Beirat (Stadtteilparlament in Bremen)

Beirat (Stadtteilparlament in Bremen)

In der Stadtgemeinde Bremen werden zur Wahrnehmung örtlicher Angelegenheiten 22 Beiräte gewählt. Obwohl die Beiräte in Bremen ein Verwaltungsorgan sind, fungieren sie als Stadtteilparlamente mit eingeschränkten Entscheidungsmöglichkeiten und eigenen Haushaltsmitteln für stadtteilbezogene Maßnahmen. Hintergrund ist, dass die kommunale Vertretung, die Stadtbürgerschaft, aus den stadtbremischen Abgeordneten des Landesparlaments, der Bremischen Bürgerschaft, besteht und keine Volksvertretung wie z. B. in Hamburg auf der Bezirksebene existiert.

Inhaltsverzeichnis

Örtliche Zuständigkeit

Die Beiräte werden jeweils für einen Stadtteil gebildet. Die Ortsteile Blockland, Borgfeld, Oberneuland, Seehausen und Strom, die ohne Stadtteilebene direkt einem Stadtbezirk zugeordnet sind, haben jeweils einen eigenen Beirat. Die Angelegenheiten der Ortsteile Industriehäfen sowie Hohentorshafen und Neustädter Hafen werden von den Beiräten Gröpelingen bzw. Woltmershausen wahrgenommen. Das Stadtbremische Überseehafengebiet Bremerhaven ist der einzige beiratsfreie Ortsteil der Stadtgemeinde Bremen.[1]

Wahl und Zusammensetzung

Wahlberechtigt sind alle Deutschen sowie Unionsbürger, die im Beiratsbereich gemäß § 1 des Bremischen Wahlgesetzes an der Wahl zur Bürgerschaft teilnehmen können.[2] Das Mindestwahlalter beträgt daher 16 Jahre – seit dem 14. November 2009 aufgrund des Wahlgesetzes, zuvor durch eine Abweichungsregelung im Ortsbeirätegesetz, die durch Ortsgesetz vom 16. Oktober 2006 (BremGBl. S. 436) erfolgte.

Wählbar zu einem Beiratsmitglied sind alle Wahlberechtigten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und im jeweiligen Beiratsbereich wohnen.[3] Die Beiratswahlen finden seit 1991 parallel zu den Bürgerschaftswahlen statt. Die jüngsten wurden am 13. Mai 2007 abgehalten. Erstmals durften auch 16- und 17-Jährige an diesen Wahlen teilnehmen.

Die Beiräte setzen sich aus politisch aktiven, ehrenamtlich tätigen und im Allgemeinen in Parteien organisierten Bürgern zusammen. Die Mitgliederzahl der Beiräte ist abhängig von der Einwohneranzahl der betreffenden Orts- und Stadtteile.[1]

Arbeitsweise der Beiräte

Die Beiräte wählen jeweils mit einfacher Mehrheit einen Beiratssprecher und dessen Stellvertreter, die den Beirat in der Öffentlichkeit und gegenüber den Behörden vertreten.[4]

Die Beiräte tagen in der Regel öffentlich.[5] Zu einer Beiratssitzung lädt der Ortsamtsleiter in Absprache mit dem Beiratsprecher öffentlich ein.[6] Auf Antrag eines Viertels der Beiratsmitglieder kann ebenfalls eine Sitzung einberufen werden. Beiratsbeschlüsse werden auf den Sitzungen mit Stimmenmehrheit gefasst. Der Ortsamtsleiter leitet die Beiratssitzungen ohne Stimmrecht.

Im Allgemeinen berufen die Beiräte Fachausschüsse ein, in denen Beiratssitzungen vorbereitet werden oder über fachspezifische Beiratsangelegenheiten beschlossen wird. In die Ausschüsse können neben Beiratsmitgliedern auch Bürger gewählt werden, die im jeweiligen Beiratsgebiet wohnen. Für bestimmte Aufgaben können auch Ausschüsse gebildet werden, in denen Einrichtungen im Beiratsbereich mit Rederecht vertreten sind. [7]

Die Ortsamtsleiter werden von den jeweiligen Beiräten vorgeschlagen und vom Senat haupt- oder ehrenamtlich berufen.[8]

Aufgaben und Rechte

Die Beiräte fungieren als Stadtteilparlamente und haben eingeschränkte Entscheidungsmöglichkeiten.

