Yoshida Kenkō

Yoshida Kenkō
Yoshida Kenkō (Idealporträt von Kikuchi Yōsai (1781–1878))

Yoshida Kenkō (jap. 吉田 兼好), wirklicher Name: Urabe-no Kaneyoshi 卜部 兼好; * um 1283, wohl in Kyoto; † um 1350, wohl in der Provinz Iga, heute Präfektur Mie bei Kyoto, war ein japanischer Höfling, Dichter und buddhistischer Mönch.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der kleine Hofbeamte Urabe-no Kaneyoshi - er soll Offizier der Garde gewesen sein - scheint aufgrund seiner dichterischen Exzellenz Zugang zu den höchsten Kreisen gehabt zu haben, gab aber nach dem Tod des Kaisers Go-Uda um 1325 sein Leben am Kaiserhof von Kyoto auf, um buddhistischer Priester der Tendai-Sekte zu werden und unter dem neuen Namen Yoshida Kenkō - Kenkō ist der Vorname - ein Leben als Mönch, jedoch nicht in allzu großer Zurückgezogenheit, zu führen. Er blieb dem Alltagsleben und der Dichtkunst verbunden und fand mit seinem poetischen Werk sogar Eingang in eine offizielle kaiserliche Lyrikanthologie.

Das Hauptwerk Tsurezuregusa

Sein heute bekanntestes Werk ist jedoch die Prosa-Sammlung Tsurezuregusa ("Muße-Blätter"), entstanden um 1330, aber erst um 1352 postum veröffentlicht. Es gehörte zum unverzichtbaren Bildungsgut vieler Generationen von Japanern sowie als Klassiker der japanischen Literatur und galt als Musterbeispiel der in Japan beliebten Zuihitsu-Gattung (d.h. Miszellenliteratur, Essays). Die 243 Abschnitte folgen in vieler Hinsicht dem ästhetischen Konzept des Wabi-Sabi, des Unvollständigen, Unperfekten, Improvisierten, des von der Zeit in Mitleidenschaft Gezogenen sowie des Flüchtigen, Unbeständigen. Kenkōs Prosa ist darüber hinaus - ebenfalls typisch für die Gattung - von Melancholie, Individualismus und Sehnsucht nach der Vergangenenheit gekennzeichnet.

Kapitelüberschriften wie "Frischer Schnee am Morgen" (Nr.31), "Wozu das Hasten und Treiben?" (Nr.75), "Der Mann über 40" (Nr.113), "Hochmut kommt vor dem Fall" (Nr.135) oder "Sieben Loblieder auf mich selber" (Nr.238) zeigen die Breite und Art des Werkes. Stilistisch im lockeren Stil einer Plauderei gehalten, einer heiteren Belehrung, eines Gedankensplitters oder einer Reflexion, verbinden die Abschnitte eigene Erlebnisse und Beobachtungen mit Kuriosa, Anekdoten und moralischen Maximen. Treffsicher und knapp formuliert, erinnern sie in Inhalt und Stil an die dreihundert Jahre später entstandenen "Essais" des Franzosen Michel de Montaigne (1533-1592); als japanisches Vorbild und weibliches Gegenstück wäre die Hofdame Sei Shonagon (um 966-um 1025) mit dem "Kopfkissenbuch" zu nennen.

Die breite Rezeption des "Tsurezuregusa" setzte vor allem im späten 16. Jahrhundert mit den Druckversionen ein; es gehört bis heute zur Pflichtlektüre an höheren Schulen und ist Voraussetzung zum Erwerb des B.A.

Zitate

  • "Nichts spendet größeren Trost, als alleine, still für sich, im Lampenschein vor einem Buch zu sitzen und auf diese Weise Freundschaft mit Menschen aus längst vergangenen Tagen zu schließen."
  • "Wie schmerzlich ist mir der Gedanke, dass all die Dinge, die man ständig um sich hat, einen unbekümmert überdauern, so als sei nichts geschehen."
  • "Die Jugend ist die Zeit, in der man sich selbst ruiniert... Das Alter übertrifft die Jugend zwar an Weisheit, die Jugend aber das Alter an Anmut."

Beurteilung

  • "... ein welterfahrener Gentleman mit einem ausgeprägten Gespür für das, was schön ist in dieser Welt des Wandels, und mit einer tiefen Sehnsucht nach den goldenen Zeiten des Hoflebens während der Heian-Zeit. Seine Stimmungsbilder sind es wohl wert, als das gelesen zu werden, als was man sie bis heute in Japan kennt: als Äußerungen des Guten Geschmacks. Seine religiösen Ansichten sind dagegen weniger aufregend, drängte er doch nicht auf Antworten nach den Problemen unserer Existenz." Mason/Caiger, Japan, S.159[1]

Werke

  • Tsurezuregusa : Betrachtungen aus der Stille. Aus dem Japanischen übertragen von Oscar Benl. Frankfurt a. M. : Insel 1991. ISBN 3-458-33070-4
  • Draußen in der Stille. Klassische Erzählungen, Anekdoten und Aphorismen. Aus dem Japanischen von Jürgen Berndt[2]. Berlin : edition q 1993. ISBN 3-861-24155-2
  • Donald Keene: Essays in Idleness: The Tsurezuregusa of Kenko. Columbia University Press 1998, ISBN 0-231-11255-6

Einzelnachweise

  1. R.H.P. Mason. J.G. Caiger: A History of Japan. Revised edition. Boston u.a. : Tuttle 2004.
  2. http://www2.hu-berlin.de/japanologie/?jp=Nachruf_Berndt

Literatur

  • Wolfram Naumann: Yoshida Kenko. In: Kindlers Neues Literatur Lexikon (KNLL), Bd.17 (1992), S.949-950. - Mit Literaturhinweisen.
  • Linda H. Chance: Formless in Form: Kenko, Tsurezuregusa, and the Rhetoric of Japanese Fragmentary Prose. Stanford : Stanford University Press 1997. - Zugleich Dissertation San Diego : Univ. of California 1990, unter dem Titel An aesthetics of formlessness.

Weblinks

Japanische Namensreihenfolge Japanischer Name: Wie in Japan üblich, steht in diesem Artikel der Familienname vor dem Vornamen. Somit ist Yoshida der Familienname, Kenkō der Vorname.

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