Zahnformel

Zahnformel

Die Zahnformel (auch Gebissformel genannt) ist eine Übersicht über die bei einem Säugetier vorkommenden Zähne. Sie wird in der Regel nur für eine Hälfte des Ober- und Unterkiefers dargestellt, da Gebisse immer spiegelsymmetrisch sind. Beim Menschen werden die Zähne meist in Quadranten aufgeteilt und vom 1. Schneidezahn nach hinten durchnummeriert. Bei Tieren werden die Zahnformen (I=Incisivus [Schneidezahn], C=Caninus [Eckzahn], P=Prämolar [Vormahlzahn], M=Molar [Mahlzahn]) und innerhalb der Zahnformen die Anzahl mit entsprechenden Ziffern nebeneinander gestellt.

Zu beachten ist, dass die meisten Säugetiere nach der Geburt einen Zahnwechsel vollziehen. Im Milchgebiss sind immer weniger Zähne vorhanden als im bleibenden Gebiss.

Die Kenntnis der Zahnformeln ermöglicht das Erkennen von nicht ausgebildeten Zähnen. In der Tierzucht werden solche Individuen häufig von der Zucht ausgeschlossen.

In der Zoologie wird eine kürzere Art von Zahnformeln verwendet, um die Gebisse verschiedener Arten oder höherer Taxa miteinander zu vergleichen: Hier wird ebenfalls nur jeweils eine Kieferhälfte dargestellt, jedoch die Anzahl der Zähne jeder Zahnart in der Reihenfolge Schneidezähne · Eckzahn · Prämolaren · Molaren angegeben (siehe Beispiel beim Hund↓).

Inhaltsverzeichnis

Mensch

Der Kiefer wird beim Menschen in vier Quadranten unterteilt, die Darstellung erfolgt aus Sicht des Betrachters, also frontal von vorn auf das Gesicht; es ergibt sich somit eine Seitenvertauschung Rechts-Links, allerdings nur bei der Schreibweise, indem die Zähne der rechten Gebisshälfte links, die der linken rechts dargestellt werden (s. Abbildung). Der rechte Oberkieferquadrant (aus Sicht des Patienten) erhält die Leitzahl 1 (eins), der linke Oberkiefer die 2, der linke Unterkiefer die 3 und der rechte Unterkiefer die 4. Dieser Zahl wird dann die Zahnzahl, beginnend von der Mitte der Schneidezähne, nachgestellt. Somit hat der linke untere Eckzahn die Zahl 33 (sprich: drei-drei) oder der rechte obere Weisheitszahn die Zahl 18 (sprich: eins-acht). Die gleiche Systematik setzt sich bei den Milchzähnen fort, nur dass hier die Leitzahlen 5, 6, 7 und 8 sind. Schneide- und Eckzähne werden auch als Frontzähne, Vormahl- und Mahlzähne als Seitenzähne bezeichnet.

Diese Zahnformel wurde im Jahre 1970 von der der „Fédération Dentaire Internationale“ (FDI World Dental Federation) entwickelt und wird als FDI-Schema bezeichnet. Dieses Zahnschema ist leicht verständlich und wird weltweit von Fachzeitschriften, in wissenschaftlichen Arbeiten und von den meisten Zahnärzten gebraucht (zu anderen Zahnschemata siehe Artikel: Zahnschema).

Schematisiert wird die Zahnformel beim Menschen so dargestellt (Zahnformel des Menschen bei vollständigem bleibenden Gebiss):

Oberkiefer rechts 1           Oberkiefer links 2
        8 7 6 5 4 3 2 1 | 1 2 3 4 5 6 7 8 
------------------------------------------------- = 32
        8 7 6 5 4 3 2 1 | 1 2 3 4 5 6 7 8 
Unterkiefer rechts 4         Unterkiefer links 3

I - Incisivi (Schneidezähne)
C - Canini (Eckzähne)
P - Prämolaren (Vormahlzähne)
M - Molaren (Mahlzähne)

Da Unter- und Oberkiefer sich gleich verhalten, kann die Formel vereinfacht werden auf:

3 2 1 2  = 32  (also (3M+2P+1C+2I)*4 = 32 Zähne)

Das Milchgebiss des Menschen hat 20 Zähne. Es sind keine Prämolaren und nur 2 Milchmolare pro Quadrant vorhanden.

