- Zeugung
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Unter Zeugung (von althochdt.: giziogon beschaffen, fertigen) oder Fertilisation werden die Vorgänge verstanden, die zur Bildung einer Zygote aus einer Eizelle (Oozyte) führen. Unter anderem beim Menschen verschmelzen dazu zwei Keimzellen: das männliche Spermium und die weibliche Eizelle.
Entstehen die Nachkommen aus unbefruchteten Eizellen, wird von einer Jungfernzeugung oder Parthenogenese gesprochen.
Inhaltsverzeichnis
Ablauf der natürlichen Befruchtung beim Menschen
Bei einem Samenerguss während eines Vaginalverkehrs gelangen ca. drei bis fünf ml Sperma (Samenflüssigkeit) des Mannes in die weibliche Scheide. Von dort schwimmen die Spermien mit Hilfe ihres flagellenartigen Schwanzes in den Eileiter. Auf ihrem Weg werden die Spermien erst zeugungsfähig, indem bestimmte Proteine im Sperma und an den Spermien durch weibliche Enzyme entfernt werden. Der Vorgang der Kapazitation dauert einige Stunden, in denen die Spermien kein Ei befruchten können. Ein Großteil der Spermien (Samenzellen) geht im sauren Milieu der Scheide zu Grunde. Nur wenige Hundert Spermien erreichen den Eileiter.
Die weitere Entwicklung hängt davon ab, ob sich in einem der Eileiter eine befruchtungsfähige Eizelle befindet. Ist dies der Fall, d. h. hat die Frau innerhalb der etwa letzten 24 Stunden einen Follikelsprung gehabt, bewegen sich die verbliebenen Spermien darauf zu. Wie genau sie die Eizelle finden, ist noch nicht bekannt. Es werden hormongesteuerte Abläufe vermutet oder auch der Einfluss eines als Konzentrationsgradient wirkenden unbekannten Stoffes, der im weiblichen Geschlechtstrakt abgegeben wird und für den die Spermien einen Duftrezeptor (OR1D2 bzw. hOR17-4) besitzen.[1] Neuere Untersuchungen zeigten, dass der Duftstoff Bourgeonal, welcher auch im Duft von Maiglöckchen vorhanden ist, den o.g. Duftrezeptor in den Spermien aktiviert und so zu einer positiven Chemotaxis führt.[2] Allerdings ist es nicht unwahrscheinlich, dass hier noch eine Reihe anderer Faktoren eine Rolle spielen.
Befindet sich keine befruchtungsfähige Eizelle in einem der Eileiter, können die Spermien etwa vier Tage, teilweise aber auch länger, im Körper der Frau lebensfähig bleiben und im Zusammenhang mit einem erst später erfolgenden Eisprung eine Befruchtung herbeiführen.
Eizellen sind von einer lockeren Schicht von Follikelzellen umgeben. Über der Plasmamembran der Eizelle befindet sich außerdem die Zona pellucida, eine Schicht von verschiedenen engmaschigen Glykoproteinen. Durch beide muss das Spermium, um mit der Eizelle verschmelzen zu können. Spezielle Glykoproteine der Zona pellucida binden an auftreffenden Spermienköpfen und lösen die Fusion des Akrosoms mit der Zona pellucida aus. Die im Akrosom gespeicherten Enzyme lösen die Zona pellucida auf und ermöglichen dem Spermium, die darunter liegende Plasmamembran zu erreichen. Die Akrosomreaktion bewirkt weiter eine Aktivierung und Exponierung von Proteinen auf dem Spermium, die spezifisch an passenden Rezeptoren auf der Plasmamembran des Eis binden.
Bei Kontakt verschmelzen nun Spermium und Eizelle und das gesamte Spermium wird in die Eizelle gezogen. Gleichzeitig wird die Membran der Eizelle depolarisiert wodurch für kurze Zeit eine weitere Befruchtung mit anderen Spermien verhindert wird (Polyspermie). Die Depolarisation wird durch den „langsamen Block gegen Polyspermie“ abgelöst, bei dem die Zona pellucida durch Enzyme aus den Corticalgranula ihre Struktur verändert und sich gegen weitere Penetration durch Spermien schützt.[3]
Ist das Spermium in die Eizelle aufgenommen worden, beendet diese ihre zweite Reifeteilung oder Meiose II. Sie schnürt hierbei ein letztes Polkörperchen ab. Wie vorher hat sie jetzt nur noch den haploiden Ein-Chromatid-Chromosomensatz vorliegen. Die männlichen und weiblichen haploiden Ein-Chromatid-Chromosomen verwandeln sich zu haploiden Zwei-Chromatid-Chromosomen. So bilden sich der männliche und der weibliche Vorkern. Diese vereinigen sich jetzt zu einem vollständigen, 2-fachen oder diploiden Zwei-Chromatid-Chromosomensatz. Damit ist der Vorgang der eigentlichen Zeugung abgeschlossen, es hat sich eine befruchtete Zelle gebildet, die Erbgut beider Elternteile in sich trägt.
Die befruchtete Zelle, die als Zygote bezeichnet wird, beginnt einen Tag nach der Zeugung mit der Zellteilung. Sie erreicht nach etwa drei Tagen im 12- bis 16-Zellen-Stadium die Gebärmutter, wo sie sich etwa fünf bis sechs Tage nach dem Eisprung in der Gebärmutterschleimhaut einnistet, womit nach vorherrschender Meinung die Schwangerschaft beginnt.
Jahreszeitliche Schwankung der Zeugungsraten beim Menschen
Bis ca. zu den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden im Frühling in den meisten Gesellschaften der nördlichen Hemisphäre nachweislich mehr Kinder gezeugt - bis zu 10% über dem Jahresmittel - als in den anderen Jahreszeiten. In den 60er und 70er Jahren änderte sich dies vergleichsweise abrupt: das Maximum verlor an Ausprägung und erstreckte sich auch in den Sommer und teilweise sogar den Herbst hinein. Eine naheliegende Erklärung für diesen Vorgang ist die zunehmende Unabhängigkeit des Menschen von jahreszeitlichen Schwankungen der Temperatur und des Sonnenlichts durch fortschreitende Technik und immer größere Anteile der Bevölkerung, die von meteorologischen Bedingungen unabhängige Berufe ausüben.
Quellen
- ↑ Spehr et al., Science, 2003
- ↑ Hanns Hatt/Regine Dee: Das Maiglöckchen-Phänomen: Alles über das Riechen und wie es unser Leben bestimmt. Piper, München 2008
- ↑ Campbell: Biologie; 6. Auflage, München 2006, S. 1202. (
Siehe auch
Wikiquote: Zeugung – ZitateWeblinks
- Fertilisation
- www.wissenschaft.de: Was lange währt, wird eher ein Sohn - Viele vergebliche Zeugungsversuche erhöhen die Chance auf männlichen Nachwuchs
- Benöhr-Laqueur: Genetische Befreiungsszenarien in der 'Welt von morgen', Rezension des Buches: Bettina Bock von Wülfingen: Genetisierung der Zeugung, Bielefeld 2007, in: Freiburger Geschlechter Studien, Heft 21/2007, S. 439 ff, http://www.zag.uni-freiburg.de/fff/zeitschrift/band_21/rez_benoehrlaqueur.pdf
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