Beispiel

Beispiel

Ein Beispiel wird als Erläuterung oder Beweis für etwas Allgemeines oder als musterhafter Einzelfall oder Vorbild herangezogen. Der Duden definiert Beispiel als ein „beliebig herausgegriffener, typischer Einzelfall als Erklärung für eine bestimmte Erscheinung oder einen bestimmten Vorgang; Exempel“.[1]

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Der zweite Wortbestandteil -spiel ist wie in Kirchspiel im Spätmittelhochdeutschen volksetymologisch an Spiel angelehnt worden. Das Grundwort dazu lautete im Althochdeutschen und Angelsächsischem spel für ‚Erzählung, Rede‘, im Altenglischem spell und Altnordischen spjall (auch ‚Zauberspruch‘) oder gotischen spill für ‚Sage, Fabel‘. Im Außergermanischem sind im Griechischem apeilḗ (ἀπειλή) ‚ruhmredige Verheißung, Drohung‘ sowie im Lettischem pelt ‚schmähen, verleumden, tadeln‘ vergleichbar, so dass von einer gemeinsamen Wurzel (s)pel- ‚laut, nachdrücklich sprechen‘ ausgegangen werden kann. In der englischen Sprache wird heute noch mit spell ‚Zauberwort‘ und gospelEvangelium‘ (altenglisch: gōdspel ‚Evangelium‘, wörtlich ‚gute Botschaft‘) bezeichnet.

Das mit bī- (‚bei‘) zusammengesetzte westgermanische Kompositum bīspil ‚lehrhafter Spruch, Gleichnis‘ mittelhochdeutsch bīspel, mittelniederdeutsch bīspē̌l, bīspil, mittelniederländische bispel bezeichnete ‚zur Belehrung erdichtete Geschichte, Fabel, Gleichnis, Sprichwort‘; das Altenglische bīspell ‚Beispiel, Gleichnis‘ bedeutete ‚das nebenbei Erzählte‘. Martin Luther verwendetet Beispiel vor allem im Sinne von ‚lehrreiches Faktum zur Nachahmung oder zur Abschreckung‘. Unter Einfluss vom Lateinischen exemplum entwickelte sich seit dem 16. Jahrhundert die Bedeutung ‚Vorbild, Muster‘. Unter französischem Einfluss beruhen die Verbindungen zum Beispiel (nach par exemple) und ohne Beispiel (nach sans exemple) beispielsweise in dem Adverb ‚zum Beispiel‘ Ende des 17. Jahrhunderts sowie das Adjektiv beispiellos ‚einmalig, noch nicht dagewesen, unerhört‘ in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und beispielhaft ‚vorbildlich, mustergültig‘ Anfang des 20. Jahrhunderts.[2]

Rhetorische Stilfigur

Nach Gert Ueding[3] bezeichnet ein Beispiel (lat. exemplum) in der Rhetorik einen Kontext von Beweisen und Argumenten. Für Quintilian ist das Exemplum ein der Rede zugefügter, veranschaulichender Beleg, oder auch „die Erwähnung eines zur Überzeugung von dem, worauf es dir ankommt, nützlichen, wirklichen oder angeblich wirklichen Vorgangs“. Allerdings muss im Gegensatz zu Indizien der Zusammenhang zum Redegegenstand erst noch durch den Autor, bzw. den Redner hergestellt werden. Sie habe aber nicht „bloß Beweis- oder Belegfunktion“, sondern solle „am einsichtigen, anschaulichen, möglicherweise allgemein bekannten Fall einen schwer zugänglichen, spröden oder abstrakten Sachverhalt“ erleuchten und hat somit „auch schmückende, unterhaltende, also emotional bewegende Wirkung“ und gehöre zu den rhetorischen Figuren.

Die Rhetorik unterscheidet dabei drei Typen von Beispielen:

  • Das Beispiel aus dem gegenwärtigen Leben, aus der unmittelbaren Zeitgeschichte. Der Glaubwürdigkeit würde nach Ueding hier einen hohen Wert eingeräumt, „da es aus einer wahren Begebenheit stammt, die allgemein bekannt ist oder nachgewiesen werden kann“.
  • Das Beispiel aus der Geschichte. Das historische Exempel würde wohl am meisten gebraucht, da es „nicht nur auf Wahrheit beruhe, sondern darüber hinaus autoritätshaltig“ sei. Es ist – so Ueding – „auch das durch die Geschichte schon bewährte, durch vorbildliche historische Personen bekräftigte, in seinen Auswirkungen weitgehend überschaubare Geschehen, das die Überzeugungskraft der Tradition mitbringt“.
  • Das poetische Exempel; seine Glaubwürdigkeit sei geringer, „weil ihm historische Wahrheit gar nicht oder nur in einem sehr vermittelten Sinne zukommt.“ Doch könne es „eine existenzielle, religiöse oder allgemein geistige Wahrheit vermitteln“ und so „in vielen Bereichen der öffentlichen Rede wirksamer, ja glaubwürdiger sein als das empirisch stichhaltige Faktum.“ Beispielsweise wird in Ferdinand Freiligraths Gedicht Hamlet von 1844, das mit der Zeile beginnt „Deutschland ist Hamlet“, der zaudernde Hamlet mit der politischen Situation des vormärzlichen Deutschlands verglichen.

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Beispiel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Beispiel auf duden.de, abgerufen am 12. September 2011
  2. Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Berlin 1993, ISBN 3-05-000626-9. Taschenbuchausgabe: Ungekürzte, durchgesehene Ausgabe, 7. Aufl. dtv, München 2004, ISBN 3-423-32511-9, Online bei DWDS
  3. Gert Ueding: Rhetorik des Schreibens. Eine Einführung. Weinheim, 4. Auflage, 1996. S. 63-83, online auf mediaculture online

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