- Abrahamitische Religion
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Als Abrahamitische, Abrahamische oder Abrahams- Religion bezeichnen Theologen jene monotheistischen Religionen, deren Wurzeln im ersten Hauptteil der Hebräischen Bibel, der Tora oder dem Pentateuch, zu finden sind. Der Begriff bezieht sich vor allem auf den dort überlieferten Bund zwischen dem Gott JHWH und Abraham, dem Stammvater des Volkes Israel (Genesis 12,1-3), den auch Christen und Muslime als ihren von Gott erwählten Stammvater ansehen.
Inhaltsverzeichnis
Vorisraelitische Väterreligion
Im Mittelpunkt steht besonders die Eigenart der vorisraelitischen „Väterreligion“. Aufgrund der nomadischen Lebensweise der Erzväter spricht man hier auch von einem „Monotheismus der Wüste“. (siehe dazu: Vätergötter)
Oberbegriff für verwandte Religionen
Der Begriff wird teilweise als gemeinsamer Oberbegriff für verschiedene Weltreligionen verwandt, die sich auf den „Abrahamsbund“ zurückführen:
- das Judentum: Alle Juden sind für die Bibel „Kinder Abrahams“, also eine Abstammungseinheit.
- das Christentum: Für das Neue Testament hat Jesus Christus denen, die an ihn glauben, den Segen Abrahams vermittelt und sie in die Gotteskindschaft einbezogen, so dass auch sie Anteil an den biblischen Verheißungen für das Volk Israel erhalten.
- der Islam: Dort gilt Ibrahim ebenfalls als Stammvater aller Ismaeliten, die noch vor dem Erben Isaak in der Bibel die Zusage Gottes auf Nachkommenschaft und Segen erhalten. Er ist im Koran außerdem nach Adam der erste Prophet, der allen Menschen den einzigen wahren Gott verkündet und zugleich Vorbild ihrer Glaubenstreue und Gerechtigkeit ist.
- das Bahaitum: Abraham gilt als Manifestation Gottes[1], als „von Gott Erwählter“, als Stammvater späterer Religionsstifter und als „Vorbild im rechten Glauben“.[2] Der Religionsstifter Baha’u’llah bezeichnet ihn als den „Freund Gottes“[3], Abdu'l Baha als „vollendeten Erzieher“[4], auf welchen der Monotheismus zurückgehe.[5]
Abrahamitischer Dialog
Ihr wechselseitiger Dialog wird von Vertretern der Abrahamitischen Ökumene auch als Trialog bezeichnet. Theologen dieses Trialogs verwenden den Begriff „Abrahamsreligion“ auch, um die gemeinsame Herkunft und enge Verwandtschaft von Juden, Christen und Muslimen auszudrücken.
Von orthodoxen oder fundamentalistischen Gruppen in jeder der drei Religionen wird der Begriff meist abgelehnt, sofern er ein gemeinsames Glaubensbekenntnis von Juden, Christen und Muslimen beinhaltet oder anstrebt. Dies wird häufig als Selbstaufgabe gedeutet, da jede der drei Religionen einen Wahrheitsanspruch enthalte, der die Wahrheitsansprüche der jeweils Andersgläubigen ausschließe.
Von Theologen wie Bertold Klappert wird jedoch betont, dass der Begriff der „Abrahamsreligion“ und der Trialog nicht als Aufgabe der eigenen Glaubensidentität zu verstehen seien, sondern dass die Begegnung zwischen den weiterhin verschiedenen Religionen gerade nur auf der Basis ihrer jeweiligen besonderen Wahrheit sinnvoll stattfinden könne. Gerade die ursprüngliche Abrahamsverheißung in ihrer Mehrdimensionalität ermögliche die Wahrnehmung der Einheit in der Verschiedenheit der drei Abrahamsreligionen (siehe Weblinks).
Kleinere Religionen, die sich auf Abraham beziehen
Im weitesten Sinn werden auch kleinere Religionsgemeinschaften dazu gezählt, deren Glaubensinhalte sich auf die Grundlagen dieser drei Religionen zurückführen lassen; eine exakte, allgemein anerkannte Abgrenzung ist dabei nicht möglich, da die Frage der Zugehörigkeit immer auch eine Frage des subjektiven Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft bleibt.
Dazu gezählt wird beispielsweise der Samaritanismus, der eine genuin israelitische Religion ist; ebenso verstehen sich die Sikhs, die Drusen, die Mandäer und die Rastafari als abrahamitische Religionen. Noachiden sehen sich in der Tradition Noachs, entspringen also demselben Umfeld, sehen sich jedoch nicht in der direkten Tradition Abrahams und werden daher nicht zu den abrahamitischen Religionen im engeren Sinne gezählt.
Literatur
- Martin Stöhr (Hrsg.): Abrahams Kinder. Juden, Christen, Moslems. Haag + Herchen 1999, ISBN 3881296832
- Jonathan Magonet: Abraham - Jesus - Mohammed. Interreligiöser Dialog aus jüdischer Perspektive., Gütersloher Verlagshaus, 2000, ISBN 3-579-00735-1
- Karl-Josef Kuschel: Streit um Abraham. Was Juden, Christen und Muslime trennt - und was sie eint. Patmos, Düsseldorf 2001, ISBN 3491690307
- Jürgen Micksch: Abrahamische und Interreligiöse Teams, Otto Lembeck, 2003, ISBN 3-87476-421-4
- Reiner Nieswandt: Abrahams umkämpftes Erbe. Katholisches Bibelwerk, Stuttgarter biblische Beiträge 41, Stuttgart 1998, ISBN 3-460-00411-8
Weblinks
- Abrahamisches Forum in Deutschland
- Bertold Klappert, ev. Theologe: „Abraham eint und unterscheidet“
- Literaturhinweise zum Thema „Abraham und Sarah als Leitfiguren für Dogmatik und interreligiösen Dialog“
- Horst Kannemann: Dialog und Mission mit den abrahamischen Religionen. Theologisches Werkstattgespräch mit dem Ausschuss für außereuropäische Ökumene und Mission (Simmern, 27. August 2002)
Einzelnachweise
- ↑ Peter Smith: Art. Manifestations of God. in: Peter Smith: A Concise Encyclopedia of the Bahá’í Faith. Oneworld-Publications, Oxford 1999, ISBN 978-1-85168-184-6, S. 231.
- ↑ Vgl. Pressemitteilung des Interkulturellen Rates in Deutschland vom 2. März 2007 basierend auf einer Stellungnahme des Orientalisten Armin Eschraghi
- ↑ Baha’u’llah: Buch der Gewissheit. Kitáb-i-Íqán. 4. Auflage. Bahá’í-Verlag, Hofheim 2004, ISBN 3-87037-362-8 (online). Vers 67
- ↑ 'Abdu'l-Bahá: Beantwortete Fragen. 3. Auflage. Bahá’í-Verlag, Hofheim 1977, ISBN 3-87037-094-7 (online). Kapitel 4
- ↑ 'Abdu'l-Bahá: Briefe und Botschaften. 1. Auflage. Bahá’í-Verlag, Hofheim 1992, ISBN 3-87037-280-x (online). Vers 25:3
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