Kataklysmische Veränderliche

Kataklysmische Veränderliche

Ein kataklysmischer Veränderlicher (Abk. CV von engl. Cataclysmic Variable) ist ein enges halbgetrenntes Doppelsternsystem. Es besteht aus einem akkretierenden Weißen Zwerg und einem Masse verlierenden roten Zwergstern, Heliumstern oder Unterriesen. Kataklysmische veränderliche Sterne zeigen eine große Spanne von Helligkeitsänderungen als Folge des Massetransfers zwischen den Sternen[1].

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Aufbau

Kataklysmische Veränderliche sind in Form der Novae bereits aus circa 2500 Jahren alten chinesischen Quellen bekannt. Dabei handelt es sich um starke Helligkeitsausbrüche von bis zu 20 mag, die als neue Sterne interpretiert wurden. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die erste Zwergnova U Geminorum entdeckt. Die angenommene Verwandtschaft zwischen Novae und Zwergnovae bezog sich zunächst auf die Form der Lichtkurve, der kleineren Ausbruchsamplitude und kürzeren Zeit zwischen den Ausbrüchen.

Künstlerische Darstellung eines kataklysmischen Doppelsternsystems

Erst mit Hilfe der lichtelektrischen Photometrie sowie der Spektroskopie konnte der Aufbau der kataklysmischen Veränderlichen verstanden werden. Es handelt sich dabei um ein enges Doppelsternsystem, bestehend aus einem Weißen Zwerg und einem Begleiter. Dieser überschreitet seine Roche-Grenze im Doppelsternsystem und verliert deshalb Materie an den Weißen Zwerg. Bei dem Begleiter handelt es sich meist um einen roten Zwergstern oder einen späten Unterriesen. Die Materie fließt entlang eines Stromes auf den Weißen Zwerg zu und bildet aufgrund der Drehimpulserhaltung bei Abwesenheit starker Magnetfelder eine Akkretionsscheibe um den kompakten Stern. Wo der Materiestrom auf die Akkretionscheibe trifft wird diese erhitzt und bildet einen hellen Fleck, der in der Lichtkurve zu einem Höcker (engl. hump) führt. Die Lichtkurve eines kataklysmischen Veränderlichen kann bei entsprechender Ausrichtung im Raum noch einen bedeckungsveränderlichen Anteil haben, im Bereich von Sekundenbruchteilen flackern (engl. flickering) und aufgrund eines veränderlichen Materiestroms in der Ruhehelligkeit variieren[2].

Die Bezeichnung kataklysmisch leitet sich von dem altgriechischen Kataklysmos für Überschwemmung ab und beschreibt die fundamentale Eigenschaft dieser Veränderlichen, wonach der Weiße Zwerg mit Materie von seinem Begleiter überschwemmt wird.

Klassifikation

Die Klassifikation kataklysmischer Veränderlicher beruht auf unterschiedlichen physikalischen Prozessen die beim Massentransfer auftreten und unterteilt sich in drei wesentliche Hauptgruppen: Scheibensysteme (Zwergnovae, Novaähnliche), magnetische CVs (AM-Herculis-Sterne, DQ-Herculis-Sterne) und Objekte bei denen es zu thermonuklearen Reaktionen auf dem Weißen Zwerg kommt (Novae, Super Soft X-ray Sources)[3]. Den Zustand eines CVs bestimmende Parameter sind die Bahnperiode des Systems, und davon abhängig Spektraltyp und Masse des Begleiters bzw. Massenakkretionsrate, und das Magnetfeld des Weißen Zerges.

Die Objektklassen zeigen oft unterschiedliche und charakteristische Formen der Lichtkurve, auf der historisch die Klassifiktion beruhte.[4],[5].