Allgemein haben die Beiräte die Aufgabe, über alle öffentlichen Stadtteilangelegenheiten zu beraten und hierzu Stellung zu nehmen, d. h. sich über die Angelegenheiten des Ortsamtes berichten zu lassen, sich mit aus der Bevölkerung kommenden Wünschen, Anregungen und Beschwerden zu befassen, Institutionen, Vereine, Initiativen und sonstige Vereinigungen zu unterstützen, beiratsbezogene Angelegenheiten der sozialen Dienste sowie Anträge zu den Haushaltsvoranschlägen zu beraten und zu beschließen.[9] Das Gesetz beschreibt die Rechte der Beiräte unter den Schlagworten:

  • Informationsrechte (§ 7)
  • Maßnahmen und Planung (§ 8)
  • Beteiligungsrechte (§ 9)
  • Entscheidungs- und Zustimmungsrechte (§ 10)
  • Herstellung von Einvernehmen (§ 11)

Behörden beteiligen Beiräte an ihrer Arbeit indem sie die Beiräte um Stellungsnahmen bitten. Das gilt insbesondere für Flächennutzungspläne, Bebauungspläne, Landschaftprogramme, Festlegung von Sanierungs- und Untersuchungsgebieten, Baugenehmigungen, Aufhebung oder Nutzungsänderung von öffentlichen Einrichtungen, sozial-, kultur- und umweltpolitische Maßnahmen, Vermietung, Ankauf und Verkauf von öffentlichen Flächen und Gebäuden, Ausbau und Umbau von Straßen, Plätzen und Grünanlagen, Maßnahmen zur Grundstücksentsorgung und -entwässerung, Änderung der Verwaltungsbezirke sowie teils für stadtteilbezogene Mittel in den Ressorts .

Entscheidungsrechte haben die Beiräte z.B. bei der Verwendung der für den Beiratsbereich vorgesehenen Mittel (siehe: Globalmittelvergabe), bei stadtteilbezogenen Verkehrsmaßnahmen, bei der Organisation und Durchführung von Gemeinschaftsveranstaltungen im Stadtteil, eingeschränkt bei der Bildung von stadtteilorientierten Partnerschaften, bei eigenen stadtteilorientierten sozial-, kultur- und umweltpolitischen Projekten sowie bei der Benennung von Straßen und Plätzen.[10]

Kann zwischen Beirat und Behörde kein Einvernehmen hergestellt werden, so ist die Behörde verpflichtet, ihr Anliegen mit dem Beschluss des Beirats der zuständigen Deputation zur Beratung vorzulegen. Dabei haben die Beiräte das Recht bei der entsprechenden Deputationssitzung angehört zu werden. In bestimmten Fällen können die Beiräte außerdem eine Beratung bzw. Entscheidung der Stadtbürgerschaft beantragen.[11]

Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Rechte können Beiräte Ausschüsse einsetzen, Mitglieder in örtliche Arbeitskreise und andere Vertretungen entsenden, Behördenvertreter und Sachverständige hören oder Akteneinsicht in den Ortsämtern nehmen.

Globalmittelvergabe

Den Beiräten stehen Mittel für stadtteilbezogene Projekte zur Verfügung (Globalmittel). Initiativen, Vereine aber auch Privatpersonen können diese projektbezogenen Mittel beantragen. Teilweise geben Beiräte bestimmte Kriterien und Stichtage bzgl. der Globalmittelvergabe vor (z. B. der Beirat Neustadt). Die zuständigen Ortsämter beraten bei der Antragsstellung.

