Wilder Urlaub

Wilder Urlaub
Filmdaten
Originaltitel Wilder Urlaub
Produktionsland Schweiz
Originalsprache Schweizerdeutsch, Französisch, Italienisch
Erscheinungsjahr 1943
Länge 84 Minuten
Stab
Regie Franz Schnyder
Drehbuch Franz Schnyder,
Richard Schweizer,
Kurt Guggenheim
Produktion Lazar Wechsler
Musik Robert Blum
Kamera Emil Berna
Schnitt Hermann Haller
Besetzung
  • Robert Trösch: Mitrailleur Hermelinger
  • Paul Hubschmid: Fritz Hablützel
  • Robert Freitag: Wachtmeister Epper
  • Adolf Manz: Emil Ruttishuser
  • Sylva Denzler: Emma Quadri
  • Johannes Steiner: Dr. Krebser (Arzt)
  • Elfriede Volker: Frau Ruttishauser
  • Max Werner Lenz: Lampenverkäufer
  • Bethli Rutishauser: Lorli Ruttishuser

Wilder Urlaub (in der französischsprachigen Schweiz: La Nuit sans Permission) ist ein Schweizer Spielfilm des Regisseurs Franz Schnyder aus dem Jahr 1943, der auf dem gleichnamigen Roman von Kurt Guggenheim aus dem Jahr 1941 basiert.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Wilder Urlaub schildert eine schicksalshafte Nacht im Leben eines Schweizer Soldaten während des Zweiten Weltkriegs. Mitrailleur Hermelinger mietet in der Zürcher Altstadt bei der Familie Ruttishuser ein Mansardenzimmer. Er ist auf der Flucht, weil er im Streit seinen Vorgesetzten Wachtmeister Epper erschlagen hat. Beim Versuch, im Nebenzimmer zivile Kleider zu stehlen, wird er von dessen Mieter, dem Studenten Fritz Hablützel, überrascht. Dieser ist Offizier und besitzt als solcher eine Pistole, die Hermelinger aber an sich bringt. Als sich ein Schuss aus der Waffe löst, gibt Hermelinger den Widerstand auf und legt ein Geständnis ab.

In einer Rückblende wird gezeigt, wie sich die einstigen Schulfreunde Hermelinger und Epper zunehmend entfremdet haben: Epper als Sohn aus gutem Hause begann den Arbeitersohn Hermelinger zu meiden, und im Militärdienst nutzt er seinen höheren Rang aus, um Hermelinger zu schikanieren, bis dieser im Affekt mit einem Stein zuschlug.

Zurück in der Gegenwart wird Hermelinger von seinem Vermieter Emil Ruttishuser gebeten, einen Arzt zu holen: Seine Tochter Lorli ist schwer krank, und der Vater befürchtet das Schlimmste. Die Situation böte Hermelinger eine gute Gelegenheit zur Flucht, doch schliesslich erfüllt er seine Aufgabe. Danach setzt er sich in eine Gastwirtschaft; als diese schliesst, bietet ihm die Serviertochter an, in ihrem Zimmer zu übernachten. Doch Hermelinger hat einen Albtraum, und die Serviertochter bekommt es mit der Angst zu tun. Hermelinger flieht durch das verdunkelte Zürich, entkommt dabei der Polizei, welche die Ausgangssperre überwacht. Im Haus von Ruttishuser trifft er wieder auf Hablützel, der sich gerade daran macht, zu seiner Einheit einzurücken. Er gesteht nun seinerseits Hermelinger, dass er sowohl seine Eltern als auch die Armee getäuscht habe, weil er gar nicht mehr studiere.

Am nächsten Morgen hat Lorli Rutishuser die kritische Phase ihrer Krankheit überstanden. Hermelinger nimmt im Zürcher Hauptbahnhof den Zug nach Marseille, steigt aber wenig später in Dietikon aus, wo seine Einheit stationiert ist, um sich der Militärjustiz zu stellen. Im Quartier angekommen wird er von Wachtmeister Epper empfangen, der lediglich verletzt ist. Beeindruckt von Hermelingers Mut überwindet Epper die bisherige Distanz und duzt seinen einstigen Schulfreund wieder.

Hintergrund

Wilder Urlaub bildet den Abschluss von Guggenheims Frühwerk mit den von Hauswirth sogenannten psychologisch-impressionistischen Romanen. Diese bewegen sich thematisch zwischen Ausbruch und Heimkehr, verbindende Elemente sind die Betonung des Schuldmotivs, die symbolische Bedeutung der Nacht und der Affinität zum Verbrechertum.

Die Idee zu Wilder Urlaub hatte Guggenheim in seiner Dienstzeit um die Jahreswende 1939/40, die er - wie seine Romanfigur - als Mitrailleur in Dietikon verbrachte. Es scheint, als hätte Guggenheim den ganzen Roman während seiner Militärzeit entwickelt; wieder heimgekehrt dauerte die Niederschrift keine zwei Monate.

1941 interessierte sich Leopold Lindtberg, der Regisseur von Filmen wie Wachtmeister Studer und Landammann Stauffacher, für eine Verfilmung von Wilder Urlaub. Kurt Guggenheim stellte ein Exposé seines Romans zusammen, entfernte darin vorsorglich alle Elemente, die auf den Widerstand der Militärzensur hätten stossen können, und reichte es bei der Praesens-Film ein. Diese wandte sich früh an das Militärdepartement des Kantons Zürich, das im Februar 1942 seinen Bescheid gab. In den Augen des Militärs war an dem Film grundsätzlich nichts auszusetzen, einzig die negative Charakterisierung von Wachtmeister Epper wurde beanstandet und es wurde empfohlen, den tätlichen Angriff auf ihn als Affekthandlung darzustellen.