Scheibensysteme

Die primäre Emissionsquelle in Scheibensystemen (engl. disk CVs) stammt aus einer, den Weißen Zwerg umgebenden Akkretionsscheibe, in der die kinetische Energie der einfallenden Materie in elektromagnetische Strahlung umgesetzt wird. Das Verhalten der Akkretionsscheibe hängt in erster Linie von der Massenakkretionsrate und dem Massenverhältnis beider Sterne ab, und wird in folgenden Untergruppen systematisiert:

Zwergnovae

Zwergnovae zeigen mehrfache Eruptionen mit einem Anstieg der Helligkeit bis 8 mag. Charakteristisch ist ein steiler Anstieg und ein langsamerer Helligkeitsabfall. Die Ausbrüche treten mit einem mittleren zeitlichen Abstand von Wochen bis Jahrzehnten auf. Die Ursache der Eruptionen liegt in einem bistabilen Zustand der Akkretionsscheibe, der auftritt, wenn die Massenakkretionsrate einen kritischen Wert unterschreitet. Während des Zwergnovaausbruchs kommts es beim Überschreiten einer kritischen Dichte, zu einem plötzlichen Anstieg der Viskosität in dessen Folge in der Scheibe gesammelte Materie verstärkt auf den Weißen Zwerg transferiert.

Zwergnovae werden weiter unterteilt in:

  • U-Geminorum-Sterne: Die klassischen Zwergnovae sind meist in ihrer Ruhehelligkeit und alle Ausbrüche haben eine für den Stern typische Form.
  • SU-Ursae-Majoris-Sterne: Bei dieser Untergruppe treten neben normalen Ausbrüchen auch Supermaxima auf. Diese sind etwa 0,7 mag heller und dauern 3– bis 5-mal länger. Zusätzlich treten sogenannte Superhumps auf. Dies sind geringe dem Maxima überlagerte Helligkeitsänderungen mit einer Periode, die ein paar Prozent länger ist als die Umlaufdauer des Doppelsternsystems.
  • WZ-Sagittae-Sterne: Kurzperiodische Systeme mit sehr massearmen Begleitern (teilweise unter 0.08 Sonnenmassen) und sehr geringen Akkretionsraten. Der Unterschied zu den SU-UMa-Sternen besteht im Fehlen der normalen Ausbrüche. Es werden ausschließlich Superausbrüche beobachtet, die in sehr großen Zeitintervalen von bis zu 30 Jahren auftreten. WZ-Sge-Sterne werden manchmal auch mit dem unüblichen Begriff TOADs (Tremendous Outburst Amplitude Dwarf novae) bezeichnet.
  • Z-Camelopardalis-Sterne: Der zwergnovatypische Helligkeitswechsel mit Ausbrüchen aus einem Ruhezustand, wird zeitweilig durch Intervalle mit nahezu konstantem Licht, den sogenannten Stillständen unterbrochen.

Die Helligkeit im Stillstand liegt zwischen Ausbruchs-, und Ruhehelligkeit. Der Stillstand beginnt im Helligkeitsabstieg aus dem Maximum und endet in einem Minimum. Z-Camelopardalis-Sterne sind Zwergnovae, deren Massenakkretionsrate nahe dem kritischen Wert liegt, ab dem keine Ausbrüche mehr auftreten [6]. Sie stellen somit in

Die Unterschiede zwischen den Unterklassen beruht auf unterschiedlichen mittleren Massenakkretionsraten, die in einer Sequenz Z-Camelopardalis-, U-Geminorum-, SU-Ursae-Majoris- und WZ-Sagittae-Stern abnimmt.

