Wirbelstrom

Wirbelstrom

Wirbelstrom (engl. eddy current) nennt man einen Strom, der in einem ausgedehnten elektrischen Leiter, in einem sich zeitlich ändernden Magnetfeld oder in einem bewegten Leiter in einem zeitlich konstanten, dafür räumlich inhomogenen Magnetfeld induziert wird. Der Name wurde gewählt, weil die Induktionsstromlinien wie Wirbel in sich geschlossen sind und keine festen Bahnen haben.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Fällt eine metallische Scheibe geradlinig durch ein senkrecht zu ihr verlaufendes Magnetfeld, induziert dieses in der Scheibe Wirbelströme, die ihrerseits wiederum zwei Magnetfelder erzeugen, die die Scheibe abbremsen. (I: konventionelle Stromrichtung)

Wirbelströme erzeugen ihrerseits ein Magnetfeld, das gemäß der Lenzschen Regel der Änderung des Feldes entgegen wirkt. Dadurch wird bei hohen Frequenzen und großen Querschnitten der Strom aus der Mitte des Leiters verdrängt (Skin-Effekt).

Hat der Leiter einen endlichen elektrischen Widerstand, erwärmt er sich. Diesen Wirbelstromverlusten entspricht im Fall des sich zeitlich ändernden Magnetfeldes eine von 90° abweichende Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung in der anregenden Spule bzw. im Fall der Relativbewegung zwischen Feld und Leiter eine bremsende Kraft. Die Kraft skaliert linear, die Verlustleistung quadratisch mit der Frequenz bzw. der Geschwindigkeit, soweit der Skineffekt vernachlässigbar ist. Insbesondere verschwindet die Kraft, wenn die Relativgeschwindigkeit zwischen Feld und Leiter Null wird.

Eine genaue Berechnung der Stromverteilung und der wirkenden Kräfte erfordert das Lösen der Maxwellschen Gleichungen, für anwendungsnahe Geometrien durch numerische Verfahren.

Nutzanwendungen und Gegenmaßnahmen

Amplitude und Phase der Wirbelströme

Die Wirbelstromprüfung dient der zerstörungsfreien Materialprüfung und Materialcharakterisierung und beruht auf der Messung der Amplitude und Phase von Wirbelströmen.

Die Schirmwirkung nicht ferromagnetischer, metallischer Gehäuse gegen magnetische Wechselfelder beruht auf Wirbelströmen im Gehäuse, deren Magnetfeld die auftreffenden Felder teilweise kompensiert. Die Quantität der Schirmwirkung wird mit der Größe Schirmdämpfung erfasst. Sie ist gut, wenn die Wirbelströme wenig durch elektrischen Widerstand gedämpft werden.

Dämpfung der Ströme führt zu einer Phasenverschiebung gegenüber dem erzeugenden Feld. Beim Spaltpolmotor erzeugt eine Kurzschlusswindung um den Spaltpol ein verzögertes Feld quer zum Hauptfeld und mit diesem zusammen ein Drehfeld. Bei mit Wechselstrom betriebenen Schützen und Zugmagneten verhindert eine Kurzschlusswindung um einen Teil des Ankers, dass die Zugkraft periodisch Null wird. Streng genommen ist der Strom in der Kurzschlusswindung kein Wirbelstrom, da ihm sein Weg durch die Form des Leiters vorgegeben ist.

Kraftwirkung

Kraftwirkungen von durch Wirbelströme erzeugten Magnetfeldern am Beispiel einer sich quer zu den Feldlinien eines äußeren Magnetfelds bewegenden Metallplatte

Ein schnell zunehmendes inhomogenes Magnetfeld stößt gute Leiter ab. Das wird zur Material-Umformung von Blechen und beim Gaußgewehr benutzt.

Die bremsende Kraft zwischen einem Leiter und einem inhomogenen Magnetfeld wird ausgenutzt bei der Wirbelstrombremse von Bahnfahrzeugen, bei Frei-Fall-Türmen, Fahrrad-Ergometern und zur Dämpfung mechanischer Schwingungen beim Rastertunnelmikroskop und in Drehspulmesswerken.

Wenn sich dagegen das Magnetfeld schneller als der Leiter bewegt, nimmt es diesen mit. Auch hier ist die Kraft proportional zur Differenzgeschwindigkeit. In Asynchronmotoren, die auch als Linearmotor ausgeführt sein können, wird das Dreh- bzw. Wanderfeld elektromagnetisch erzeugt. In mechanischen Tachometern und Drehzahlmessern lenkt ein rotierender Permanentmagnet eine Aluminiumscheibe gegen eine Federkraft aus. Ähnlich arbeiten Wirbelstromscheider, mit denen z. B. Aludosen oder -folien aus Abfällen abgetrennt werden.

In Ferraris-Stromzählern wirken Wirbelströme sowohl antreibend als auch dämpfend: Ein aus den zu messenden Größen Strom und Spannung gebildetes magnetisches Wanderfeld treibt eine Aluminiumscheibe an, deren Drehung von einem Permanentmagneten stark gedämpft wird.

Erwärmung

Induktives Erwärmen von Metall (z. B. in Schmelzöfen, Induktionskochfeldern, zum induktiven Härten) nutzt ein magnetisches Wechselfeld. Auch das Getter von Elektronenröhren wird induktiv durch den Glaskolben hindurch erhitzt, um es zu verdampfen.

Wirbelströme im Eisenblock (oben) und in laminierten Blechen (unten)

Oft sind die mit der Erwärmung verbundenen Verluste eine unerwünschte Begleiterscheinung beim Einsatz magnetischer Wechselfelder. Als Maßnahme gegen die Wirbelstromverluste (andere siehe unter Eisenverluste) werden Eisenkerne von Transformatoren und Elektromotoren nicht massiv ausgeführt, sondern „geblecht“. Die Pakete aus meist lackisolierten Elektroblechen werden dabei parallel zu den magnetischen Feldlinien orientiert, sodass die Wirbelstrombahnen unterbrochen sind (siehe Abbildung). Bei Frequenzen über ca. 400 Hz werden für Transformatoren und Drosseln Ferrite oder Pulverkerne eingesetzt.

Leiter für höherfrequente Anwendungen bestehen zur Vermeidung der Stromverdrängung (Skin-Effekt) aus verflochtenen, isolierten, parallel geschalteten Einzelleitern (HF-Litze).

Weblinks

 Commons: Wirbelstrom – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur


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