- Michel Friedman
-
Michel Friedman [miˈʃɛl ˈfʁi:tman] (* 25. Februar 1956 in Paris) ist ein deutscher Rechtsanwalt, Politiker, Kolumnist und Fernsehmoderator. Von 2000 bis 2003 war er stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland und von 2001 bis 2003 Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses. Friedman führt die akademischen Grade Dr. iur. und Dr. phil.
Inhaltsverzeichnis
Familiärer Hintergrund und Ausbildung
Friedman entstammt einer polnisch-jüdischen Familie. Seine Eltern und seine Großmutter wurden von Oskar Schindler gerettet. Seine Familie besaß nach dem Zweiten Weltkrieg in Paris ein Pelzgeschäft; ein Bruder Friedmans lebt heute in Israel. 1965 siedelte Friedman mit seinen Eltern von Frankreich nach Frankfurt am Main über.
Friedman war früh Schulsprecher und organisierte Demonstrationen gegen die Sowjetunion. Nach einem abgebrochenen Medizinstudium studierte Friedman Rechtswissenschaft. Sein Staatsexamen legte er 1988 ab. 1994 wurde er an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit einer Dissertation zum Thema „Das Initiativrecht des Betriebsrats“ zum Dr. iur. promoviert. 2010 promovierte Michel Friedman bei Klaus-Jürgen Grün in Philosophie zum Thema „Willensfreiheit“.[1]
Seit dem 16. Juli 2004 ist er mit der Fernsehmoderatorin Bärbel Schäfer verheiratet, die zum Judentum konvertierte. Am 10. September 2004 erfolgte die Trauung nach jüdischem Ritus in der Park East Synagoge, dem Gotteshaus einer orthodoxen jüdischen Gemeinde in New York. Das Paar hat zwei Söhne.
Karriere als Politiker
1983 trat Friedman in die CDU ein. 1984 wurde er Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt und 1985 CDU-Stadtverordneter in Frankfurt. 1994 wurde Friedman in den Parteivorstand der hessischen CDU gewählt. Wegen der Spendenaffäre um Roland Koch trat er Anfang 2000 aus der hessischen CDU aus. Seitdem ist er Mitglied der saarländischen CDU. Friedman war auch im Bundesvorstand der CDU, aus dem er im Zuge seiner heftigen öffentlichen Vorwürfe gegenüber dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl zurücktrat.
Öffentliches Auftreten
Neben seiner Karriere als Anwalt und Politiker ist Friedman seit 1993 als Fernsehmoderator tätig. Von 1993 bis 1994 moderierte er beim Mitteldeutschen Rundfunk die Talkshow Riverboat, von 1998 bis 2003 beim Hessischen Rundfunk die Sendung Vorsicht! Friedman. Im Jahr 2000 wurde er zum „Krawattenmann des Jahres“ gewählt. Im selben Jahr wurde Friedman mit Frankreichs höchstem Orden, der Offizierswürde der Ehrenlegion, für seine Verdienste um die deutsch-französische Aussöhnung durch Botschafter Claude Martin geehrt. 2001 erhielt er das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse sowie den Deutschen Fernsehpreis. Im Jahre 2002 führte er einen öffentlichen Streit mit dem FDP-Politiker Jürgen Möllemann, bei dem es um Israel, die Palästinensischen Autonomiegebiete und um Antisemitismusvorwürfe gegenüber Möllemann ging.