Novaähnliche Veränderliche

Unter den Novaähnliche Veränderlichen werden Scheibensysteme gruppiert, in denen keine Zwergnovaausbrüche vorkommen. Die Massenakkretionsrate liegt oberhalb eines kritischen Wertes, bei dem sich die Akkretionsscheibe ständig in einem stabilen Zustand befindet, der dem einer Zwergnova im Ausbruch ähnelt. Die meisten Novaähnlichen haben Perioden oberhalb der Periodenlücke von 3 Stunden. In der Regel

Folgende Untergruppen werden unterschieden:

  • UX-UMa-Sterne: Klassische Novaähnliche Veränderliche mit Akkretionsscheibe stabilen Zustand hoher Viskosität. Sie zeigen Wasserstoffabsorptionslinien im Spektrum und haben, abgesehen vom Protoyp UX UMa, oft geringe Bahnneigungen.
  • RW-Tri-Sterne: Systeme mit großer Bahnneigung, die aus diesem Grund Spektren mit Emissionslinien aufweisen, und oft einen Bedeckungslichtwechsel zeigen, wenn der Begleiter die Akkretionsscheibe verdeckt.
  • VY-Scl-Sterne: Diese Novaähnlichen zeigen in unregelmäßigen Abständen tiefe Minima von bis zu 4 Magnituden, bei dem der Massentransfer fast zum Erliegen kommt. Sie werden irreführenderweise auch als Anti-Zwergnovae bezeichnet.
  • SW-Sextantis-Sterne: Spektroskopisch mit den VY-Scl-Sternen verwandte Systeme, bei den aufgrund des großen Inklinationswinkels oft Bedeckungen beobachtet werden.

Novae

Die Form der Lichtkurve von Novae ähnelt denen von Zwergnovae bei einer größeren Amplitude. Der Ausbruchsmechanismus unterscheidet sich grundlegend, da die Eruptionen von Novae die Folge eines explosionsartigen Einsetzen von thermonuklearen Reaktionen auf der Oberfläche des Weißen Zwerges sind. Der Strahlungsdruck führt zu einem Sternwind, der die Atmosphäre um den Weißen Zwerg über die Fluchtgeschwindigkeit hinaus beschleunigt. Novae werden unterscheiden in

  • klassische Novae mit einem einmaligen Ausbruch in historischen Zeiträumen
  • wiederholende Novae mit mehr als einem beobachteten Ausbruch in historischen Zeiträumen.

Polare

Bei der Gruppe der Polaren dominiert das Magnetfeld des Weißen Zwerges das Doppelsternsystem. Bei den AM-Herculis-Sternen wird die Bildung einer Akkretionsscheibe unterdrückt, da die vom Begleiter kommende Materie entlang der Magnetfeldlinien direkt auf den Weißen Zwerg fließt. Weitere Effekte des bis zu 230 Megagauß starken Magnetfeldes sind eine Synchronisation der Bahnbewegung und der Rotation des Weißen Zwerges sowie eine bis zu 30 % starke Polarisation des optischen Lichtes. Bei den DQ-Herculis-Sternen ist das Magnetfeld schwächer. Es bildet sich eine Akkretionsscheibe, von deren innere Grenzschicht Materie entlang der Magnetfeldlinien auf die magnetischen Pole des Weißen Zwergs fällt. Alle Polare sind Quellen starker Röntgenstrahlung.

AM-Canum-Venaticorum-Sterne

AM-Canum-Venaticorum-Sterne sind enge Doppelsternsysteme mit einer Umlaufdauer von weniger als eine Stunde. Sie bestehen aus einem Weißen Zwerg und einem wasserstoffarmen Begleiter, der seine wasserstoffreiche Hülle verloren hat. Die Begleiter werden auch Helium-Sterne genannt. AM-Canum-Venaticorum-Sterne zeigen teilweise Ausbrüche wie Zwergnovae und laut numerischen Berechnungen auch wie Novae. Es gibt diverse Anzeichen für einen Materiefluss vom wasserstoffarmen Begleiter zum Weißen Zwerg.

Verwandte Objektklassen

Eng mit den kataklysmischen Veränderlichen verwandt sind enge Doppelsternsyteme mit Weißem Zwerg als Primärkomponente, bei denen der Begleiter kein Hauptreihenstern ist oder noch kein Massentransfer erfolgt:

Symbiotische Sterne

In Symbiotischen Sternen erfolgt der Massentransfer auf den Weißen Zwerg von einem Roten Riesen. Aufgrund der Größe des Begleitsterns sind die Abstände der Sternkomponenten weiter als in kataklysmischen Veränderlichen, und die Bahnperioden betragen nicht Stunden, sondern Jahre oder Jahrzehnte. Die Massentransferraten sind hoch, und es kommt zu Novaausbrüchen oder Wasserstoffschalenbrennen bei dem die Quelle als Super Soft X-ray Source beobachtet wird.

