Zwergnova

Zwergnova
UV-Aufnahme der Zwergnova Z Camelopardalis
Künstlerische Darstellung einer Zwergnova

Zwergnovae gehören zur Klasse der kataklysmischen Doppelsternsysteme. Sie zeichnen sich durch mehrfache Eruptionen aus, bei denen sich die scheinbare Helligkeit des Sterns kurzfristig um etwa 2 bis 8 mag ändert. Der Ausbruchsmechanismus liegt in einer Akkretionsscheibe um einen Weißen Zwerg[1].

Inhaltsverzeichnis

Aufbau einer Zwergnova

Eine Zwergnova ist ein Doppelsternsystem bestehend aus einem Weißen Zwerg um den auf einer engen Bahn ein Begleiter, meist ein Roter Zwerg, kreist. Der Rote Zwerg verliert Masse, da er sein Roche-Grenzvolumen überschritten hat. Die Masse fließt über den inneren Lagrange-Punkt in Richtung des Weißen Zwerges. Aufgrund der Drehimpulserhaltung bildet sich um den Weißen Zwerg eine Akkretionsscheibe, die im optischen Spektralbereich die Strahlung der Zwergnova dominiert. Die Materie umkreist den Weißen Zwerg und verliert aufgrund der Viskosität in der Scheibe langsam ihre Bewegungsenergie. Dadurch fällt die Materie nach einiger Zeit auf die Oberfläche des Weißen Zwergs[2].

Ausbruchsmechanismus

Die Ausbrüche der Zwergnovae entstehen durch einen Helligkeitsanstieg in der Akkretionsscheibe. Die Viskosität der Materie in der Scheibe kann zwei Werte annehmen. Einen hohen Wert, bei dem die Reibung zunimmt und infolgedessen die Scheibe sowohl mehr Strahlung abgibt als auch mehr Materie auf den Weißen Zwerg fällt. Während der Ruhephase, bei dem die Viskosität einen niedrigen Wert annimmt, wird mehr Materie in der Akkretionsscheibe gespeichert als auf den Weißen Zwerg gelangt. Als Ursache für den bistabilen Zustand der Akkretionsscheibe wird die Magnetorotationsinstabilität als Ursache angenommen[3].

Die Intervallgröße zwischen den Ausbrüchen liegt bei den Zwergnovae zwischen einigen Tagen und einigen Jahren. Die Dauer eines Ausbruchs liegt in etwa zwischen 2 und 20 Tagen und ist korreliert mit der Intervallgröße zwischen den Ausbrüchen. Die Zwergnovae unterscheiden sich von den klassischen Novae durch den Ausbruchsmechanismus. Bei klassischen Novae führt eine thermonukleare Reaktion an der Oberfläche des Weißen Zwerges zu einem Helligkeitsanstieg. Allerdings können die selben kataklysmischen Veränderlichen sowohl Novae- als auch Zwergnovaeausbrüche zeigen wie z.B. GK Persei.

Röntgenstrahlung von Zwergnovae

Von allen nahen Zwergnovae konnte Röntgenstrahlung nachgewiesen werden. Die Quelle der energiereichen Strahlung scheint die Grenzschicht zwischen der Akkretionsscheibe und dem Weißen Zwerg zu sein. Die Strahlung entsteht dadurch, dass in der Grenzschicht die Materie in der Akkretionsscheibe von der Keplergeschindigkeit auf die wesentlich langsamere Rotationsgeschwindigkeit des Weißen Zwergs abgebremst werden muss[4]. Die Strahlung ist in den Ruhephasen schwach und steigt während der Ausbrüche um einen Faktor 100 an. Dabei hängt der Anstieg der Röntgenstrahlung dem der optischen um einige Stunden hinterher. Nach dem Modell der Akkretionsscheibeninstabilität erhöht sich irgendwo in der Scheibe die Viskosität und diese Änderung breitet sich über die Scheibe aus. Wenn die erhöhte Viskosität und damit der erhöhte Durchsatz von Materie die Grenzschicht erreicht steigt die Röntgenstrahlung zeitverzögert zur optischen Strahlung an[5]. Ein geringer Teil der Röntgenstrahlung kann durch Wärmestrahlung durch die Akkretion geheizten Weißen Zwergs entstehen.