Bürger- und Jugendbeteiligung

Ziel des Gesetzes über Beiräte und Ortsämter ist es, mehr Bürgernähe für stadtteilbezogene Entscheidungen sicherzustellen. Es soll insbesondere Verwaltungsverfahren und Entscheidungen transparent machen, bürgerschaftliches Engagement fördern und eine hohe Akzeptanz bei den Bürgern erreichen. Die Bürgerbeteiligung ist daher eine der wichtigsten Aufgaben der Beiräte. [12]

Bürgeranträge

Einwohner, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können sich mit Anregungen, Wünschen und Beschwerden in stadtteilbezogenen Angelegenheiten an die Beiräte wenden. Die Beiräte müssen über diese Anträge binnen sechs Wochen beraten. Das Ortsamt teilt das Beratungsergebnis der Antragsstellerin oder dem Antragssteller schriftlich mit.[13]

Jugendbeteiligung

2004 hat sich der sehr formell agierende Jugendbeirat Schwachhausen[14] gegründet, der zwischenzeitlich zwei Vertreter in den Beirat Schwachhausen entsendete. Durch die Schwachhauser Initiative wurde die Diskussion bzgl. der notwendigen politischen Beteiligung Jugendlicher in vielen Bremer Stadtteilen neu entfacht.

Am 31. Oktober 2006 wurde im Ortsgesetz über Beiräte und Ortsämter der Paragraph 5a eingefügt, der die Einrichtung von Jugendbeiräten regelt. In der Gesetzesfassung vom 2. Februar 2010 wurde die Jugendbeteiligung in den § 6 Bürger- und Jugendbeteiligung integriert.[13] Die Beiräte sind beauftragt, das kommunalpolitische Engagement von Jugendlichen im Beiratsbereich zu fördern und zu unterstützen. Dazu können sie jeweils einen Jugendbeirat gründen. Den Mitgliedern der Jugendbeiräte kann Rede- und Antragsrecht für die Sitzungen der Beiräte gewährt werden.

Folglich gibt es unterschiedliche Ansätze der Jugendbeteiligung auf der Beiratsebene, Beispiele:

  • Im Viertel (Bremen) wird im Viertelparlament ein offener Ansatz verfolgt. Dort können alle Jugendlichen ohne gewählt zu werden mitreden.
  • In Huchting wurde den Jugendlichen mehr Verantwortung übertragen. Dort wurde am 5. November 2009 ein Jugendbeirat von allen wahlberechtigten Huchtinger Jugendlichen im Alter von 13 bis 17 Jahren direkt gewählt. Er umfasst 15 Mitglieder und hat ein eigenes Budget, das ihm vom Beirat Huchting aus seinen Globalmitteln zur Verfügung gestellt wurde. Er ist für 2 Jahre gewählt.

Beiratsübergreifende Zusammenarbeit

Der bisherige Gesamtbeirat entfällt. Statt dessen erhalten die Beiräte die Möglichkeit, sich gegenseitig auszutauschen und ihre Aktivitäten zu koordinieren. Sie bekommen das Recht, durch Beschluss der Mehrheit der Beiräte, eine Beirätekonferenz einzurichten, die öffentlich tagt. Die bisherige Sonderregelung für Bremen-Nord, einen beiratsübergreifenden Bauausschuss zu bilden, wird thematisch und räumlich ausgeweitet. Die Beiräte haben das Recht, gemeinsame Regionalausschüsse einzusetzen. [15]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

Alle Links nach dem Muster § 1 OBG verweisen auf das Ortsbeirätegesetz. Gesetzesportal Bremen, 2. Februar 2010, abgerufen am 12. Oktober 2010.

  1. a b § 1 OBG
  2. § 3 OBG.
  3. § 4 OBG
  4. § 26 OBG
  5. § 14 OBG
  6. § 13 OBG
  7. § 23 OBG
  8. § 35 OBG
  9. § 5 OBG
  10. § 10 OBG
  11. § 11 OBG
  12. Drucksache 17/366S. Gesetzentwurf. Bremische Bürgerschaft, 18. August 2009, abgerufen am 12. Oktober 2010.
  13. a b § 6 OBG
  14. www.Jugendbeirat-Schwachhausen.de. Abgerufen am 12. Oktober 2010.
  15. § 24 OBG

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