Prä-katalysmische Veränderliche

Die Vorläufer der kataklysmischen Veränderliche bilden die Klasse der Prä-katalysmischen Veränderlichen in den der Begleitstern noch nicht sein kritisches Roche-Volumen füllt und Materie über den inneren Langrange-Punkt L1 an den Weißen Zwerg abgibt.

Entstehung und Entwicklung

Entstehung eines kataklysmischen Doppelsternsystems in einer Gemeinsamen-Hüllen-Phase

Die Anwesenheit eines Weißen Zwerges in einem kurzperiodischen Doppelsternsystem ist zunächst unerwartet. Ein Weißer Zwerg ist der Kern eines ehemaligen Roten Riesens, dessen Durchmesser meist größer ist als der Abstand der Sterne im kataklysmischen Doppelsternsystem. Die Entstehung eines kataklysmischen Veränderlichen wird heute mit einer Gemeinsamen-Hüllen-Phase erklärt[7]. Während der massereichere Stern in seinem Inneren einen Kern aus schweren Elementen gebildet hat, expandiert seine Atmosphäre zu einem Roten Riesen. Diese kommt in Kontakt mit dem Begleiter und seine Bahnbewegung wird durch Reibung gebremst. Dabei kommt es zu einem Energietransfer in die Atmosphäre des Roten Riesen, die daraufhin abströmt sowie in der Folge zu einer Abnahme des Bahndurchmessers des Doppelsternsystems. Die Gemeinsame-Hüllen-Phase dauert nur wenige Jahre an und ist noch nicht direkt beobachtet worden. Nach dem kompletten Abwurf der Atmosphäre des ehemaligen Roten Riesens besteht das Doppelsternsystem aus einem Weißen Zwerg, dem ehemaligen Kern des Roten Riesen und einem massearmen Begleiter. Es findet meist noch kein Massetransfer statt. In diesem Stadium des präkataklysmischen Veränderlichen befindet sich z.B. V471 Tauri[8].

In dem Doppelsternsystem setzt magnetischer Drehmomentenverlust ein. Durch den Sternwind des Begleiters wird Plasma, ionisierte Materie, in den Raum beschleunigt und folgt den Magnetfeldlinien des Sterns. Das Plasma ist in den Magnetfeldlinien eingefroren und nimmt daher an der Rotation des Sterns. Da der Stern das abströmende Plasma mitschleppen muss wird die Rotation des Sterns abgebremst. Dies wiederum vermindert den Gesamtdrehimpuls des Doppelsterns und verringert den Abstand der Komponenten im Doppelsternsystem. Nach einiger Zeit füllt der Begleiter seine Roche-Grenzfläche in dem Doppelsternsystem aus und es beginnt ein Materiefluss auf den Weißen Zwerg. Dies ist die Geburtsstunde des kataklysmischen Veränderlichen[9]. Aufgrund des Materieflusses nimmt der Abstand der Komponenten weiter ab bis die Umlaufdauer circa 3,18 Stunden.

