlreichen europäischen Ländern zu beobachten, vor allem auch im benachbarten westlichen Österreich.

Siehe auch

Literatur

  • Hugo Schnell, Uta Schedler: Lexikon der Wessobrunner Künstler und Handwerker. Schnell und Steiner, München und Zürich 1988, ISBN 3-7954-0222-0
  • Johannes Goldner u. a.: Wessobrunner Stukkatorenschule. Pannonia, Freilassing 1992, ISBN 3-7897-0209-9
  • Hans Rohrmann: Die Wessobrunner des 17. Jahrhunderts. Die Künstler und Handwerker unter besonderer Berücksichtigung der Familie Schmuzer. EOS, St. Ottilien 1999, ISBN 3-8306-7015-X
  • Dr. Peter Dörfler. "Die Wessobrunner", Roman um ein deutsches Künstlerdorf. Kösel-Verlag München 1957, 1. Auflage: 1941

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