ʿAbd al-Muttalib ibn Hāschim

ʿAbd al-Muttalib ibn Hāschim

ʿAbd al-Muttalib ibn Hāschim (arabisch ‏عبد المطلب ﺑﻦ ﻫﺎﺷﻢ‎, DMG ʿAbd al-Muṭṭalib b. Hāšim; * um 497; † um 578) war Großvater des Propheten Mohammed.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Nachwirkung

ʿAbd al-Muttalib entstammte dem Clan der Quraisch, die ihre Abstammung auf Abraham zurückführten und im 6. Jahrhundert die Stadt Mekka und das Heiligtum der Kaaba beherrschten. ʿAbd al-Muttalib war ein Sohn von Hāschim ibn ʿAbd Manāf. Sein eigentlicher Name war Schaiba, denn er hatte bei seiner Geburt weiße Flecken am Kopf.[1] Er war in Mekka unter anderem für den Schutz der noch heute als heilig verehrten Quelle von Zamzam zuständig. Sein bekanntester Sohn war ʿAbd Allāh ibn ʿAbd al-Muttalib, der Vater Mohammeds. Da Mohammeds Vater bereits vor der Geburt des Propheten starb, kümmerte sich, neben Āmina, der Mutter Mohammeds, zunächst ʿAbd al-Muttalib als dessen Großvater, bereits über 70-jährig, um den Jungen.

Er nahm am stammespolitischen Leben Mekkas im 6. Jahrhundert teil und gehörte zu den wohl einflussreichsten Mitgliedern des haschimitischen Zweiges der Quraisch. Er soll Handelskontakte zu Abessinien geknüpft haben. [2]

Im Koranvers:

„Das ist die offensichtliche Prüfung (die wir Abraham auferlegt haben). Und wir lösten ihn (d. h. seinen Sohn, der geschlachtet werden sollte) mit einem gewaltigen Schlachtopfer aus.“

Sure 3, Vers 106-107: Übersetzung: Rudi Paret

sieht die Koranexegese die von Abraham beabsichtigte Opferung seines Sohnes Ismael, die durch die Schlachtung eines Widders (kabsch), dem islamischen Rechtsverständnis entsprechend, als Sühneleistung (kaffāra) abgegolten werden konnte. Im koranexegetischen Werk von at-Tabari und später bei Ibn Kathir bezeichnet sich Mohammed folglich als „Sohn der zwei Geopferten“ (Ibn adh-dhabīḥaini) und deutet damit die - nicht durchgeführte - Opferung seines Vaters durch ʿAbd al-Muttalib an und versteht sich somit durch die Person Ismaels, der mit seinem Vater Abraham als der Erbauer des Kaaba-Heiligtums von Mekka verehrt wird, als Teil der abrahamitischen Tradition. Denn, so die islamische Tradition und Koranexegese, Abraham wollte seinen Sohn Ismael als Opfer darbringen.

ʿAbd al-Muttalib starb, als Mohammed 6 Jahre alt war; die weitere Fürsorge übernahm Mohammeds Onkel Abu Talib.

Legenden aus der islamischen Geschichtsschreibung

Die islamische Geschichtsschreibung liefert über ihn überwiegend legendenhafte Informationen; die Wiederauffindung des Zamzam, der heiligen Quelle im Kaaba-Heiligtum, wird mit seinem Namen verbunden. [3] Diese Berichte fasst Muhammad ibn Saʿd in seinem „Klassenbuch“ auf mehreren Seiten zusammen, [4] die der mekkanische Lokalhistoriker al-Azraqī (†837) in seiner Geschichte der Stadt Mekka[5] mit weiteren lokalspezifischen Legenden ausschmückt.

Eine weitere Legende im islamischen Schrifttum, die im späten 7. Jahrhundert sowohl mündlich als auch schriftlich überliefert wurde[6],wird ebenfalls mit dem Namen von ʿAbd al-Muttalib verbunden. Ihr zufolge soll er an der Kaaba den Eid geleistet haben, einen seiner Söhne den Götzen zu opfern, wenn ihre Anzahl die zehn erreicht. Bei der Auslosung der zehn Namen zwischen den Lospfeilen bei Hubal sei das Los auf ʿAbd Allāh gefallen, den späteren Vater des Propheten Mohammed. Familienmitglieder, vor allem seine Töchter, haben ʿAbd al-Muttalib jedoch geraten, den Eid durch die Opferung von zehn Kamelen als damals übliche Sühneleistung zu ersetzen. Erst nach zehnmaliger Befragung der Lospfeile soll das Los nicht mehr auf ʿAbd Allāh, sondern auf die Kamele gefallen sein, die ʿAbd al-Muttalib dann bei Mina geopfert haben will.[7]

Im vorislamischen Arabien sind Menschenopfer, männliche Kinder und Kriegsgefangene, als rituelle Praxis bekannt, im 6. Jahrhundert allerdings nicht mehr üblich gewesen. Dieser in der Retrospektive erzählte Bericht wird in der Forschung daher als unhistorisch, sein Stellenwert in der islamischen Geschichtsschreibung als apokryph betrachtet.[8]

Einzelnachweise

  1. Ibn Saad: Biographien... (Hrsg.) Eugen Mittwoch. Brill, Leiden 1905. Bd. I. Theil 1, S. 46
  2. W. Montgomery Watt (1953), S. 30
  3. W. Montgomery Watt (1953), S. 31
  4. Ibn Saad: Biographien... (Hrsg.) Eugen Mittwoch. Brill, Leiden 1905. Bd. I. Theil 1, S. 48-51; S. IX (Inhaltsangabe) in deutscher Sprache
  5. Fuat Sezgin: Geschichte des arabischen Schrifttums. Brill, Leiden 1967. Bd. 1, S. 344
  6. Zu dieser Frage der Überlieferungsmodalitäten in der Frühzeit siehe: G. Widengren: Oral tradition and written literature among the Hebrew in the light of Arabic evidence, with special regard to prose narratives. In: Acta Orientalia (AO), Bd. 23 (1958), S. 201-262; hier: S. 212
  7. Ibn Saad: Biographien... (Hrsg.) Eugen Mittwoch. Brill, Leiden 1905. Bd. I. Theil 1, S. 53-54; S. IX-X. (Inhaltsangabe) in deutscher Sprache
  8. Joseph Henninger: Menschenopfer bei den Arabern. In: Anthropos 53 (1958), S. 721ff.- mit weiteren Quellenangaben; Julius Wellhausen: Reste arabischen Heidentums. Berlin 1897. S. 116

Literatur

  • The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Brill, Leiden. Bd 1, S. 80
  • W. Montgomery Watt: Muhammad at Mecca. Oxford University Press. 1953. S. 6-7; 30-33
  • Ibn Saad: Biographien... (Hrsg. Eugen Mittwoch). Brill, Leiden 1905. Bd. I. Theil 1. S. 48ff. S. IX (Inhaltsangabe) in deutscher Sprache

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