Super Soft X-ray Source

Super Soft X-ray Source

Super Soft X-Ray Source (auf deutsch etwa superweiche Röntgenquelle) bezeichnet ein astronomisches Objekt, dessen elektromagnetische Strahlung überwiegend im Bereich der weichen Röntgenstrahlung (von 0,1 bis 2,5 keV) emittiert wird. Die meisten SSS sind in extragalaktischen Systemen nachgewiesen worden, da innerhalb der Milchstraße die niederenergetische Röntgenstrahlung von interstellarer Materie absorbiert wird. Obwohl nur einige Dutzend Quellen in der Milchstraße bekannt sind, wird ihre Gesamtzahl auf einige Tausend hochgerechnet[1].

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Eigenschaften

Erstmals beschrieben wurden die Super Soft X-Ray Sources im Jahre 1991 nach einer Analyse von ROSAT-Daten der Großen Magellanschen Wolke[2]. Die Röntgenleuchtkraft der SSS kann mit bis zu 1038 erg pro Sekunde die Eddington-Grenze erreichen, dabei sind ihre Röntgenspektren mit einer Energie von 20 bis 100 eV extrem weich. Dies entspricht einer Schwarzkörpertemperatur von 105 bis 106 Kelvin, und ist um zwei Größenordnungen geringer als bei anderen Röntgendoppelsternen.

Aus der Röntgenleuchtkraft, ihrer Entfernung und der Schwarzkörpertemperatur konnte der Radius der Super Soft X-Ray Sources als charakteristisch für Weiße Zwerge berechnet werden. Die Spektren der SSS werden so gedeutet, dass auf der Oberfläche der Weißen Zwerge ein stetiges oder zyklisches Wasserstoffbrennen in einer für Röntgenstrahlen optisch dicken Schicht stattfindet[3]. Dazu wird ein Materieeinstrom auf den Weißen Zwerg von circa 10-7 Sonnenmassen pro Jahr benötigt, der in den meisten Fällen von einem Begleiter auf den kompakten Stern transferiert wird.

Veränderlichkeit

Einige Super Soft X-Ray Sources verbleiben für einen langen Zeitraum in einem Zustand des Wasserstoffbrennens auf der Oberfläche des Weißen Zwerges. Um die Röntgenquelle CAL 87 hat sich ein Emissionsnebel aus ionisierter Materie gebildet, dessen Entstehung beim jetzigen Strahlungsniveau um die 10.000 Jahre gedauert hätte[4]. Daneben sind SSS häufig veränderlich, sowohl im optischen als auch im Röntgenbereich, wobei diese beiden Spektralbereiche antikorreliert sind. Wenn die Röntgenhelligkeit im Maximum ist zeigt das System eine niedrige visuelle Helligkeit, und der Wechsel ins niedrige Röntgenlicht dauert nur wenige Tage. Diese Wechsel erfolgen zyklisch in einer Größenordnung von 100 Tagen. Die Helligkeitswechsel werden mit einer Änderung der Massentransferrate vom Begleiter auf den Weißen Zwerg in Verbindung gebracht und gelten als ein Anzeichen für die Doppelsternnatur der SSS[5]. Die Doppelsternsysteme sind als Röntgendoppelsterne, Kataklysmische Veränderliche und als symbiotische Sterne klassifiziert worden.

Novaausbrüche

20 % aller Ausbrüche von klassischen und wiederholenden Novae durchlaufen eine Phase, in der sie als Super Soft X-Ray Sources nachgewiesen werden können, und die bis zu 10 Jahre andauern kann. Novae sind die Folge eines explosiven Zündens von Wasserstoff auf der Oberfläche eines Weißen Zwerges und des Ausstoßens von Materie aufgrund der Energiefreisetzung. Der dabei entstehende Sternwind führt zu einer Pseudophotosphäre, die die Strahlung reabsorbiert und zunächst im Optischen wieder abstrahlt. Erst wenn sich die abgeworfene Atmosphäre weit genug ausgedehnt und damit ihre Dichte abgenommen hat, kann die Röntgenstrahlung des Wasserstoffbrennens austreten. Das Ende der Super-Soft-Phase wird als die Beendigung des Wasserstoffbrennens auf dem Weißen Zwerg interpretiert[6],[7].

