Winkelschreiberei

Winkelschreiberei

Der Ausdruck Winkeladvokat oder Winkelschreiber bezeichnet ursprünglich eine Person, die sich, ohne Rechtsanwalt (früher Advokat genannt) zu sein, berufsmäßig damit befasst, gegen Entgelt die Rechtsangelegenheiten anderer zu erledigen.

Zu früheren Zeiten, als die Rechtsberatung gesetzlich noch nicht oder in anderer Weise als heute geregelt war, hatten solche freischaffenden Berater oder Geschäftsbesorger in Gegenden, in denen es keine professionellen Anwälte gab, oder gegenüber Personen, die keinen Anwalt in Anspruch nehmen konnten, eine durchaus erhebliche Bedeutung.

Der Begriff Winkeladvokat entstand wohl im Laufe des 19. Jahrhunderts und bezieht sich nach allgemein verbreiteter Meinung auf einen Advokaten, der unbefugt und heimlich „im Winkel“, also versteckt, arbeitet[1]. Einer volksetymologischen These ungeklärter Herkunft zufolge könnte der Ausdruck auch von dem lateinischen Wort vinculum („Band“) abgeleitet sein, das im übertragenen Sinn auch so viel wie „Fessel“, „Haft“ bzw. „Gefängnis“ bedeuten kann. Der Begriff Winkeladvokat bezeichnet aber nicht den Anwalt, der hauptsächlich Straftäter, etwa bereits einsitzende Kleinkriminelle und ähnliche Mandanten, vertritt. Vielmehr war der „advocatus vinculi“, ein Fürsprecher in Sachen ehelicher oder kirchlicher Bande[2].

Heute ist Winkeladvokat eine abwertende Bezeichnung für einen Anwalt, dem es an juristischen Kenntnissen mangelt, der dies jedoch zu überspielen versucht und auch auf unlautere Methoden nicht verzichtet.

Die sogenannte Winkelschreiberei, also die Arbeit als Rechtsbeistand ohne entsprechende Qualifikation, war in Deutschland gemäß Art. 1 Abs. 1 Rechtsberatungsgesetz verboten, ab Mitte 2008 ist die Rechtslage für unentgeltlichen Rechtsrat, sogenannte Annexberatung und für nicht-anwaltliche Volljuristen durch das Rechtsdienstleistungsgesetz liberalisiert. Für Österreich siehe u. a. die Winkelschreibereiverordnung, RGBl. Nr. 114/1857.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Ernst Kretschmer: Die Welt der Galgenlieder Christian Morgensterns und der viktorianischer Nonsense. Berlin/New York 1983. S. 207
  2. Kai von Lewinski, Grundriss des Anwaltlichen Berufsrechts, 2. Aufl. Baden-Baden 2008, S. 40 Fn. 84

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