Es gibt kaum kataklysmische Doppelsternsysteme mit Umlaufdauern zwischen 3,18 und 2,15 Stunden. Dieses Phänomen wird als Periodenlücke (engl. period gap) bezeichnet[10]. Wenn der Abstand zwischen den Sternen einen Wert von 3,18 Stunden erreicht, hat der Begleiter eine Größe, bei welcher der Energietransport im Stern ausschließlich mittels Konvektion erfolgt. in der Folge schrumpft der Begleiter aufgrund seines geänderten Aufbaus unter die Roche-Grenzfläche, woraufhin der Materiefluss abreißt und die kataklysmische Aktivität ausklingt. Innerhalb der Periodenlücke kommt es zu einem langsamen Drehmomentverlust aufgrund der Abstrahlung von Gravitationswellen, wobei dieser Mechanismus bis zu einer Milliarde Jahre braucht um das Doppelsternsystem bei einer Umlaufdauer von 2,15 Stunden wieder in Kontakt zu bringen. Es gibt einige aktive kataklysmische Veränderliche innerhalb der Periodenlücke, wobei diese wahrscheinlich innerhalb der Periodenlücke erstmals die Roche-Grenzfläche ausfüllten und der Materietransfer einsetzte.

Bei einer Umlaufdauer von 2,15 Stunden füllt der Begleiter wieder seine Roche-Grenzfläche und die kataklysmische Veränderlichkeit wird als Folge des Massentransfers wieder nachweisbar. Die Umlaufdauer nimmt aufgrund der Abstrahlung von Gravitationswellen weiter ab bis zu einem Minimalwert von 83 Minuten. Hier erlischt das Wasserstoffbrennen im Begleiter, der sich in einen Braunen Zwerg umwandelt. Dieser kann nicht schnell genug mit einer Radiusverringerung auf den Massenverlust reagieren und in der Folge kommt es zu einer Expansion des Durchmessers des Begleiters sowie des Bahnabstands im Doppelsternsystem. Damit nimmt die Umlaufdauer des kataklysmischen Doppelsternsystems wieder zu.

Im Gegensatz zu dem oben beschriebenen Standardmodell gibt es auch kataklysmische Doppelsternsysteme unterhalb von 83 Minuten neben den AM-CVn-Systemen. Ein Beispiel ist SDSS J1507+52 mit einer Umlaufdauer von 67 Minuten[11]. Diese Abweichung kann eine Folge der Populationszugehörigkeit sein, da auch metallarme Unterzwerge einen kleineren Radius im Vergleich zu den Hauptreihensternen der Population I zeigen.

Sekundäre Entwicklung

Aufnahme einer alten Novahülle um die Zwergnova Z Camelopardalis

Novae und Zwergnovae sowie AM-Herculis-Sterne und Novae unterscheiden sich nicht in irgendwelchen physikalischen Parametern des Doppelsternsystems, in denen sie vorkommen. Schon früh entstand daher die Idee, dass diese Arten von kataklysmischen Veränderlichen Teil einer Entwicklungssequenz sind. Diese Hypothese gilt nach der Entdeckung von zwergnovaartige Ausbrüchen bei der Nova Her 1960 (=V446 Her)[12] sowie eine alte Novahülle um die Zwergnova Z Cam[13] als bestätigt.

Während eines Novaausbruchs wird Energie auf den Begleiter übertragen, der daraufhin expandiert und mehr Materie an den Weißen Zwerg transferiert. Daher ähnelt das Postnova-Spektrum meistens dem eines novaähnlichen Veränderlichen. Nach einiger Zeit relaxiert der Begleiter und der Materiestrom wird reduziert oder temporär vollständig unterbrochen. Nun kommt es bei einem geringen Massentransfer zur Akkretionsscheibe zu seltenen Zwergnovaeruptionen vom Typ U Gem. Der Materiefluss steigt weiter an und die Zwergnova wird den Z-Cam-Sternen zugerechnet, da die Transferrate bereits so hoch ist, dass die Akkretionsscheibe im Ausbruchstadium für längere Zeit verbleibt. Bei einem weiteren Anstieg der Transferrate verbleibt das Doppelsternsystem annähernd immer im Status der Eruption und wird als VY-Scl-Stern klassifiziert. Nach einiger Zeit hat sich soviel Materie an der Oberfläche des Weißen Zwerges angesammelt, dass es zu einer thermonuklearen Zündung kommt und ein neuer Novaausbruch beginnt. Nach theoretischen Überlegungen wird erwartet, dass kataklysmische Veränderliche einige tausend Novazyklen durchlaufen[14].