Bei einer hohen Akkretionsrate kann es zu einem permanenten Wasserstoffbrennen auf der Oberfläche des Weißen Zwerges kommen. Da nur eine dünne Atmosphäre über der Zone mit den thermonukleare Reaktionen nach dem Bethe-Weizsäcker-Zyklus liegt tritt extrem weiche Röntgenstrahlung aus. Aufgrund dieser niederenergetischen Röntgenstrahlung werden diese Systeme auch als Super Soft X-ray Source bezeichnet. Es handelt sich dabei um klassische Novae im Ausbruch in einem Zeitraum von wenigstens Jahrzehnte[6].

Untergruppen

  • U-Geminorum-Sterne: Diese Untergruppe der Zwergnova zeigt ausgeprägte Ruhephasen im kleinsten Licht, die annähernd regelmäßig von Ausbrüchen unterbrochen werden. Der Anstieg ins Maximum ist schneller als der Abstieg zurück zur Ruhehelligkeit.
  • Z-Camelopardalis-Sterne: Die Stillstände im kleinsten Licht sind sehr kurz. Zeitabschnitte mit Helligkeitswechsel werden zeitweilig durch Intervalle mit nahezu konstantem Licht unterbrochen. Der Stillstand beginnt im Helligkeitsabstieg aus dem Maximum und endet in einem Minimum.
  • SU-Ursae Maioris-Sterne: Bei dieser Untergruppe treten neben normalen Ausbrüchen auch Supermaxima auf. Diese sind etwa 0,7 mag heller und dauern 3–5 mal länger. Zusätzlich treten sogenannte Superhumps auf. Dies sind geringe dem Maxima überlagerte Helligkeitsänderungen mit einer Periode, die ein paar Prozent länger ist als die Umlaufdauer des Doppelsternsystems.
  • TOAD (Tremendous Outburst Amplitude Dwarf novae): Der Unterschied zu den SU UMa-Sternen besteht im Fehlen der normalen Ausbrüche. Es werden ausschließlich Superausbrüche bei den auch WZ-Sagittae-Sternen genannten Zwergnovae beobachtet.
  • UX UMa-Sterne: Die Nova-Ähnlichen sind Zwergnova im permanenten Ausbruch und zeigen im Spektrum Absorptionslinien.
  • RW Tri-Sterne: Bei diesen nova-ähnlichen Doppelsternen handelt es sich um Zwergnovae im permanenten Ausbruch und sie zeigen im Spektrum Emissionslinien.
  • VY Scl-Sterne: Diese Zwergnovae ähneln den UX UMa-Sterne. Sie zeigen manchmal ein Minimum nur um nach kurzer Zeit wieder in das Maximum zurückzukehren. Sie werden daher auch Anti-Nova genannt.[7].

Die Superausbrüche der SU-Ursae Maioris-Sterne und TOADs erfordern einen anderen Mechanismus als den von normalen Maxima. In der Literatur werden drei Modelle diskutiert[8]:

  • Ein normaler Ausbruch führt zu einer Erwärmung des Begleiters, der daraufhin mehr Masse an die Akkretionsscheibe verliert und dies startet den Superausbruch
  • Die Akkretionsscheibe wächst soweit an, dass es am äußeren Rand der Scheibe unter dem Einfluss einer Resonanz mit dem Begleiter zu erhöhter Reibung kommt. Dies führt zu einem erhöhten Materiefluß in Richtung auf den Weißen Zwerg und damit zu einem Superausbruch.
  • Ein Hybridmodell aus den beiden oberen Modellen

