Zentralrat der Muslime in Deutschland

Zentralrat der Muslime in Deutschland
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Der Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. (ZMD) gilt neben der größeren Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e.V., dem Verband der Islamischen Kulturzentren e.V., der Alevitischen Gemeinde Deutschland e. V. und dem Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland e.V. als einer der wichtigsten islamischen Dachverbände in Deutschland. Gründungsvorsitzender war seit 1994 Nadeem Elyas. Als sein Nachfolger wurde 2006 Ayyub Axel Köhler gewählt. Ihm folgte 2010 Aiman Mazyek, der bisherige Generalsekretär. In der Funktion des Generalsekretärs folgte Mazyek die Rechtsanwältin Nurhan Soykan[1] Sitz des Verbandes und Gerichtsstand ist Köln.[2]

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

Der ZMD organisiert vorwiegend nichttürkische Muslime. Derzeit haben die dem ZMD angeschlossenen Organisationen etwa 15.000 bis 20.000 Mitglieder. Etliche Organisationen arabischer, deutscher und multi-ethnischer Herkunft sind am Zentralrat beteiligt.[3][4][5] Die Bedeutung des Zentralrats ergibt sich u.a. aus dem Umstand, dass er als Verband mit multiethnischem Hintergrund ein gewisses Gegengewicht zum -durch den türkischen Islam geprägten- Islamrat bildet.

Geschichte

Der ZMD ging 1994 aus dem Islamischen Arbeitskreis Deutschland hervor. Bis 2000 war der Verband der islamischen Kulturzentren e.V. mit 22.000 Mitgliedern größter Mitgliedsverband des ZMD. Von der Gründung 1994 bis zum 30. Juni 2006 war Eschweiler Sitz des Zentralrats.[6] Der Zentralrat der Muslime ist Gründungsmitglied des seit April 2007 bestehenden Koordinierungsrats der Muslime.

Ziele

Gemeinsam mit dem Islamrat hat er Kommissionen ins Leben gerufen, die Lobbyarbeit für die Erteilung islamischen Religionsunterrichts an deutschen Schulen und für eine Ausnahmegenehmigung für das Schächten in Deutschland betreiben.

„Der Zentralrat der Muslime in Deutschland […] versteht sich als Diskussions- und Handlungsebene seiner Mitglieder und nimmt die Aufgabe eines Dialog- und Ansprechpartners für den deutschen Staat, die Verwaltung und die anderen Gruppen der Gesellschaft wahr.“

„Der Zentralrat will die Moscheegemeinden, islamischen Vereine, Verbände und Dachorganisationen weder ersetzen noch mit ihnen konkurrieren, er will vielmehr ihre gemeinsamen Interessen als Gesellschaftsgruppe vor den Behörden vertreten und die Rechte, die ihnen als Religionsgemeinschaft zustehen, in ihrem Namen verlangen.“

– Aus der Selbstdarstellung des ZMD

Finanzierung

Der ZMD finanziert sich vor allem durch Mitgliedsbeiträge, Spendensammlungen in Moscheen und private Zuwendungen.

Kritik und vermeintliche Verbindung zum Islamismus

Dem Zentralrat wird gelegentlich vorgeworfen, sich nicht grundsätzlich von der Scharia distanziert zu haben, was allerdings gläubigen Muslimen auch nicht möglich ist, da der größte Teil der Scharia sich (gleich christlichen Katechismen) auf religiöse Bestimmungen bezieht.[7] Auch das Rollenverständnis des Zentralrats wird kritisiert, da es nicht das im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankerte Grundrecht der Gleichberechtigung respektiere.


Auch die Position der „Islamischen Charta“ – „Es besteht kein Widerspruch zwischen der islamischen Lehre und dem Kernbestand der Menschenrechte“[8] – wurde in der Öffentlichkeit kritisiert.

„Es ist positiv hervorzuheben, dass man eine Übereinstimmung im Kernbestand, insbesondere dem Schutz des Individuums vor dem Missbrauch staatlicher Gewalt, sieht und dabei erneut auf die Notwendigkeit der Anerkennung der „lokalen Rechtsordnung“ hinweist. Doch gleichzeitig bedeutet die Formulierung „Kernbestand“, dass bestimmte Bereiche der internationalen Menschenrechtserklärungen nicht als verpflichtend angesehen werden. Der Zentralrat scheint in seiner Auffassung der Position islamischer Menschenrechtserklärungen (von 1981 und 1990) zu folgen, in denen Menschenrechte als Geschenk und Gnade Gottes verstanden und an die Erfüllung religiöser Pflichten gebunden werden. Angesichts der Befürchtungen, die sich nicht nur bei Nicht-Muslimen, sondern auch in großen Teilen der muslimischen Bevölkerung mit einer konservativen Interpretation der Scharia verbinden, trägt diese These nicht zur Vertrauensbildung bei, sondern bestätigt vorhandene Befürchtungen.“

