Bernd Lunkewitz

Bernd Lunkewitz

Bernd F. Lunkewitz (* 5. Oktober 1947 in Kassel) ist ein deutscher Immobilieninvestor und Verleger. Er lebt in Frankfurt am Main und Berlin.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Lunkewitz studierte Politik und Philosophie, gründete die antiimperialistische „Rote Garde Bockenheim“, ist bekennender Marxist und ehemaliger Maoist, ehemaliges Mitglied der KPD/ML und trug den Beinamen „Che von Kassel“.

Am 16. September 1969 wurde er vor dem Haus des Kasseler NPD-Landtagsabgeordneten Fischer angeschossen.

Sein Vermögen machte Lunkewitz durch Immobilienspekulationen, und zwar mit dem überlieferten einfachen Rezept: „Reich wird man, indem man billig einkauft und teuer verkauft.“ (aus einem Interview mit 3sat, 2002).

Bis 2004 war Lunkewitz verheiratet mit der Schauspielerin Daniela Lunkewitz. Seit 2005 ist er in zweiter Ehe verheiratet mit der Textildesignerin Stephanie Lunkewitz und hat eine Tochter.

Lunkewitz als Besitzer des Aufbau-Verlags

1991 erwarb Lunkewitz den Aufbau-Verlag (Berlin), einst der bedeutendste ostdeutsche Verlag und das literarische Aushängeschild der DDR, von der Treuhandanstalt. Inbegriffen in die Aufbau-Verlagsgruppe waren die Verlage Rütten & Loening und Gustav Kiepenheuer Leipzig. In der Verlagsgruppe erschienen neben bedeutenden Gegenwartsautoren nicht nur wichtige literarische Vertreter des 20. Jahrhunderts wie Heinrich Mann, Bertolt Brecht, Anna Seghers, Arnold Zweig oder die Gesellschaftskritiken von Hans Fallada sondern auch Klassikerausgaben wie "Schillers Werke in 10 Bänden".

Lunkewitz ist heute einer der wenigen erfolgreichen und wirtschaftlich unabhängigen Belletristik-Verleger in Deutschland. Neben Bestsellern wie den Tagebüchern von Victor Klemperer oder Brigitte Reimann und den Memoiren von Stefan Effenberg hatte Lunkewitz in den letzten Jahren aber auch Rückschläge hinzunehmen, so den Weggang von Christa Wolf und Christoph Hein. Wirtschaftliche Schwierigkeiten zwangen Lunkewitz 2003 zur überregional kritisierten Schließung des Gustav Kiepenheuer Verlags Leipzig.

Nach einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung, in dem umfassend über die schwierigen Erwerbs- und Besitzverhältnisse des Aufbau-Verlags berichtet wird, hat Lunkewitz den Verlag von der Treuhand gekauft, obwohl der Verlag sich juristisch gesehen gar nicht in deren Besitz befand, sondern Eigentum des Kulturbunds der DDR war. Lunkewitz sagt in diesem Artikel: "Ich halte die Treuhand für eine in Teilen kriminelle Vereinigung." (Hans Leyendecker, "Eine vermögenslose Hülle. Ein Lehrstück aus Vereinigungstagen: Wie die Treuhand den Berliner Aufbau-Verlag verkaufte, der gar nicht in ihrem Besitz hätte sein dürfen". In: Süddeutsche Zeitung, 28. März 2008, S. 13)

Im Oktober 2003 wurde Lunkewitz' langjähriger Freund Michel Friedman Herausgeber für den Bereich »Politisches Buch« beim Berliner Aufbau-Verlag.