Kataklysmische Veränderliche als Vorläufer von Supernovae?

In kataklysmischen Doppelsternen wird Materie auf einen Weißen Zwerg transferiert. Übersteigt die Masse des Weißen Zwerges die Chandrasekhar-Grenze von ungefähr 1,4 Sonnenmassen, so kann die entartete Materie dem Druck nicht mehr widerstehen und der Weiße Zwerge kollabiert. Dies ist ein potentieller Bildungsmechanismus für eine Supernova vom Typ Ia. Allerdings durchlaufen wahrscheinlich alle kataklysmischen Veränderlichen mehrere Novaausbrüche und in den Nebeln um Novae sind Bestandteile von der Oberfläche des Weißen Zwerges nachgewiesen worden, die bei einem Novaausbruch abgesprengt worden sind. Deshalb verlieren die Weiße Zwerge in kataklysmischen Veränderlichen eher Masse und überschreiten nicht die Chandrasekhar-Grenze[15]. Dagegen hat eine Untersuchung der Massen von Weißen Zwergen auf Basis der Lichtkurven von kataklysmischen Veränderlichen nicht die erwartete Abnahme der Masse mit der Umlaufdauer des Doppelsternsystems ergeben[16].

Ein zweiter Entwicklungskanal zu einer Supernova vom Typ Ia könnten Super Soft X-ray Sources sein. Hierbei handelt es sich um kataklysmische oder symbiotische Doppelsternsysteme, bei denen es auf dem Weißen Zwerg zu einem stabilen Wasserstoffbrennen kommt. Dabei wächst die Masse des Weißen Zwerges aufgrund der vom Begleiter akkretierten Materie kontinuierlich an und dies sollte zu einer Supernova vom Typ Ia führen beim Überschreiten der Chandrasekhar-Grenze[17]. Allerdings ist die beobachtete Anzahl der Super soft X-ray source zu gering um einen signifikanten Anteil an Typ Ia Supernovae zu stellen.

Eine Verschmelzung zweier Weißer Zwerge kann laut numerischer Berechnungen ebenfalls zu einem Supernovaausbruch führen. Dies ist eine Szenario für die kurzperiodischen AM-Canum-Venaticorum-Sterne, in denen zwei (halb)-entartete Sterne Materie austauschen. Auf Archivaufnahmen des Röntgensatelliten Chandra vor dem Ausbruch der Supernova 2007on in NGC 1404 konnte eine schwache Röntgenquelle gefunden, deren Spektrum der eines AM-CVn-Sterns ähnelt[18].

Exoplaneten um kataklysmische Doppelsterne?

Um die kataklysmischen Veränderlichen NN Serpentis[19], UZ Fornacis[20],DP Leonis[21], QS Viriginis[22] und HU Aqr[23] sind Exoplaneten berichtet worden, auf deren Existenz mittels Lichtlaufzeiteffekt geschlossen wurde. Der Lichtlaufzeiteffekt beschreibt eine Veränderung des Eintretens eines messbaren Zeitpunkts, z.B. das Minimum eines Bedeckungslichtwechsels, aufgrund der Verschiebung des gravitativen Schwerpunkts durch einen weiteren oder mehrere Körper im Doppelsternsystem. Bei allen vier kataklysmischen Veränderlichen gibt es kein weiteres Indiz für einen Exoplaneten und zyklische Periodenänderungen in Doppelsternsystemen sind nur schwer einer Ursache eindeutig zuzuordnen. Daher ist die Interpretation, dass die Periodenänderungen der Minima dieser bedeckungsveränderlichen kataklysmischen Veränderlichen von Planeten hervorgerufen werden, nicht unumstritten[24].

