- Westthrakien-Türken
-
Die Westthrakien-Türken (Eigenbezeichnung: Batı Trakya Türkleri), auch muslimische Griechen genannt, sind eine türkische Minderheit in Westthrakien. Sie fielen ebenso wie die Istanbuler Griechen nicht unter das türkisch-griechische Abkommen über den Bevölkerungsaustausch vom 30. Januar 1923. Ihre Zahl wird auf 80.000 - 120.000 Personen geschätzt.[1]
Inhaltsverzeichnis
Definition
Die Westthrakien-Türken sprechen Türkisch beziehungsweise alt-türkische Dialekte und sind sunnitische Muslime. Allerdings handelt es sich um eine heterogene muslimische Minderheit, die aus drei unterschiedlichen Volksgruppen besteht:
- ethnische Türken, die seit dem späten 14. Jahrhundert in dem Gebiet um Komotini, Xanthi und Alexandropoulis des damaligen Osmanischen Reiches siedelten;
- die slawische Bevölkerungsgruppe der Pomaken, die schon vor der Zeit des Osmanischen Reiches in dieser Region ansässig war;
- Roma, die ursprünglich christliche Zuwanderer waren, überwiegend im westlichen Thrakien lebten und während der Zeit des Osmanischen Reiches den muslimischen Glauben annahmen. Ihre Umgangssprache war ursprünglich Romani, das noch von einigen beherrscht wird. Inzwischen spricht die Mehrheit dieser Gruppe verschiedene türkische Dialekte als Muttersprache.
Geschichte
Spätestens seit dem 14. Jahrhundert siedelten sich in Westthrakien türkischsprachige Muslime an. Die Region gehörte zum Territorium des Osmanischen Reiches. Im ersten Balkankrieg wurde Westthrakien von den Bulgaren besetzt. Doch die Siegermächte konnten sich nicht über die Aufteilung der neuen Territorien einigen, so dass es 1913 zum zweiten Balkankrieg zwischen Bulgarien auf der einen Seite und Griechenland und Serbien auf der anderen Seite kam. Die Bulgarische Armee zog sich darauf hin Richtung Rhodopen-Gebirge ab. Am 25. September 1913 wurde die Provisorische Regierung Westthrakien ausgerufen, die seitens Griechenlands und des Osmanischen Reiches unterstützt wurde. Die Unabhängigkeit dauerte 53 Tage, bis Bulgarien die Region erneut besetzte.
Heute beträgt ihre Zahl etwa 80.000 - 120.000 Personen. Nach den Lausanner Dokumenten lag die türkische Einwohnerzahl im Jahre 1923 in Westthrakien bei 129.120 und stellte damit 68 Prozent der Bevölkerung in diesem Gebiet. Heute liegt ihre Zahl deutlich unter 50 Prozent.
Rechtsstatus
Gemäß dem Lausanner Vertrag genießen die Muslime im westlichen Thrakien (Türken, Pomaken und Roma) Minderheitenschutz. Es ist ihnen erlaubt, ihre eigenen religiösen Einrichtungen zu pflegen. Türkisch im westlichen Thrakien ist von Rechts wegen als Minderheitensprache in Griechenland anerkannt. Im Zeitraum von 1955 bis 1998 wurde 60.000 Angehörigen der Minderheit die Staatsbürgerschaft aberkannt.[2]
Die muslimische Minderheit bildete Anfang der 90er Jahre Parteiformationen. Diese waren zeitweise durch zwei Abgeordnete (die Türken Sadık Ahmet und İbrahim Şerif) im griechischen Parlament vertreten, was jedoch nach der Erhöhung der Ein-Prozent- auf eine Drei-Prozent-Hürde nicht mehr gelang (Diese Drei-Prozent-Hürde gilt auch für unabhängige Kandidaten). In der jetzigen Legislaturperiode stammt der Abgeordnete İlhan Ahmet der konservativen Nea Dimokratia aus der muslimischen Minderheit.
Konfliktpunkte mit dem griechischen Staat bestehen in der aktuell untersagten Benennung von Vereinen unter Verwendung des Adjektivs „türkisch“ (trotz zwei Urteile zu gunsten der Türkischen Union von Xanthi-Iskece Türk Birligi seitens des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte wird die Vereinigung nicht zugelassen) und dem Anliegen, die führenden islamischen Rechtsgelehrten (Muftis), die zur Zeit als Beamte vom Staat ernannt werden, durch Wahlen zu bestimmen.
Verschiedenes
Für die Kinder der türkischen Minderheit besteht eine Schulpflicht von sechs Jahren. Über den Besuch der weiterführenden Minderheitenschulen in Xanthi (İskeçe) oder Komotini (Gümülcine) entscheidet ein Losverfahren, da nicht genügend Plätze vorhanden sind. Viele Westthrakien-Türken entscheiden sich, ihre Kinder an allgemeine Schulen zu schicken.
Einige Zeitungen und Wochenzeitschriften sowie lokale Radiosender bringen Beiträge auf Türkisch. Das örtliche öffentlich-rechtliche Radio sendet Nachrichten auf Türkisch, und die Gemeinde Komotini bietet einen der türkischen Satellitenkanäle an.
Siehe auch
Föderation der Westthrakien-Türken in Europa
Einzelnachweise
Weblinks
Kategorien:- Ethnische Minderheit in Griechenland
- Türkische Diaspora
Wikimedia Foundation.