Im Frühjahr 2008 zog sich Lunkewitz aus dem Aufbau Verlag zurück. Am 30. Mai 2008 beantragte die Geschäftsführung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, nachdem Lunkewitz überraschend die finanzielle Unterstützung beendet hatte. Bereits am 2. Juni 2008 erhielt der Verlag die Kündigung des Mietvertrages für das Verlagsgebäude, das sich im Besitz von Lunkewitz befindet. Seither wird er in einer stark emotional aufgeladenen öffentlichen Debatte von der Geschäftsführung des Aufbau-Verlags als Verräter bezeichnet. Diese Sichtweise lässt außer Betracht, dass Lunkewitz seit Erwerb des Verlags erhebliche Mittel aus seinem Privatvermögen (nach Informationen der FAZ bereits 17 Mio. DM bis 1995) in den Verlag investiert hat.

In einem SPIEGEL-Artikel (SPIEGEL 25/2008, S. 166, "Das Licht ausgemacht") rechtfertigt Lunkewitz seine Handlungsweise. Die Insolvenz für den Aufbau Verlag hätte deshalb zwingend erfolgen müssen, weil sich nach aktueller Rechtslage alle Aktiva in einem anderen Unternehmen, der Aufbau-Verlagsgruppe GmbH, befänden und die Gesellschaft damit vermögenlos sei. Bei der Aufbau-Verlagsgruppe GmbH handelt es sich um den Teil des Verlags, den Lunkewitz seinerzeit von der Treuhand erworben hatte und der sich als leere Hülle erwiesen hatte, was nun durch ein Urteil des BGH bestätigt wurde. Lunkewitz betreibt die Insolvenz offensichtlich, um damit das Bundesfinanzministerium in die Haftung zu nehmen.

Literatur

Biografien

Presse

  • "Ich wollte immer im geistigen Brennpunkt der Nation sein". Der Verleger Bernd Lunkewitz über sein Verhältnis zu Literatur und Gesellschaft. Gespräch mit Klaus Walraff und Christoph Keese. Berliner Zeitung 2. Mai 1998.
  • Bernd F. Lunkewitz, Verleger. Wann verkaufen Sie den Aufbau-Verlag, Herr Lunkewitz? Gespräch mit Moritz Müller-Wirth. Der Tagesspiegel 8. Juli 1998.
  • Uwe Wittstock: Der Che Guevara von Kassel. Unabhängige Verleger, die letzten ihrer Art: Bernd F. Lunkewitz rettete den Aufbau-Verlag. Die Welt 24. November 2001.
  • Ich bin lieber Ritter als Knecht. Bernd F. Lunkwitz, interviewt von Christoph Amend. Der Tagesspiegel 12. Mai 2002.
  • Uwe Müller: Der Grabredner Bernd Lunkewitz wird zum Bestatter. Der traditionsreiche Aufbau-Verlag Gustav Kiepenheuer schließt seine Pforten in Leipzig. Die Welt 27. Februar 2003.
  • Christian Esch: Gustav Kiepenheuer Verlag verlässt Leipzig. Berliner Zeitung 28. Februar 2003.
  • "Ich hätte gern einen Stall voller Dostojewskis". Interview mit Bernd F. Lunkewitz, Chef des Berliner Aufbau-Verlages. Das Parlament Nr. 40-41, 29. September 2003.
  • Cornelia Geissler: Der Salonmarxist im ehemaligen DDR-Verlag. Der Aufbau-Verlag feiert seinen 60. Geburtstag. Berliner Zeitung 8. September 2005.
  • DER SPIEGEL: Das Licht ausgemacht. DER SPIEGEL 25/2008, S. 166

Publikationen

  • Müller-Wirth, Moritz: Die Kultur-Macher. Eine Zwischengeneration auf dem Vormarsch: Bernd F. Lunkewitz & Peter L. H. Schwenkow. Fannei und Walz, Berlin 1996
  • Wittstock, Uwe: Bernd F. Lunkewitz: Der Retter des Aufbau-Verlags, in Wittstock, Uwe: Die Büchersäufer. Streifzüge durch den Literaturbetrieb. Schriftreihe: Zu Klampen Essay, S.42-47, Dietrich zu Klampen Verlag, Springe 2007, ISBN 978-3-86674-005-1.

Weblinks


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