Roter Zwerg

Roter Zwerg

Rote Zwerge sind die kleinsten aktiven Sterne. Etwa 70 Prozent der Sterne des Milchstraßensystems gehören zu diesem Sterntyp.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Rote Zwerge sind Hauptreihensterne der Spektralklasse des M- oder späten K-Typs. Aus historischen Gründen werden sie manchmal auch als späte Hauptreihensterne bezeichnet, weil früher irrtümlich angenommen wurde, dass Sterne sich im Verlaufe ihrer Entwicklung zu Spektralklassen kühlerer Oberflächentemperatur entwickeln würden.

Ihre Masse beträgt zwischen etwa 7,5 und 57 Prozent der Sonnenmasse. Bei einer geringeren Masse käme keine Wasserstofffusion zustande, es entstünde ein Brauner Zwerg. Die Masse eines typischen Roten M-Zwerges beträgt in etwa 10 Prozent der Sonnenmasse, der Radius weist 15 Prozent des Sonnenradius auf.[1]

Bedingt durch die geringe Masse findet bei einem Roten Zwerg die Umwandlung von Wasserstoff in Helium (Kernfusion durch die Proton-Proton-Reaktion) nur langsam statt. Deshalb liegt seine Oberflächentemperatur nur zwischen 2200 und 3800 Kelvin (Sonne etwa 5800 Kelvin). Es wird dabei fast nur langwellige Strahlung (rötliches Licht und Infrarot) mit geringer Intensität (etwa 0,01 % bis 5 % der Sonne) emittiert.

Rote Zwerge sind völlig konvektiv. Der Energietransport funktioniert aufgrund der Lichtundurchlässigkeit des dichten Sterneninneren nur durch Konvektion. Im Inneren entstandene Photonen erreichen die Oberfläche nicht. Wegen ihrer geringeren Masse haben die Roten Zwerge gegenüber der Sonne eine niedrigere Temperatur, was eine geringere Wärmeausdehnung und somit eine höhere Dichte zur Folge hat.

Beispiele

Größen- und Temperaturvergleich zwischen der Sonne, Gliese 229 A + B, Teide 1 und Jupiter
Name Masse Radius Leuchtkraft Dichte
Barnards Pfeilstern 0,170 M 0,20 R 0,000.441 L 21 ρ
Gliese 581 0,330 M 0,38 R 0,002.000 L ρ
Lalande 21185 0,460 M 0,40 R 0,001.600 L ρ
Luytens Stern 0,257 M 0,26 R 0,001.400 L 15 ρ
Proxima Centauri 0,123 M 0,15 R 0,000.138 L 36 ρ
Ross 154 0,170 M 0,24 R 0,000.507 L 12 ρ
Wolf 359 0,090 M 0,16 R 0,000.101 L 22 ρ
YZ Ceti 0,085 M 0,11 R 0,000.184 L 65 ρ

Weitere Entwicklung

Da bei Roten Zwergen die Energie durch Konvektion weitergeleitet wird, sammelt sich Helium nicht im Kern an, wie es bei größeren Sternen der Fall ist. Deshalb können sie prozentual mehr Wasserstoff verschmelzen, bevor sie die Hauptreihe verlassen. Das begründet die enorme Lebenszeit der Roten Zwerge. Diese reicht, abhängig von der Masse, von mehreren 10 Milliarden bis zu Billionen von Jahren. Durch diese lange Lebenszeit sind noch keine erloschen, während sich immer weitere bilden. Deshalb ist ihre Anzahl so groß. Je niedriger die Masse, desto länger ist die Aufenthaltsdauer eines Roten Zwerges in der Hauptreihe. Diese Zeitspanne ist größer als das angenommene Alter des bekannten Universums.

Wenn der Wasserstoff im Inneren zu Helium fusioniert und erschöpft ist, schrumpft der Stern. Die gravitative Energie, die dadurch frei wird, wird in Wärme umgewandelt. Diese neu gewonnene Energie wird daraufhin ebenfalls durch Konvektion nach außen geleitet. Für einige Zeit funktioniert noch das sogenannte Schalenbrennen von Wasserstoff zu Helium.[2] Danach erreicht der Rote Zwerg das Stadium des Weißen Zwerges. Rote Zwerge werden nicht zu Roten Riesen, da eine Fusion von Helium aufgrund der geringen Masse nicht möglich ist.

