- Wilhelm Brasse
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Wilhelm Brasse (* 3. Dezember 1917) ist Fotograf und ein polnischer Überlebender des KZ Auschwitz I (Stammlager). Er war vier Jahre lang als Häftling Lagerfotograf im Konzentrationslager.
Brasse wurde als Sohn eines Österreichers und einer Polin geboren. Er begann eine Lehre als Fotograf in Kattowitz. Zum Zeitpunkt des deutschen Einmarsches in Polen 1939 war er polnischer Soldat. 1940 wurde er beim Versuch, sich nach Ungarn durchzuschlagen, von den Deutschen gefangengenommen.[1] Die Deutschen stellten ihn vor die Wahl, entweder in die Wehrmacht einzutreten oder in die Gefangenschaft zu gehen. Brasse entschied sich für letzteres und wurde am 31. August 1940 ins KZ Auschwitz gebracht, damals noch ein Lager für polnische Gefangene.
Nach zwei Wochen Quarantäne und monatelanger Zwangsarbeit wurde er von der SS/Gestapo als Fotograf beim Erkennungsdienst eingesetzt. Dort war es seine Hauptaufgabe, die ankommenden Häftlinge für die Lagerkartei zu fotografieren. Insgesamt fotografierte er 40.000 bis 50.000 Personen. 1942 trafen die ersten jüdischen Gefangenen im Konzentrationslager Auschwitz ein, und Ärzte wie Josef Mengele begannen ihre menschenverachtenden Experimente. Brasse musste die Opfer dieser Experimente fotografieren. Im Juli 1943 werden die erkennungsdienstlichen Aufnahmen der Häftlinge auf Befehl des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin im Lager weitgehend eingestellt. Grund ist der Mangel an Fotomaterial. Nur noch deutsche Gefangene werden bis Januar 1945 fotografiert.
Obwohl Brasse und die anderen Mitarbeiter des Erkennungsdienstes streng überwacht wurden, gelang es ihnen Dokumente zu fälschen, die anderen Gefangenen bei der Flucht halfen, und Informationen zum polnischen Untergrund in Krakau zu schmuggeln. Kurz vor der Befreiung im Januar 1945 bekam Brasse den Auftrag, die Fotografien zu vernichten, um die Beweise für den Massenmord zu beseitigen. Er zündete die Abzüge und Negative an, die aber nur schwer brannten, und löschte sie wieder, sobald sein Vorgesetzter den Raum verlassen hatte. Aus diesem Grund sind diese Zeugnisse der Verbrechen von Auschwitz erhalten geblieben.
Wilhelm Brasse verließ Auschwitz am 21. Januar mit dem letzten Gefangenentransport. In offenen Kohlewaggons wurden die Häftlinge bei eisiger Kälte vier Tage bis zum KZ Mauthausen in Niederösterreich gefahren, später weiter ins Nebenlager Melk. Dort wurde Brasse am 6. Mai von den Amerikanern befreit. Die Negative blieben in dem Schrank in Oswiecim.
Nach dem Krieg wollte Brasse zunächst wieder als Fotograf arbeiten, aber seine Zeit im KZ Auschwitz hatte ihn derart traumatisiert, dass er sich außer Stande sah, jemals wieder durch ein Okular zu sehen. Heute lebt er in Żywiec, nur wenige Kilometer von Oswiecim entfernt. Er leidet noch immer unter den körperlichen Folgen der Misshandlungen, die er dort erlitten hat. Der Dokumentarfilmer Irek Dobrowolski hielt 2005 seine Geschichte im TV-Film „Portrecista“ (Der Porträtfotograf, engl. 52 Min.) fest.
Einzelnachweise
- ↑ Marian Kummerow: »Ich habe nie wieder ein Foto gemacht.« Neues Deutschland vom 27. Januar 2009
Weblinks
- Fotograf in Auschwitz - Viertel Sekunde, Blende 16, in: Süddeutsche Zeitung vom 1. Juni 2009
- Gerhard Gnauck: Grußkarten mit Blumenmotiv - Artikel über Wilhelm Brasse in Die Welt
- Janina Struk: 'I will never forget these scenes' - Bericht im Guardian (englisch)
- Henryka Wach-Malicka: Pasja i cierpienie. Wilhelma Brasse wspomnienie Auschwitz (polnisch)
- Sybille Korte: Chronist wider Willen, Berliner Zeitung, 26. Januar 2010, ISSN 0947-174X, abgerufen am 28. Januar 2010
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