Verwandte Ausbrüche

Das Modell der Akkretionsscheibeninstabilität wird nicht nur für die Beschreibung der Ausbrüche von Zwergnovae verwendet. Bei den Röntgennovae oder Soft X-ray transits fällt durch eine Akkretionsscheibe Materie auf einen kompakten Stern, der wahrscheinlich ein Schwarzes Loch ist. Da der kompakte Begleiter einen kleineren Radius und ein größeres gravitatives Potential besitzt als ein Weißer Zwerg, kann die Materie auf engeren Bahnen um das Schwarze Loch kreisen und dabei höhere Temperaturen erreichen. Deshalb wird bei den Soft X-ray transits der überwiegende Teil der Strahlung im Bereich der Röntgenstrahlung beobachtet[9]. Die Röntgennovae erhalten wie die Zwergnovae die Materie von einem Begleiter in einem Doppelsternsystem, der seine Roche-Grenze überschritten hat.

Die AM-Canum-Venaticorum-Sterne entsprechen in vielen Eigenschaften den Zwergnovae. Nur die Umlaufdauer der ausbrechenden Doppelsternsysteme ist kürzer, da der Begleiter des Weißen Zwerges ein teilweise entarteten Heliumstern ist, und liegt zwischen 20 und 40 Minuten. Die zwergnovae-artigen Ausbrüche treten in einer Akkretionsscheibe um den Weißen Zwerg auf, die überwiegend aus Helium besteht. Daneben sind Superhumps auch bei kurzperiodischen AM-CVn-System mit Umlaufdauern zwischen 5 und 20 Minuten beobachtet worden[10].

Bei den FU-Orionis-Sternen wird die Akkretionsscheibe dagegen von einer protostellaren Wolke gespeist. Auch bei diesen jungen Einzelsternen kann es zu einer Überladung der Scheibe kommen, die bei einem erhöhten Massentransfer aufleuchtet. Da die protostellaren Akkretionsscheiben einen größeren Durchmesser haben als die Scheiben um einen Weißen Zwerg in einem kataklysmischen Doppelsternsystem dauern die Ausbrüche auch bis zu mehreren Jahrzehnten an[11].

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. C. Hoffmeister, G. Richter, W. Wenzel: Veränderliche Sterne. 3 Auflage. Barth, Leipzig 1990, ISBN 3-335-00224-5.
  2. Michael F.Bode, A. Evans: Classical novae. Cambridge Univ. Press, Cambridge 2008, ISBN 978-0-521-84330-0
  3. S. N. Shore, M. Livio, E. P. J. van den Heuvel: Interacting Binaries. Springer, Berlin 1994, ISBN 3-540-57014-4.
  4. S. Balman, P. Godon, E.M. Sion, J.-U. Ness, E. Schlegel, P.E. Barrett, P. Szkody: XMM-Newton observations of the dwarf nova RU Peg in quiescence: Probe of the boundary layer. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1108.2662v1.
  5. Walter Lewin, Michael van der Klies: Compact Stellar X-ray Sources (Cambridge Astrophysics). Cambridge University Press, Cambridge 2010, ISBN 978-0521158060.
  6. Joseph Patterson, John R. Thorstensen, Robert Fried, David R. Skillman, Lewis M. Cook and Lasse Jensen: Superhumps in Cataclysmic Binaries. XX. V751 Cygni. In: Publications of the Astronomical Society of the Pacific. 113, 2001, S. 72-81, doi:10.1086/317973.
  7. Brian Warner: Cataclysmic Variable Stars. Cambridge University Press, New York 2003, ISBN 0-521-54209-X.
  8. E. Kuulkers et al.: Secular changes in the quiescence of WZ Sge: the development of a cavity in the inner disk. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1001.4975.
  9. Walter Lewin, Michael van der Klies: Compact Stellar X-ray Sources (Cambridge Astrophysics). Cambridge University Press, Cambridge 2010, ISBN 978-0521158060.
  10. G. Nelemans: AM CVn stars. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2005, arXiv:0409.676v2.
  11. Lee Hartmann: Accretion Processes in Star Formation (Cambridge Astrophysics). Cambridge University Press, Cambridge 2001, ISBN 978-0521785204.

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