Literatur

  1. Walter H. G. Lewin, Jan van Paradijs, Edward P. J. van den Heuvel: X-ray Binaries. Cambridge University Press, 1997, ISBN 978-0521599344.
  2. Brian Warner: Cataclysmic Variable Stars. Cambridge University Press, 1995, ISBN 978-0521542098.
  3. Brian Warner: Cataclysmic Variable Stars. Cambridge University Press, 1995, ISBN 978-0521542098.
  4. Cuno Hoffmeister, G. Richter, W. Wenzel: Veränderliche Sterne. J. A. Barth Verlag, Leipzig 1990, ISBN 3-335-00224-5.
  5. John R. Percy: Understanding Variable Stars. Cambridge University Press, Cambridge 2007, ISBN 978-0-521-23253-1.
  6. A model for the standstill of the Z Camelopardalis variables. In: Astronomy & Astrophysics. 121, 1983, S. 29. Bibcode: 1983A&A...121...29M.
  7. C. Knigge: The donor stars of cataclysmic variables. In: Monthly Notice of the Royal Astronomical Society. 373, Nr. 2, 2006, S. 484-502, doi:10.1111/j.1365-2966.2006.11096.x.
  8. Krzysztof Z. Kamiński et al.: MOST Photometry and DDO Spectroscopy of the Eclipsing (White Dwarf + Red Dwarf) Binary V471 Tau. In: The Astronomical Journal. 134, Nr. 1, 2007, S. 1206-1215, doi:10.1086/520923.
  9. C. Knigge: Cataclysmic Variables: Eight Breakthroughs in Eight Years. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1101.2901.
  10. U. Kolb, A. R. King, H. Ritter: The CV period gap: still there. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:9806007.
  11. Helena Uthas, Christian Knigge, Knox S. Long, Joseph Patterson, John Thorstensen: The cataclysmic variable SDSS J1507+52: An eclipsing period bouncer in the Galactic halo. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1104.1180.
  12. R.K. Honeycutt, J.W. Robertson, S. Kafka: The Dwarf Nova Outbursts of Nova Her 1960 (=V446 Her). In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1102.3761.
  13. M.M. Shara et al.: An ancient nova shell around the dwarf nova Z Camelopardalis. In: Nature. 446, 2007, S. 159–162, doi:10.1038/nature05576.
  14. S. N. Shore, M. Livio, E. P. J. van den Heuvel: Interacting Binaries: Saas-Fee Advanced Course 22. Lecture Notes 1992. Swiss Society for Astrophysics and Astronomy (Saas-Fee Advanced Courses). Springer Verlag, Berlin 1993, ISBN 978-3540570141.
  15. Michael F.Bode, A. Evans: Classical novae. Cambridge Univ. Press, Cambridge 2008, ISBN 978-0-521-84330-0
  16. C. D. J. Savoury, S. P. Littlefair, V. S. Dhillon, T. R. Marsh, B. T. Gaensicke, C. M. Copperwheat, P. Kerry, R. D. G. Hickman, S. G. Parsons: Cataclysmic Variables below the Period Gap: Mass Determinations of 14 Eclipsing Systems. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1103.2713.
  17. Joseph Patterson, John R. Thorstensen, Robert Fried, David R. Skillman, Lewis M. Cook and Lasse Jensen: Superhumps in Cataclysmic Binaries. XX. V751 Cygni. In: Publications of the Astronomical Society of the Pacific. 113, 2001, S. 72-81, doi:10.1086/317973.
  18. Rasmus Voss & Gijs Nelemans: Discovery of the progenitor of the type Ia supernova 2007on. In: Nature. 451, 2008, S. 802-804, doi:10.1038/nature06602.
  19. K. Beuermann et al.: The Planets around the Post-Common Envelope Binary NN Serpentis. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1102.0508.
  20. Stephen B. Potter et al.: The giant planet orbiting the cataclysmic binary DP Leonis. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2010, arXiv:1011.3905.
  21. K. Beuermann et al.: Possible detection of two giant extrasolar planets orbiting the eclipsing polar UZ Fornacis. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1106.1404v1.
  22. S.B. Qian et al.: A giant planet in orbit around a magnetic-braking hibernating cataclysmic variable. In: Monthly Notice of the Royal Astronomical Society. 401, Nr. 1, 2010, S. L34-L38, doi:10.1111/j.1745-3933.2009.00780.x.
  23. S.B. Qian et al.: Detection of a planetary system orbiting the eclipsing polar HU Aqr. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2011, arXiv:1103.2005.
  24. S.G. Person et al.: Orbital Period Variations in Eclipsing Post Common Envelope Binaries. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2010, arXiv:1005.3958.