SSS als Vorläufer von Supernovae vom Typ Ia

Supernovae vom Typ Ia entstehen unter anderem, wenn die Masse eines Weißen Zwerges die Chandrasekhar-Grenze von circa 1,2 Sonnenmassen überschreitet[8]. Die Vorläufer können keine Novae sein, da sie bei einem Ausbruch mehr Materie verlieren als sie vorher akkretiert haben. Bei Super Soft X-Ray Sources dagegen kommt es zu einem konstanten Wasserstoffbrennen an der Oberfläche des Weißen Zwerges, dessen Masse bei diesem Vorgang zunimmt und die Grenzmasse überschreiten kann. Voraussetzung hierfür ist eine hohe Massentransferrate über einen langen Zeitraum. Dies kann bei einigen kataklysmischen Veränderlichen wie den Zwergnova im permanenten Ausbruch auftreten[9]. Bei symbiotischen Sternen kann eine thermische Instabilität in dem Roten Riesen zu einer großen Massentransferrate auf den Weißen Zwerg führen[10].

Weitere Quellen extrem weicher Röntgenstrahlung

Neben den Weißen Zwergen, an deren Oberfläche es zu einem permanenten Wasserstoffbrennen kommt in Form von symbiotischen Sternen, Novae, kataklysmische Veränderlichen und Röntgendoppelsternen, existieren eine Reihe weiterer astronomischer Quellen von superweicher Röntgenstrahlung:[11]

Bei den beiden Arten von Weißen Zwergen, die nicht in einem Doppelsternsystem vorkommen (Post-AGB-Objekte und PG1159-Sterne), handelt es sich bei der Röntgenstrahlung um thermische Strahlung des vor kurzer Zeit freigelegten Sternkerns. Bei den AM-Herculis-Sternen und DQ-Herculis-Sternen entsteht die Röntgenstrahlung durch die Erwärmung der Oberfläche des Weißen Zwergs um die magnetischen Pole, an denen die akkretierte Materie abrupt abgebremst wird.

Einzelnachweise

  1. Walter Lewin, Michael van der Klies: Compact Stellar X-ray Sources (Cambridge Astrophysics). Cambridge University Press, Cambridge 2010, ISBN 978-0521158060.
  2. J. Trümper et al: X-ray survey of the Large Magellanic Cloud by ROSAT. In: Nature. 349, 1991, S. 579-583, doi:10.1038/349579a0.
  3. Walter H. G. Lewin, Jan van Paradijs, Edward P. J. van den Heuvel: X-ray Binaries. Cambridge University Press, 1997, ISBN 978-0521599344.
  4. Remillard, R. A.; Rappaport, S.; Macri, L. M.: Ionization nebulae surrounding CAL 83 and other supersoft X-ray sources. In: The Astrophysical Journal. 439, Nr. 2, 1995, S. 646.
  5. C. Alcock et al.: The X-ray off-state of the supersoft source CAL 83 and its interpretation. In: Monthly Notice of the Royal Astronomical Society. 286, 1997, S. 483-486.
  6. Michael F.Bode, A. Evans: Classical novae. Cambridge Univ. Press, Cambridge 2008, ISBN 978-0-521-84330-0
  7. D.R. van Rossum,J.-U. Ness: Expanding atmosphere models for SSS spectra of novae. In: Astronomische Nachrichten. 331, 2010, S. 175-178, doi:10.1002/asna.200911321.
  8. David Branch, Mario Livio, L R Yungelson, Francesca R Boffi, E Baron: In Search of the Progenitors of Type IA Supernovae. In: Publications of the Astronomical Society of the Pacific. 107, 1995, S. 1019, doi:10.1086/133657.
  9. Joseph Patterson, John R. Thorstensen, Robert Fried, David R. Skillman, Lewis M. Cook and Lasse Jensen: Superhumps in Cataclysmic Binaries. XX. V751 Cygni. In: Publications of the Astronomical Society of the Pacific. 113, 2001, S. 72-81, doi:10.1086/317973.
  10. Rappaport, S.; Di Stefano, R.; Smith, J. D.: Formation and evolution of luminous supersoft X-ray sources. In: The Astrophysical Journal. 426, 1994, S. 692-703, doi:10.1086/174106.
  11. J. Greiner: Catalog of supersoft X-ray sources. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2000, arXiv:astro-ph/0005238v1, doi:10.1016/S1384-1076(00)00018-X.

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