Affäre um Zwangsprostitution und Kokain
Im Juni 2003 geriet Friedman im Zuge von Ermittlungen wegen Menschenhandels im Rotlichtmilieu in das Blickfeld der Staatsanwaltschaft. Mehrere Prostituierte, die illegal aus der Ukraine nach Deutschland gebracht und zwangsprostituiert worden waren, sagten aus, er habe mit ihnen mehrmals Sex gehabt, in ihrem Beisein Kokain konsumiert und das Suchtmittel auch ihnen angeboten. Prostituierte und Kokain habe Friedman unter dem Pseudonym Paolo Pinkas (von der Polizei zunächst fälschlicherweise als Paolo Pinkel verstanden – Pinkas ist ein hebräischer Vorname) angefordert. Daraufhin wurden seine Kanzlei und seine Wohnung rechtmäßig durchsucht. Drei szenetypische Päckchen wurden gefunden, die Anhaftungen von Kokain aufwiesen. Die gefundene Menge war zu gering, um den genauen Wirkstoffgehalt zu ermitteln. Das Untersuchungsergebnis einer von Friedman abgegebenen Haarprobe war hingegen positiv, was den rechtlichen Nachweis erbrachte, dass Friedman tatsächlich Kokainkonsument gewesen war. Daraufhin erging am 8. Juli 2003 ein Strafbefehl gegen Friedman wegen Kokainbesitzes über 150 Tagessätze in einer Gesamthöhe von 17.400 Euro, den er widerspruchslos akzeptierte.[2]
Friedman trat im Zuge dieser belastenden Affäre von allen öffentlichen Ämtern zurück. In einer öffentlichen Erklärung bestätigte er reumütig, einen „Fehler gemacht zu haben“, ohne die Natur dieses Fehlers dabei zu konkretisieren. Friedman entschuldigte sich bei den Menschen, die er enttäuscht habe, und bat die Öffentlichkeit um „eine zweite Chance“. Da es Friedman vermied, sich ausdrücklich bei den Prostituierten zu entschuldigen, wurde er unter anderem von der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes öffentlich kritisiert.[3][4][5]
Beruflicher Neubeginn
In den folgenden Monaten übernahm Friedman ein Aufsichtsratsmandat für die Firma Wall AG. Daneben ist er Herausgeber für den Programmbereich „Politisches Buch“ im Aufbau-Verlag. Bereits Anfang November 2003 nahm Friedman nach längerer Abwesenheit im Fernsehen wieder als Gesprächspartner an der Politdiskussionsrunde von Sabine Christiansen teil. Seit Februar 2004 moderiert er beim Sender „13th Street“ die Sendung „Im Zweifel für… Friedmans Talk“, eine Recht-Talkshow zur US-Serie „Law & Order“. Des Weiteren moderiert Friedman seit Oktober 2004 eine wöchentliche Talkshow beim Nachrichtensender N24, „Studio Friedman“,[6] und kommentiert Berichterstattungen zu politischen Themen wie etwa dem 8. Mai, dem Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges in Europa. Friedman ist Kolumnist der Zeitung Die Welt, nachdem er zuvor regelmäßig Kommentare in der inzwischen eingestellten Frankfurter Kompaktzeitung NEWS geschrieben hat.
Öffentliche Ämter
Im August 2000 hat er gemeinsam mit Uwe-Karsten Heye und Paul Spiegel den Verein „Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e. V.“ gegründet, der sich bundesweit für ein weltoffenes und tolerantes Deutschland einsetzt.[7][8]
Werke
- Das Initiativrecht des Betriebsrats. Peter Lang, Frankfurt/M. u.a. 1995, ISBN 3-631-47747-3 (zugl. Diss. Mainz)
- Zukunft ohne Vergessen. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1995, ISBN 3-462-02437-X.
- Religionsfreiheit. Müller, Heidelberg 1996, ISBN 3-8114-0897-6.
- Kaddisch vor Morgengrauen. Aufbau, Berlin 2005, ISBN 3-351-03046-0.
- Schuldlose Verantwortung. Vorgaben der Hirnforschung für Ethik und Strafrecht. Peter Lang, Frankfurt/M. u.a. 2010, ISBN 978-3-631-60489-2 (zugl. Diss. Frankfurt/M.)
Weblinks
Wikiquote: Michel Friedman – ZitateCommons: Michel Friedman – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur von und über Michel Friedman im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Robin Detje: Im freien Fall Die Zeit, 18. Juni 2003
- Gespräch von Friedman mit Horst Mahler in Vanity Fair: Teil 1, Teil 2
- Michel Friedman auf N24.de
Einzelnachweise
- ↑ „Ich habe Marcuse mit 16 begriffen“ – Interview mit Michel Friedman und Matthias Matussek auf streitbar.org
- ↑ Hamburger Abendblatt: „150 Tagessätze – Warum Friedmann 17 400 Euro zahlt“ in: abendblatt.de, erschienen am 9. Juli 2003
- ↑ Terre des Femmes kritisiert Michel Friedman Auszug aus Pressemeldung von Terre des Femmes von 2003.
- ↑ Offener Brief an den ev. Kirchentag der Frauen-Union Niedersachsen vom 28. Februar 2005, abgerufen am 2. März 2011
- ↑ Kirchentag: Friedman unerwünscht In: Focus.de vom 15. März 2005, abgerufen am 2. März 2011.
- ↑ Offizielle Seite von Studio Friedman bei N24
- ↑ Gesicht Zeigen! » Verein
- ↑ Bundesministerium für Justiz: Gesicht Zeigen!
Kategorien:- Rechtsanwalt (Deutschland)
- Fernsehmoderator (Deutschland)
- Talkmaster
- Person (Zentralrat der Juden in Deutschland)
- Person des Judentums (Frankfurt am Main)
- CDU-Bundesvorstand
- Mitglied der Ehrenlegion (Offizier)
- Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse
- Deutscher
- Geboren 1956
- Mann
Wikimedia Foundation.