Bethencourt

Bethencourt
Jean de Béthencourt

Jean de Béthencourt (* 1362 in Grainville-la Teinturière, Normandie, Frankreich; † 1425 ebenda, kinderlos) war ein normannischer Adliger, der 1402 unter Heinrich III. die Eroberung der Kanarischen Inseln für Kastilien begann. Seitdem gehören die Kanaren politisch zu Spanien.

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Jean de Béthencourt, der Sohn von Marie de Bracquemont und Jean de Béthencourt heiratete am 30. Januar 1392 in Paris Jeanne de Fayel, die Tochter von Guillaume de Fayel und Marguerite de Chatillon. Im Jahre 1405 beschwerte sich seine Ehefrau, dass ihr Ehemann angeordnet habe, dass sie ihr Haus nicht mehr verlassen dürfe und sie keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater und Freunden haben dürfe. Am 11. April 1387 hatte Béthencourt von König Karl VI. die Erlaubnis erhalten, die Burg von Grainville-la- Teinturière wiederaufzubauen und zu verstärken. Sie war zuvor in Folge eines Bürgerkrieges zerstört worden. Am 9. Dezember 1388 erhielt er die Zustimmung von Papst Clemens VII., auf der Burg eine Kapelle zu errichten.

Béthencourt begann 1402 mit der Einnahme von Lanzarote, was sich bis dahin Titeroygatra nannte, und führte mit seinem militärischen Partner Gadifer de la Salle seine Feldzüge auf dem benachbarten Fuerteventura bis 1404 fort, wo die Hauptstadt Betancuria nach ihm benannt wurde. An der Insel La Gomera scheiterte er, konnte aber mit zwei der vier damaligen Stämme der Ureinwohner, der Guanchen, Beziehungen aufnehmen. Schließlich gelang es ihm durch eine List auch die westlichste Insel El Hierro einzunehmen. Für die beiden großen Zentralinseln des Archipels, Gran Canaria und Teneriffa, sowie für die schwer zugängliche Insel La Palma waren seine Kräfte zu gering.

Vorgeschichte

Jean de Béthencourt musste aus seiner Misere heraus kommen. Er war beim französischen König Karl VI. in Ungnade gefallen, mehrfach angeklagt und stark verschuldet. Daraufhin knüpfte er Beziehungen zum kastilischen Hof. König Heinrich III. von Kastilien befahl Béthencourt auf den Kanaren, dem damaligen Ende der westlichen Welt, unter dem Deckmantel christlicher Mission seinem eher wirtschaftlichen Interesse nachzugehen.

Im Dezember 1401 verkaufte Béthencourt sein Haus in Paris, welches mit 200 goldenen Francs geschätzt worden war. Auch andere Eigentümer verkaufte er, um eine Expedition zu den Kanaren finanzieren zu können. Die Summe war jedoch nicht ausreichend, so dass sein Onkel, Robert de Braquemont, noch den entscheidenden Beitrag leistete.

Die Eroberungszüge

Am 1. Mai 1402 stach Béthencourt mit seinem Gefährten Gadifer de la Salle, mit dem er schon 1390 eine Expedition nach Tunesien unternommen hatte, von La Rochelle aus in See. Offiziell handelte es sich um einen Kreuzzug, in Wirklichkeit ging es darum, die Kanarischen Inseln zu erobern. Zu dieser Expedition zählten auch zwei Kapläne, Bruder Pierre Bontier, ein Franziskanermönch, und Jean Le Verrier, der später Priester auf Fuerteventura wurde. Sie sollten die Guanchen missionieren und alle so genannten Heldentaten dokumentieren, wobei die Chronik Le Canarien entstand. Die Flotte machte in Cádiz einen letzten Halt auf spanischem Festland, wobei die größte Anzahl der angeworbenen Soldaten desertierte. Ihnen war die Fahrt in eine damals ungewisse Welt scheinbar zu gefährlich. Nur wenige Soldaten und die engsten Gefolgsleute Béthencourts und La Salles blieben. Im Juli 1402 startete die Expedition dann von Cádiz in Richtung Kanarische Inseln. Nach acht Tagen auf See erreichten sie die kleine Insel La Graciosa.

Lanzarote

eines der Schiffe der Expedition von 1402

Ende Juli 1402 setzte Béthencourt mit einer kleinen Anzahl Soldaten und den Priestern Jean Le Verrier und Pierre Bautier (oder Bontier) nach Lanzarote über, nach der nordöstlichsten großen Insel des kanarischen Archipels, die bei den Ureinwohnern den Namen Titeroygatra trug. Béthencourt hatte zwei ehemalige Einwohner von Lanzarote mitgebracht, die bei früheren Piratenzügen von der Insel verschleppt worden waren. Auf deren Vermittlung hin kam es vorerst zu friedlichen Begegnungen mit den Guanchen. Béthencourt konnte den König von Titeroygatra, Luis de Guardafía, davon überzeugen, dass er nicht als Sklavenjäger gekommen war, und baute mit dessen Hilfe in der Rubicón-Ebene mit Ausblick auf Fuerteventura ein befestigtes Lager auf, zu dem er die Ruinen des alten Lagers des Lancelotto Malocello verwendete. Doch die Kräfte Béthencourts waren zu gering. Sein Teilhaber Gadifer de la Salle blieb als Statthalter auf der Insel, während Béthencourt auf die iberische Halbinsel zurücksegelte, um Unterstützung für die Eroberung von Fuerteventura zu organisieren, die er von König Heinrichs III. von Kastilien auch huldvoll erhielt, wozu er aber den Lehenseid auf ihn ablegen musste. Béthencourt legte diesen Eid nur in seinem Namen ab, wodurch er formell alleiniger Herr der Inseln wurde, was Gadifer de la Salle schwer verärgerte. Später nutzte Béthencourt diese formelle Tatsache, um seinen Teilhaber La Salle um seine Rechte zu prellen.

