Zinder

Zinder
Zinder
Zinder (Niger)
Zinder
Zinder
Lage in Niger

13° 49′ N, 8° 49′ O13.8097222222228.8205555555556479Koordinaten: 13° 49′ N, 8° 49′ O
Region: Zinder
Departement: Mirriah
Einwohner: 238.214 (Berechnung 2010)
Höhe: 479 m

Zinder ist die Hauptstadt der gleichnamigen Region Zinder in Niger. Mit 238.214 Einwohnern ist sie die zweitgrößte Stadt des Landes nach Niamey. Bis 1926 die Hauptstadt Nigers, ist Zinder heute ein bedeutendes kulturelles und wirtschaftliches Zentrum des westafrikanischen Staates.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Klimadiagramm von Zinder

Zinder liegt im Süden Nigers in der Sahelzone. Die Stadt ist in fünf Bezirke (französisch: communes urbaines) gegliedert: Zinder I, Zinder II, Zinder III, Zinder IV und Zinder V.

Das Stadtzentrum besteht aus drei Vierteln: Zengou, Birni und der kolonialzeitlichen Neustadt. Zengou ist ein ehemaliges Nomadenquartier und ein Handels- und Geschäftszentrum, während Birni das ehemals befestigte Viertel des Sultans darstellt. Das Stadtbild ist von einem präkambrischen Granit-Massiv geprägt, auf dem sich das alte Franzosenfort und ein Wasserturm befinden.

Rund drei Kilometer westlich der Stadt liegt die Mare de Kaniya, ein zur Bewässerung der umliegenden Gärten genutzter Teich mit vielen Vogelarten.

Geschichte

Blick über die Stadt im Jahr 1906
Palast des Sultans im Jahr 1906

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war Zinder noch ein kleines Hausa-Dorf. Um 1736 gründeten Kanuri aus dem Reich Bornu das Sultanat Damagaram mit Zinder als Hauptstadt. Der Name der Stadt geht einer mythologischen Überliefung nach darauf zurück, dass ein Jäger aus Bornu einen Pakt mit einer heiligen Schlange schloss und angesichts der Größe der Schlange „Zindirr!“ rief.[1]

Der Begründer der Sultansdynastie von Damagaram hieß Mallam. Einer seiner bedeutendsten Nachfolger war Tanimoune Dan Souleymane, der von 1851 bis 1884 regierte. Er stellte die Stellung Damagarams als Satellitenstaat Bornus in Frage und besiegte mit seiner Armee mehrere benachbarte Staaten. Im Dezember 1852 besuchte der deutsche Afrikaforscher Heinrich Barth die Stadt. Die Überreste des Hauses im Stadtviertel Birni, in dem Barth wohnte, sind noch erhalten. Sultan Tanimoune Dan Souleymane ließ 1856 um das Stadtviertel Birni, dem Sitz des Sultanats und der Kanuri-Aristokratie, einen fünf Kilometer langen Befestigungsgürtel anlegen. Der Überlieferung nach wurden in diese drei Meter breite und bis zu sieben Meter hohe Stadtmauer Koran-Ausgaben und lebende Jungfrauen eingemauert, um ihr eine besondere Stärke zu verleihen. Sultan Tanimoune stärkte auch die wirtschaftliche Stellung Zinders und machte die Stadt zu einem Zentrum des Transsaharahandels für Elfenbein, Gold, Salz und Sklaven. Das Stadtviertel Zengou, die ursprüngliche Hausa-Siedlung, diente als vorübergehender Wohnort für die durchziehenden Tuareg-Händler.

Am 29. Juli 1899 wurde der damalige Sultan Amadou Kouran Daga von der französischen Militärexpedition Voulet-Chanoine bei Tirmini, rund zwanzig Kilometer westlich von Zinder, besiegt. Am 30. Juli 1899 besetzten die Franzosen Zinder. Die alte Stadtmauer von Birni wurde schließlich 1906 von den Franzosen großteils zerstört. Als Teil Französisch-Westafrikas schuf Frankreich bereits im Jahr 1900 das Territoire Militaire de Zinder (Militärterritorium Zinder), das 1910 zum Territoire Militaire de Niger (Militärterritorium Niger) erweitert wurde. Zinder behielt seine herausragende Stellung für die französische Niger-Kolonie bei und wurde 1911 zu deren erster Hauptstadt. Zwischen Birni und Zengou entstand die Neustadt mit Verwaltungsgebäuden und Wohnhäusern im französischen Kolonialstil. 1926 verlor die Zinder die Position als Hauptstadt Nigers an das günstiger gelegene Niamey.

In den 1940er Jahren erfolgte westlich des Stadtviertels Zengou eine Stadterweiterung: Hier wurde das Viertel Zengou Ouest erbaut. Seitdem und besonders seit der Unabhängigkeit Nigers 1960 wuchs die Stadt kontinuierlich. 2005 wurde mit einer groß angelegten Renovierung der verfallenden Gebäude in Birni begonnen.