Oberkiefer rechts 5           Oberkiefer links 6
              5 4 3 2 1 | 1 2 3 4 5 
----------------------------------------- = 20
              5 4 3 2 1 | 1 2 3 4 5 
Unterkiefer rechts 8         Unterkiefer links 7

Hund

3 · 1 · 4 · 2  = 42
3 · 1 · 4 · 3
Bleibendes Gebiss der Hunde

Das bleibende Gebiss der Hunde hat 42 Zähne. Es hat in jeder Kieferhälfte 3 Schneidezähne (Incisivi, I), einen Fangzahn (Caninus, C) und 4 vordere Backenzähne (Prämolaren, P). Im Oberkiefer gibt es 2, im Unterkiefer 3 hintere Backenzähne (Molaren, M).

3 · 1 · 3 · 0  = 28
Milchgebiss der Hunde

Jeweils einer der Backenzähne ist besonders kräftig und wird als Reißzahn (Dens sectorius) bezeichnet. Im Oberkiefer ist es der P4, im Unterkiefer der M1, also immer der drittletzte Zahn. Beide greifen wie eine Schere ineinander und dienen zum Zerreißen von Fleischstücken.

Das Milchgebiss der Hunde hat 28 Zähne. Der P1 und die hinteren Mahlzähne besitzen keine Milchzahnvorgänger. Die Zahnarten werden im Milchgebiss meist mit kleinen Buchstaben gekennzeichnet.

Katzen

3 · 1 · 3 · 1  = 30
3 · 1 · 2 · 1
Bleibendes Gebiss der Katzen
3 · 1 · 3 · 0  = 26
3 · 1 · 2 · 0
Milchgebiss der Katzen

Das bleibende Gebiss der Katzen hat 30 Zähne. Es hat in jeder Kieferhälfte 3 Schneidezähne (Incisivi, I) und einen Eck- oder Hakenzahn (Caninus, C). Im Oberkiefer sind 3, im Unterkiefer nur 2 vordere Backenzähne (Prämolaren, P) ausgebildet. In jeder Kieferhälfte ist nur ein hinterer Backenzahn (Molar, M) vorhanden.

Das Milchgebiss der Katzen hat 26 Zähne. Die hinteren Mahlzähne haben keine Milchzahnvorgänger.

Hasenartige

Das bleibende Gebiss der Hasenartigen hat 28 Zähne. Es hat in jeder Kieferhälfte einen großen Schneidezahn (Nagezahn) (Dens incisivus major, I maj), hinter dem im Oberkiefer noch ein kleiner Dens incisivus minor (I min) (Stiftzahn) steht. Der große und der dahinterliegende kleine Schneidezahn im Oberkiefer sind typisch für alle Hasenartigen und grenzen sie deutlich von den Nagetieren ab. Die vorderen großen Schneidezähne werden zwar auch als Nagezähne bezeichnet, Kaninchen sind aber keine Nagetiere. Eckzähne (Canini) sind nicht ausgebildet. Im Oberkiefer sitzen bei Hasenartigen 3, im Unterkiefer nur 2 vordere Backenzähne (Prämolaren, P). In jeder Kieferhälfte sind 3 hintere Backenzähne (Molaren, M) vorhanden.

Alle Zähne der Hasenartigen sind wurzellose Zähne. Sie haben eine zum Zahnfach hin offene Zahnhöhle (Pulpahöhle) und wachsen zeitlebens.

Graphisch lässt sich die Zahnformel der Hasenartigen so ausdrücken:

I maj
I min
P1 P2 P3 M1 M2 M3
I maj P1 P2 — M1 M2 M3

Das Milchgebiss der Hasenartigen hat 16 Zähne. Die großen Schneidezähne haben keine Milchzahnvorgänger, sondern sind bereits zur Geburt als bleibende Zähne durchgebrochen. Die kleinen Schneidezähne des Oberkiefers werden gewechselt. Die Molaren haben, wie üblich, keine Milchzahnvorgänger. Die Milchzähne werden mit kleinen Buchstaben gekennzeichnet (beachte aber das große I bei I maj, kein Milchzahn), die Zahnformel lässt sich also folgendermaßen darstellen:

I maj
i min
p1 p2 p3
I maj p1 p2 —
Siehe auch: Hechtgebiss

Nagetiere

Das wichtigste Merkmal am Gebiss der Nagetiere (Rodentia) sind die vergrößerten mittleren Schneidezähne (Nagezähne) im Ober- und im Unterkiefer.