Beobachtung

Der Eindruck eines Künstlers: ein Planet umkreist einen Roten Zwerg

Rote Zwerge sind sehr lichtschwach. Daher kann kein einziger von ihnen mit bloßem Auge gesehen werden. Der nächstgelegene Stern (nach der Sonne) ist der Rote Zwerg Proxima Centauri vom Spektraltyp M5 mit einem momentanen Abstand von 4,24 Lichtjahren und einer scheinbaren Helligkeit von 11,01m. Von den 30 nächstgelegenen Sternen sind 20 Rote Zwerge. Einige Rote Zwerge zeigen in unregelmäßigen Abständen starke Flares, welche die Helligkeit des Sterns selbst weit übertreffen können. Wegen ihrer geringen Helligkeit können einzelne Rote Zwerge kaum über große intergalaktische Distanzen beobachtet werden.

Altersbestimmungen durch Rote Zwerge

Die Tatsache, dass Rote Zwerge und andere Zwergsterne lange in der Hauptreihe verweilen, während massivere Sterne diese schon verlassen haben, erlaubt die Schätzung des Alters von Sternhaufen. Dabei wird versucht, die Grenzmasse der Sterne zu finden, die sich noch auf dem Hauptast befinden. Dadurch lässt sich der untere Wert des Alters der Sterne feststellen. Ebenso kann dadurch das Zeitalter der Bildung von Formationen in der Milchstraße, wie dem galaktischen Halo und der galaktischen Scheibe bestimmt werden.

Astronomische Bedeutung

Momentan spielen Rote Zwerge nur eine minimale Rolle im Energiehaushalt des Universums, obwohl rote Hauptreihensterne vermutlich die am meisten verbreitete Sternengattung sind. Dadurch, dass sie so häufig vorkommen und so lichtschwach sind, erscheinen sie recht unauffällig. Es wird angenommen, dass sie bedingt durch ihre sehr lange Lebenszeit und die gegen Ende des Wasserstoffbrennens zunehmende Leuchtkraft langfristig eine große Rolle spielen werden. In Zukunft wird es einen generellen Rückgang der Entstehung neuer Sterne geben. Die Roten Zwerge werden selbst zu einem Zeitpunkt, wenn der Rest weitgehend nur noch aus „toter Materie“ in Form von Schwarzen Löchern, Neutronensternen, und verblassenden Weißen Zwergen besteht, noch als selbstleuchtende Objekte im Universum existieren.

Es wurde noch kein sterbender Roter Zwerg entdeckt, da das Universum erst 13,7 Milliarden Jahre alt ist. Dies könnte ein mögliches Indiz für die Endlichkeit des Universums sein. Ein Rätsel, das bis heute noch nicht gelöst ist, ist das Fehlen von roten Sternen, die kein Metall enthalten (andere Elemente als Wasserstoff und Helium). Die erste Generation von Sternen dürfte nach der Urknall-Theorie nur aus Wasserstoff, Helium und Spuren von Lithium bestehen. Entstanden zu dieser Zeit Rote Zwerge, müssten sie heute noch existieren. Jedoch wurde kein Roter Zwerg gefunden, der nur aus den genannten Elementen besteht. Die bevorzugte Erklärung dafür ist, dass ohne schwere Elemente nur große und bis heute unbeobachtete Sterne der Sternenpopulation III entstehen konnten, die ihren Energievorrat schnell aufbrauchten. Dabei hinterließen sie Elemente, aus denen sich Rote Zwerge bilden konnten. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Rote Zwerge ohne Metalle dunkel und selten seien. Da dies dem Evolutionsmodell von Sternen widerspricht, wird diese Theorie als unwahrscheinlich betrachtet.