Bevölkerung

Bei der Volkszählung 1977 hatte Zinder 53.914 Einwohner, bei der Volkszählung 1988 119.827 Einwohner und bei der Volkszählung 2001 170.574 Einwohner. Für 2010 wurden 238.214 Einwohner berechnet.[2]

Zinder liegt im Norden des großen zusammenhängenden Siedlungsgebiets der Hausa in Niger und Nigeria. Die Stadt selbst ist jedoch multikulturell mit weiteren Bevölkerungsgruppen wie Fulbe, Kanuri, Tubu und Tuareg.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Sehenswürdigkeiten

Traditionelle Architektur in Birni

Das Stadtviertel Birni ist durch quadratische Häuser gekennzeichnet, die geometrisch geschnitzte Ornamente und Malereien tragen. Im Sultanspalast in Birni wohnen der Sultan, seine Familie und sein Hofstaat, zusammen rund 450 Personen. Der Palast ist mit Reliefornamenten geschmückt. An der Fassade sind die Embleme des Sultans angebracht: ein Stab, ein Schwert und der Koran. Der Sultan nimmt als lokaler islamischer Anführer keine offizielle politische Funktion mehr ein. Erhalten geblieben sind der große Einfluss des Sultans auf die lokale Bevölkerung sowie ein ausdifferenziertes Hofzeremoniell. Neben dem Sultanspalast steht eine weiße Moschee mit einem dreizehn Meter hohen Minarett und einem bemerkenswerten Innenraum. Die Residenz des Fulbe-Anführers wurde von 1812 bis 1820 im Hausa-Stil errichtet. Sie diente früher als Sitz des Sultanats Damagaram. Weitere Adelpaläste in Birni gehen auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück, einige davon wurden vermutlich vom Baumeister Dangoni Dandibi entworfen.

Im Stadtviertel Zengou wurden um 1940 viele der im Hausa-Stil erbauten Gebäude zerstört. Von 1946 bis 1950 erfolgte jedoch eine Wiedergeburt dieser traditionellen Architektur, sodass das Stadtviertel heute wieder vom Hausa-Stil geprägt ist. Die wichtigsten Baukünstler Zengous waren Mitte des 20. Jahrhunderts der Baumeister Mamane Illoua und der Dekorationsmaler Dandibi.

Kulturelle Einrichtungen

Als Museum für die regionale Kultur besteht seit 1988 der Centre de Collecte. Zwischen Birni und Zengou gelegen, sind die Gebäude dieses Museums im traditionellen Hausa-Stil gestaltet. Ein wichtiger Ort für kulturelle Veranstaltungen aller Art ist der Centre culturel franco-nigérien (CCFN). Der Leiter des Zentrums, das auch eine der größten Buchhandlungen Nigers beherbergt, ist zugleich französischer Honorarkonsul.

Reiter beim Festival Hawan

Regelmäßige Veranstaltungen

Anlässlich des islamischen Opferfests findet alljährlich das Festival Hawan in Zinder statt. Im Mittelpunkt des Festivals steht ein Stierkampf, der nach nigrischer Tradition durchgeführt wird. Das Festival erstreckt sich über mehrere zentrale Plätze in der Stadt, besonders prominent vor dem Sultanspalast. Die Feiern werden von auf Pferden reitenden Fleischern und deren Söhnen sowie vom Gesang von Griots begleitet.

Wassan Kara ist ein weiteres traditionelles Fest, das jährlich im Dezember stattfindet. Hier wird sich in theatraler Form über führende Persönlichkeiten lustig gemacht.

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaft und Handel

Zinder liegt inmitten eines großen Erdnuss-Anbaugebiets. In der Stadt selbst werden Kleidung, Schuhe und Kunsthandwerk hergestellt. In wirtschaftlicher Hinsicht bedeutend ist Zinder jedoch in erster Linie für den Handel. Der große tägliche Markt heißt Kassua’n Dollé. Neben einer Vielzahl weiterer Waren werden hier auch traditionelle Medikamente verkauft. Eine lokale kulinarische Spezialität sind alkali, kleine Kuchen aus Weizen und Honig. Jeden Donnerstag findet zusätzlich ein großer Viehmarkt statt, der bis ins Nachbarland Nigeria ausstrahlt. Gehandelt wird unter anderem mit Schafen, Ziegen, Rindern, Kamelen, Eseln und Pferden.

Bildung und Versorgungseinrichtungen

Zinder beherbergt eine Außenstelle der Abdou-Moumouni-Universität Niamey. Gelehrt werden Raumordnung und Urbanistik sowie Leitungsassistenz.

In Zinder befinden sich ein Nationalkrankenhaus (französisch: Hôpital national) und mehrere Privatkliniken. Es gibt zahlreiche Apotheken, die zumeist nur eine geringe Auswahl an Medikamenten zur Verfügung haben. Die Versorgung mit Strom und Wasser ist grundsätzlich gegeben. In der Trockenzeit kann es allerdings zu dramatischen Engpässen bei der Wasserversorgung kommen.

In der Stadt befinden sich mehrere Entwicklungshilfe-Plätze des Deutschen Entwicklungsdienstes und des Friedenscorps sowie ein Koordinierungsbüro der dänischen Entwicklungszusammenarbeit.[3]

Verkehr

Das Straßenbild ist von Motorradtaxis, genannt kabou-kabou, geprägt. Zinder liegt an der internationalen Fernstraße Algier-Lagos-Highway und wird von allen vier großen Busunternehmen des Landes angefahren. Busverbindungen bestehen unter anderen nach Niamey, Arlit und N’Guigmi. Im Südwesten Zinders befindet sich mit dem Zinder Airport ein kleiner ziviler Flughafen.

Persönlichkeiten

Literatur

  • Louis François Delisse: Enquête sur l'architecture et la décoration murale à Zinder. Centre d'études linguistiques et historiques par tradition orale, Niamey 1986
  • Jolijn Geels: Niger. Bradt, Chalfont St Peter 2006, ISBN 1-84162-152-8
  • Ama Idrissa: Les fonctions de centre urbain de Zinder. Université scientifique et médicale, Grenoble 1984

Weblinks

 Commons: Zinder – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Niger 2009. Nouvelle édition de l'Université, Paris 2009, ISBN 2-7469-1640-1, S. 139
  2. World Gazetteer: Zinder, abgerufen am 6. Juni 2010
  3. Zinder auf der Website des Deutschen Entwicklungsdienstes

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