Das bleibende Gebiss umfasst 16 oder 20 Zähne. Es hat in jeder Kieferhälfte einen Schneidezahn (Dens incisivus, I, Nagezahn). Die Nagezähne des Unterkiefers sind meist länger als die des Oberkiefers. Hinter ihnen folgt eine als Diastema bezeichnete Lücke. Eckzähne sind nicht ausgebildet. Vordere Backenzähne (Prämolaren, P) sind bei den meisten Arten ebenfalls nicht ausgebildet, bei den Meerschweinchenverwandten (Caviomorpha, zum Beispiel Meerschweinchen, Chinchillas) gibt es jedoch einen. In jeder Kieferhälfte gibt es 3 hintere Backenzähne (Molaren, M).

Ein Zahnwechsel findet meist nicht statt (Monophyodontie), lediglich Meerschweinchenverwandte besitzen Milchzähne, die allerdings schon vor der Geburt durch die bleibenden ersetzt werden.

Die Nagezähne sind generell wurzellose Zähne. Sie haben eine zum Zahnfach hin offene Zahnhöhle (Pulpahöhle) und wachsen zeitlebens. Die Backenzähne haben dagegen bei den meisten Arten ein begrenztes Wachstum. Eine Ausnahme machen wiederum Meerschweinchenartige, bei denen alle Zähne wurzellos sind. Deshalb müssen bei Heimtieren auch die Backenzähne regelmäßig kontrolliert werden.

Graphisch lässt sich die Zahnformel der meisten Nagetiere so ausdrücken:

I1 M1 M2 M3
I1 M1 M2 M3

Für Meerschweinchenverwandte gilt die Formel:

I1 P1 M1 M2 M3
I1 P1 M1 M2 M3

Pferd

Schneidezähne des Unterkiefers eines Pferdes: I1-I3 Schneidezähne, C Caninus (Hengstzahn).

Das bleibende Gebiss der Pferde hat 36–44 Zähne, die Variation kommt zustande weil C und P1 fehlen können. Das Gebiss hat in jeder Kieferhälfte 3 Schneidezähne (Incisivi, I). Der Eck- oder Hakenzahn (Caninus, C) bricht meist nur bei Hengsten durch. Bei Stuten wird er zwar ebenfalls angelegt, durchbricht aber selten das Zahnfleisch. Der erste der 4 vorderen Backenzähne (Prämolaren, P) ist rudimentär und nicht bei allen Tieren ausgebildet. Wenn er angelegt ist, erscheint er nur als kleines stummelförmiges Zähnchen und wird als „Wolfszahn“ bezeichnet. Die 3 hinteren Backenzähne (Molaren, M) sind immer ausgebildet. Graphisch lässt sich die Zahnformel der Pferde so ausdrücken:

I1 I2 I3 C1 (P1) P2 P3 P4 M1 M2 M3
I1 I2 I3 C1 (P1) P2 P3 P4 M1 M2 M3

Das Milchgebiss der Fohlen hat 24–28 Zähne, in Abhängigkeit davon, ob die Milcheckzähne durchbrechen (was nur selten der Fall ist). Der Wolfzahn und die hinteren Backenzähne besitzen keine Milchzahnvorläufer, die Zahnformel lässt sich also folgendermaßen darstellen:

i1 i2 i3 (c1) p2 p3 p4
i1 i2 i3 (c1) p2 p3 p4

i1 und p2-4 brechen meist um die Geburt herum durch, i2 erscheint am Ende des ersten Lebensmonats, i3 mit etwa einem halben bis Dreivierteljahr.

Anhand des Zahndurchbruchs, des Zahnwechsels und der typischen Abnutzungerscheinungen der Zähne lässt sich bei Pferden das ungefähre Lebensalter bestimmen (siehe Zahnaltersschätzung).