Ein Jahr später, als das Projekt spruchreif war, wurde der Praesens-Film von anderer Militärstelle mitgeteilt, dass eine „interessierte Militärstelle“ habe verlauten lassen, eine Verfilmung von Wilder Urlaub könne seitens des Militärkommandos nicht geduldet werden. Lazar Wechsler, Direktor der Praesens-Film, antwortete darauf, dass aufgrund des vormaligen positiven Bescheids verbindliche Verträge abgeschlossen worden seien, von denen sich die Praesens-Film nicht ohne enorme finanzielle Verluste zurückziehen könne. Es folgte ein Briefwechsel zwischen Wechsler und der „interessierten Militärstelle“, in dessen Verlauf Wechsler herausfand, dass es sich um den Chef der Abteilung für Nachrichten- und Sicherheitsdienst handelte, ein Offizier, der offensichtlich die Entscheide der Sektion Film letztverantwortlich bestimmte. Dank dem Verhandlungsgeschick Wechslers konnten alle Argumente von Oberstleutnant Schafroth, dem besagten Offizier, entkräftet werden. Der Film passierte am 25. September 1943 unbeanstandet die Zensur.

Rezeption

Wilder Urlaub wurde am 2. Oktober 1943 im Zürcher Kino Urban uraufgeführt. Das formal im Stil des film noir gehaltene Werk wurde von der Kritik sehr positiv aufgenommen, fiel aber beim Publikum durch. Gottlieb Duttweiler, Mitglied des Verwaltungsrats der Praesens-Film, vermittelte den Film im Tausch gegen Lebensmittel für die Migros nach Deutschland und verhinderte so ein finanzielles Desaster. Für den Regisseur Franz Schnyder bedeutete dieser Misserfolg, dass er die Vorbereitungen an seinem nächsten Filmprojekt Der Landesverräter einstellen musste und während zehn Jahren keinen Film mehr drehen konnte.

Literatur

  • Hervé Dumont: Geschichte des Schweizer Films: Spielfilme 1896 - 1965. Lausanne 1987. S. 367-371.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Wilder Westen inclusive — ist ein dreiteiliges Fernsehspiel von Dieter Wedel aus dem Jahr 1988. Filmdaten Deutscher Titel Wilder Westen inclusive Produkti …   Deutsch Wikipedia

  • Kurt Guggenheim — (* 14. Januar 1896 in Zürich; † 5. Dezember 1983 ebenda) war ein Schweizer Schriftsteller. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Auszeichnungen 3 Werke …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Schnyder — (* 5. März 1910 in Burgdorf, Kanton Bern; † 8. Februar 1993 in Münsingen) war ein Schweizer Filmregisseur. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Filmografie 3 Filmdokumenta …   Deutsch Wikipedia

  • Hubschmid — Paul Hubschmid (* 20. Juli 1917 in Aarau; † 1. Januar 2002 in Berlin) war ein Schweizer Film und Theaterschauspieler. Der Sohn eines Buchhalters absolvierte 1937 das Max Reinhardt Seminar in Wien und gab sein Bühnendebüt am dortigen Deutschen… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste bedeutender Schweizer Filme — Diese Liste enthält bedeutende Schweizer Filme, die international oder national erfolgreich waren oder wichtige Filmpreise eingeholt haben. Die Titel sind nach Jahren sortiert. Zu jedem Film sind in der Regel der Regisseur und gegebenenfalls die… …   Deutsch Wikipedia

  • Robert Freytag — Robert Peter Freytag (* 7. April 1916 in Wien), später Robert Freitag, ist ein österreichischer Schauspieler und Regisseur. Seine Ausbildung erhielt er am Wiener Reinhardt Seminar. Ab 1941 war er am Schauspielhaus Zürich als Schauspieler tätig,… …   Deutsch Wikipedia

  • Schweizer Filmgeschichte — Die Schweizer Filmgeschichte begann sich im internationalen Vergleich erst spät zu entwickeln. Bis zu Beginn der Tonfilmzeit um 1930 verfügte die Schweiz über keine etablierte Filmindustrie. Die kulturelle Besonderheit der Schweiz, in drei grosse …   Deutsch Wikipedia

  • Schweizerische Filmgeschichte — Die Schweizer Filmgeschichte begann sich im internationalen Vergleich erst spät zu entwickeln. Bis zu Beginn der Tonfilmzeit um 1930 verfügte die Schweiz über keine etablierte Filmindustrie. Die kulturelle Besonderheit der Schweiz, in drei grosse …   Deutsch Wikipedia

  • Emil Berna — (* 2. April 1907 in Zürich; † 16. Oktober 2000 ebenda) war ein Schweizer Kameramann. Er wirkte als Graphiker schon 1924/25 an dem deutschen Dokumentarfilm Wege zu Kraft und Schönheit mit. Dann wurde er Chef der Zeichentrickabteilung der… …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann Haller (Cutter) — Hermann Haller (* 15. Dezember 1909 in Zürich, Schweiz; † 21. Juni 1985 in Boswil, Schweiz) war ein schweizerischer Cutter, Filmregisseur und Drehbuchautor. Leben Hermann Haller begann vierzehnjährig als Filmkritiker und verschaffte sich an der… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”