Kirchenamt der EKD: zur „Islamischen Charta“ des ZMD (Januar 2003) [9]

Auch von muslimischer Seite kam Kritik zu diesem Passus. So erklärte Ahmad von Denffer: „Tatsächlich bestehen aber zwischen der islamischen Lehre und den 'Menschenrechten' unüberbrückbare Unterschiede, insbesondere im Hinblick auf die Frau.“ [10] Denffer kritisiert, dass der Zentralrat sich auf Dauer damit zufriedengeben will, dass Muslime ihre Angelegenheiten auch künftig nicht nach islamischem Recht regeln können.

Insbesondere wird dem Zentralrat vorgeworfen, sich nach außen hin dialogbereit darzustellen, während nach innen die Errichtung einer islamischen Gesellschaft in Deutschland Ziel sei. Nadeem Elyas war Vorstandsmitglied des Islamischen Zentrums Aachen und ist heute Ratsmitglied. [11] Der ideologisch radikalste deutsche Ableger der international operierenden Muslimbrüder ist laut Verfassungsschutz die Islamische Gemeinschaft in Deutschland (IGD); sie ist ebenfalls Mitglied im ZMD und hat ihn zusammen mit dem Islamischen Zentrum München und der MSV auch gegründet.[12][13][14]

Mitgliedsorganisationen des Zentralrats

(Stand 2010)[15]

  1. Bundesverband für Islamische Tätigkeiten e.V., Aachen
  2. Deutsche Muslim-Liga Bonn e.V. (DMLBonn)
  3. Deutsche Muslim-Liga e.V. (DML Hamburg)
  4. Freier Verband der Muslime FVM e.V.
  5. Haqqani Trust - Verein für neue deutsche Muslime e.V., Schleiden
  6. Haus des Islam e.V. (HDI), Lützelbach
  7. Islamische Arbeitsgemeinschaft für Sozial- und Erziehungsberufe e.V. (IASE), Lübbecke
  8. Islamische Gemeinde Saarland e. V. (IGS), Saarbrücken
  9. Islamische Gemeinschaft in Deutschland e.V. (IGD), München
  10. Islamische Gemeinschaft in Hamburg e.V. (IGH)
  11. Islamisches Bildungswerk e.V., Duisburg
  12. Islamisches Zentrum Aachen e.V. (IZA)
  13. Islamisches Zentrum Dresden e.V.
  14. Islamisches Zentrum Hamburg e.V. (IZH)
  15. Islamisches Zentrum München e.V. (IZM)
  16. Muslim Studenten Vereinigung in Deutschland e.V. (M.S.V.), Köln
  17. Union der Islamisch Albanischen Zentren in Deutschland (UIAZD), Hamburg
  18. Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V. (ATIB), Köln

Assoziierte Mitglieder

  1. Deutsch-Islamische-Moscheestiftung Düsseldorf (DIMS)
  2. Islamische Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland-Zentralrat e.V., Kamp-Lintfort
  3. Rat der Imame und Gelehrten in Deutschland (RIGD), Frankfurt a.M.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. [1]
  2. Satzung des ZMD
  3. Die unfreundliche Republik – Zuwanderung und Flüchtlingsschutz in Deutschland, Evangelische Kirche in Deutschland (PDF)
  4. Polizei und Moscheevereine, Zentrale Geschäftsstelle Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (PDF)
  5. Die muslimischen Verbände in Deutschland fordern die Freilassung der im Irak entführten Reporterin Giuliana Sgrena, Die Zeit am 5. Februar 2005
  6. Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) verlegt Sitz nach Köln, Pressemitteilung des ZMD, 30. Juni 2006
  7. Was wir bei vielen Politikern hierzulande wahrnehmen, ist nicht Glaubensgewißheit, sondern Selbstgerechtigkeit und Selbstverliebtheit, Die Welt-Interview mit Ayyub Köhler, zentralrat.de, 27. August 2006
  8. „Islamische Charta“, vgl. Pos. 13
  9. Stellungnahme des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland zu der vom Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. vorgelegten „Islamischen Charta“, Januar 2003
  10. Ahmad von Denffer zur Charta
  11. http://www.efg-hohenstaufenstr.de/downloads/texte/selig_sind_die_belogenen.html
  12. Die KonvertitInnen … und wer dahinter steckt, Emma, Juli/August 2002
  13. Islamische Gemeinschaft in Deutschland, Innenministerium Nordrhein-Westfalen
  14. Islamismus – Instrumentalisierung der Religion für politische Zwecke, Bericht des Verfassungsschutzes NRW zur Beziehung zwischen der M.S.V. und der IGD
  15. Verzeichnis der Mitglieder beim ZMD

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