Schwein

Das bleibende Gebiss der Schweine hat 44 Zähne. Es hat in jeder Kieferhälfte 3 Schneidezähne (Incisivi, I) und einen Eck- oder Hakenzahn (Caninus, C). Die Mahlzähne werden in 4 vordere Backenzähne (Prämolaren, P) und 3 hintere Backenzähne (Molaren, M) untergliedert. Der P1 im Unterkiefer fehlt bei etwa einem Drittel der Individuen ein- oder beidseitig. Dies stellt keine Abnormität dar, sondern ist Zeichen der laufenden Evolution. Ist der P1 vorhanden, repräsentiert das Gebiss mit 44 Zähnen das ursprüngliche Säugergebiss. Alle 44 Zähne hat außer dem Schwein in Europa nur noch der Maulwurf.

Die Eckzähne der männlichen Tiere (Eber, Keiler) sind wurzellose Zähne. Sie haben eine zum Zahnfach hin offene Zahnhöhle (Pulpahöhle), wachsen zeitlebens und erreichen eine beachtliche Länge, so dass sie seitlich aus der Maulspalte herausragen. Bei männlichen Schweinen wird der Unterkiefereckzahn auch als Hauer oder „Gewehr“, der kürzere des Oberkiefers auch „Haderer“ genannt. Ober- und Unterkiefereckzähne schleifen sich gegenseitig an, so dass sie eine scharfe gefährliche Waffe darstellen. Bei Hausschweinen werden sie meist abgekniffen, um das Betreuungspersonal zu schützen.

Graphisch lässt sich diese Zahnformel so ausdrücken:

I1 I2 I3 C1 P1 P2 P3 P4 M1 M2 M3
I1 I2 I3 C1 P1 P2 P3 P4 M1 M2 M3

Das Milchgebiss der Ferkel/Frischlinge hat 28 Zähne. Der P1 und die Molaren besitzen keine Milchzahnvorläufer, die Zahnformel lässt sich also folgendermaßen darstellen:

i1 i2 i3 c1 p2 p3 p4
i1 i2 i3 c1 p2 p3 p4

Wiederkäuer

Das bleibende Gebiss der Wiederkäuer (Rinder, Schafe, Ziegen …) hat 32 Zähne. Es hat in jeder Unterkieferhälfte 3 Schneidezähne (Incisivi, I), im Oberkiefer gibt es keine Schneidezähne. Der Eckzahn (Caninus, C) ist bei vielen Wiederkäuern ebenfalls nur im Unterkiefer vorhanden, lediglich bei einigen Hirschen kommt er vor. In jeder Kieferhälfte gibt es 3 vordere Backenzähne (Prämolaren, P), wobei phylogenetisch gesehen der erste fehlt und daher mit P2 zu zählen begonnen wird, sowie 3 hintere Backenzähne (Molaren, M). Graphisch lässt sich die Zahnformel der Wiederkäuer so ausdrücken:

— — — P2 P3 P4 M1 M2 M3
I1 I2 I3 C1 P2 P3 P4 M1 M2 M3

Das Milchgebiss der Wiederkäuer hat 20 Zähne. Im Oberkiefer fehlen Schneide- und Eckzähne. Die hinteren Mahlzähne besitzen keine Milchzahnvorgänger, die Zahnformel lässt sich also folgendermaßen darstellen:

— — — p2 p3 p4
i1 i2 i3 c1 p2 p3 p4

Raubwild

Bei der folgenden Eselsbrücke werden nur die Molaren und Prämolaren einer Gebisshälfte genannt. Hinzu kommen jeweils drei Schneidezähne und ein Eckzahn.

Fuchs und Hunde sind geblieben,
oben sechs und unten sieben.

Den Mardern und den Dächsen,
oben fünf und unten sechse.

Dem Iltis und dem Wieseltier,
unten fünf und oben vier.

Und dem Otter im Gesümpf,
oben fünf und unten fünf.

Nur die Katze, mit viel Geschrei,
hat oben vier und unten drei.

Literatur

  • Franz-Viktor Salomon: Zähne. In: Franz-Viktor Salomon u. a. (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke-Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-8304-1007-7, S. 251–264.

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