Planeten

Auffindung

Rote Zwerge umkreisende extrasolare Planeten wurden 2005 entdeckt. Einer ist etwa so groß wie Neptun (17 Erdmassen). Er umkreist den Stern in einem Abstand von nur 6 Mio. km (0,04 AE, ein Zehntel des Abstandes Sonne/Merkur). Seine Oberflächentemperatur wird trotz der schwachen Leuchtkraft des Zentralsterns auf 150 °C geschätzt. 2006 wurde ein noch kleinerer Planet gefunden, der einen Roten Zwerg umrundet. Dieser weist nur die 5,5-fache Masse der Erde auf. Da er jedoch 390 Mio. km (2,6 AE) vom Stern entfernt ist, ist es auf ihm mit -220 °C (53 K) entsprechend kalt.

2007 wurde der Planet Gliese 581 c entdeckt, der den Roten Zwerg Gliese 581 umrundet. Er könnte erträgliche, irdisch vergleichbare Temperaturen aufweisen und bewohnbar sein. Falls die Masse von 5,03-facher Erdmasse (geschätzt durch ein Team, das von Stéphane Udry geleitet wurde) richtig ist, wäre es der kleinste, einen normalen Stern umkreisende extrasolare Planet, der bis jetzt entdeckt wurde. (Es wurden noch kleinere, jedoch einen Neutronenstern umkreisende Planeten gefunden, die PSR B1257+12 genannt wurden). Die Entdecker legten den Planetendurchmesser auf das 1,5-fache des Erddurchmessers fest. Dieser Planet befindet sich innerhalb der „bewohnbaren“ Zone von Gliese 581, und ist damit bis jetzt der aussichtsreichste Kandidat für erdähnliche Temperaturen. [3]

Lebenszone

Die Bewohnbarkeit von Planeten Roter Zwerge ist Thema einiger Diskussionen. Trotz ihres häufigen Vorkommens und der langen Lebenszeit dieser Sterne gibt es mehrere Faktoren, die das Leben auf einem solchen Planeten schwierig machen könnten.

Erstens müssten Planeten sehr nahe am Hauptstern sein, etwa im Bereich zwischen 0,04 und 0,2 AE vom Stern entfernt, um sich in der Ökosphäre zu befinden[4]. Ein Planet müsste sozusagen auf Tuchfühlung zu seinem Mutterstern gehen, um genügend Licht und Wärme zu erhalten.

Infolge dieser Nähe wäre der Planet jedoch durch die Gezeitenkräfte komplett blockiert. Das bedeutet, dass eine Seite des Planeten immer dem Stern zugewandt wäre und auf der anderen immerwährende Nacht herrschte. Das könnte enorme Temperaturunterschiede zwischen Tag- und Nachtseite bewirken. Unter solchen Bedingungen könnte es schwierig sein, dass sich Leben entwickelt. Andererseits besagen neuere Theorien, dass eine dicke Atmosphäre oder ein großer, den Planeten umspannender Ozean möglicherweise die Wärme um den gesamten Planeten leiten würde. Es ist anzunehmen, dass auf Planeten mit Atmosphäre starke Stürme herrschen würden.

Ein anderes potentielles Problem ist, dass Rote Zwerge den Großteil ihrer Strahlung im infraroten Bereich aussenden. Irdische Pflanzen verwenden jedoch hauptsächlich Energie aus dem sichtbaren Bereich des Lichtspektrums. Das vielleicht größte Problem wäre die Variabilität des Sternes. Rote Zwerge sind oft von Sternflecken („Sonnenflecke“) bedeckt, wodurch die Sternenstrahlung monatelang um bis zu 40 % verringert wird. Andererseits können einige Rote Zwerge gewaltige Flares ausstoßen, die die Helligkeit des Sterns innerhalb von Minuten verdoppeln können. Auch durch diese Veränderlichkeit könnten sich für das Leben in der Nähe eines Roten Zwerges Schwierigkeiten ergeben.

Anhang

Anmerkungen und Belege

  1. Alienplanet.de
  2. Sterngucker aus BR-Online
  3. Space.com
  4. Heise: Bewohnte Welten um Rote Zwergsterne?

Literatur

  • Mark Alpert (2005): Red Star Rising. Scientific American, November 2005, p. 15.

Siehe auch

 Commons: Red dwarfs – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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