Siehe auch


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • kataklysmische Veränderliche — kataklỵsmische Veränderliche   [zu griechisch kataklysmós »Überschwemmung«], veränderliche Sterne, deren Lichtwechsel mit dem Überfließen von Materie von einer Komponente in einem engen Doppelsternsystem auf die andere (Weißer Zwerg)… …   Universal-Lexikon

  • Veränderlicher Stern — Veränderliche Sterne, variable Sterne oder kurz Veränderliche, sind Sterne, die von der Erde aus gesehen Helligkeitsschwankungen aufweisen in einem Zeitraum kürzer als ein Jahrhundert. Diese Helligkeitsschwankungen sind nicht zu verwechseln mit… …   Deutsch Wikipedia

  • Röntgendoppelstern — Künstlerische Darstellung eines Röntgendoppelsterns mit Akkretionsscheibe und Jet Ein Röntgendoppelstern ist ein Doppelsternsystem, das Röntgenstrahlung abstrahlt aufgrund der Umwandlung von potentieller Energie in elektromagnetische Strahlung.… …   Deutsch Wikipedia

  • Kataklysmisch veränderlicher Stern — Eine Nova ist ein stellares astronomisches Objekt, dessen Helligkeit sich über einen relativ kurzen Zeitraum signifikant erhöht. Die Bezeichnung leitet sich ab vom lateinischen Ausdruck nova stella (neuer Stern) und bezieht sich auf das… …   Deutsch Wikipedia

  • Novula — Eine Nova ist ein stellares astronomisches Objekt, dessen Helligkeit sich über einen relativ kurzen Zeitraum signifikant erhöht. Die Bezeichnung leitet sich ab vom lateinischen Ausdruck nova stella (neuer Stern) und bezieht sich auf das… …   Deutsch Wikipedia

  • Wiederkehrende Nova — Eine Nova ist ein stellares astronomisches Objekt, dessen Helligkeit sich über einen relativ kurzen Zeitraum signifikant erhöht. Die Bezeichnung leitet sich ab vom lateinischen Ausdruck nova stella (neuer Stern) und bezieht sich auf das… …   Deutsch Wikipedia

  • AM-Canum-Venaticorum-Stern — AM Canum Venaticorum Sterne oder AM CVn Sterne sind kompakte enge Doppelsternsysteme, bestehend aus einem akkretierenden Weißen Zwerg und einem weiteren entarteten Begleiter. Die Umlaufdauer der Komponenten beträgt zwischen 5 und 65 Minuten. Der… …   Deutsch Wikipedia

  • Eruptionsveränderlicher Stern — Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und… …   Deutsch Wikipedia

  • Super Soft X-ray Source — (auf deutsch etwa superweiche Röntgenquelle) bezeichnet ein astronomisches Objekt, dessen elektromagnetische Strahlung überwiegend im Bereich der weichen Röntgenstrahlung (von 0,1 bis 2,5 keV) emittiert wird. Die meisten SSS sind in… …   Deutsch Wikipedia

  • Kataklysmos — Als Kataklysmos (zu altgr. κατακλυσμός (NT), „Überschwemmung“, „Sintflut“; „Vernichten“) bezeichnet man allgemein zyklisch auftretende Katastrophen bzw. Beinahe Weltuntergänge durch Überflutungen sowie speziell die Sintflut. Während der… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”