Während Béthencourts Abwesenheit besuchte Gadifer de la Salle die kleine Fuerteventura vorgelagerte Insel Lobos, um mittels Jagd auf die damals noch dort lebenden Mönchsrobben den Mangel an Leder für Stiefel und Panzer der französischen Soldaten zu beheben. Doch ein Gefolgsmann Béthencourts, Bertín de Berneval, nutzte die Abwesenheit La Salles und die Anwesenheit eines spanischen Sklavenjägerschiffes vor Lanzarote für einen Aufstand. Berneval und seine Mitverschwörer plünderten und zerstörten das Lager Rubicón und nahmen eine Anzahl von Einheimischen, die sich ja vertrauensvoll unter ihnen bewegten, als Sklaven mit nach Spanien. Danach war auf Lanzarote kein Boot mehr vorhanden, so dass Gadifer und seine Leute auf Lobos beinahe verdurstet wären, wenn nicht das erbetene Boot eines zufällig aufkreuzenden anderen spanischen Handelsschiffes ihn gerettet hätte. Während dessen begannen die empörten Einheimischen mit der Verfolgung der Franzosen, von denen sie sich verraten fühlten. Doch auch unter der Urbevölkerung Lanzarotes bestanden starke Spannungen. Gadifer de la Salle erhielt Hilfe von Atchen, vermutlich ein mit Guardafía rivalisierender Sippenführer. Atchen nahm am 25. November 1402 den König Guardafía gefangen und lieferte ihn den Franzosen aus, um mit deren Hilfe selbst an die Macht zu kommen. Guardafía konnte jedoch fliehen und ließ Atchen lebendig verbrennen. Das darauf folgende Jahr, bis zur Rückkehr Béthencourts mit Nachschub und neuen Soldaten am 1. Juli 1403, war von dauernden Gefechten bestimmt. Die Ureinwohner versuchten, die Franzosen, die in Rubicón alle ihre Vorräte verloren hatten, auszuhungern, die Franzosen plünderten alle Vorratslager der Einheimischen, denen sie habhaft werden konnten. Es brach eine Hungersnot aus. Mit den frischen Kräften der Franzosen wurde die Lage der Ureinwohner hoffnungslos. Mit seinen letzten 18 Getreuen erschien schließlich auch Guadarfía im Lager der Franzosen, ergab sich und ließ sich taufen[1].

Die beiden von Béthencourt mitgebrachte Geistlichen beeilten sich daraufhin mit der Taufe der Ureinwohner Lanzarotes, was für diese ein gewisser Schutz bedeutete, denn getaufte Christen konnten im Prinzip nicht zu Sklaven gemacht werden. Aber die Internationale der Sklavenjäger kümmerte sich wenig um solche theologischen Feinheiten und jagte trotzdem weiter, wie schon 1393 auf Gran Canaria zu sehen gewesen war (Episkopat von Telde), als der Versuch der friedlichen Mission von spanischen Sklavenjägern und Plünderern liquidiert worden war. In Rubicón wird durch Benedikt XIII. der erste feste Bischofssitz auf der Kanarischen Insel Lanzarote gegründet. Pater Alfonso Sanlúcar de Barrameda war erster Bischof bis 1417.

Siehe auch: Liste der Bischöfe der Kanarischen Inseln

Fuerteventura

Vom Fort Rubicón im Süden Lanzarotes aus wagte Béthencourts Begleiter Gadifer de la Salle in dessen Abwesenheit einen ersten Versuch, über Los Lobos nach Fuerteventura zu kommen, was jedoch nicht gelang. Als Béthencourt 1404 mit einer stärkeren Mannschaft von Spanien zurückkehrte, ließ er auf Fuerteventura die beiden Festungen Rico Roque und Valtarajal bauen. Die Insel war in die beiden Königreiche Maxorata mit König Guize und Gandía mit König Ayoze aufgeteilt. Nach einigen Zusammenstößen wurden viele Einheimische getötet oder als Gefangene nach Lanzarote gebracht. Auch der ehemalige König Guardafía von Lanzarote half bei der Eroberung Fuerteventuras. Am 18. Januar 1405 ließ sich König Guize mit seinen Gefolgsleuten taufen, am 25. Januar des Jahres folgte auch König Ayoze mit vielen seiner Einwohner. Die Könige verblieben auf der Insel und bekamen sogar Ländereien zurück. Die zeitweise Hauptstadt Betancuria trägt noch heute Béthencourts Namen. Am 31. Januar 1405 kehrte Béthencourt nach Frankreich zurück, wo er alles für den Aufbau einer Kolonie bekam. Am 9. Mai 1405 verließ er Honfleur in der Normandie und kam zurück zu seinem Neffen Maciot de Béthencourt auf Lanzarote.

La Gomera

La Gomera war für Béthencourt nur sehr schwer einzunehmen, da sich die vier damaligen Stämme in den hohen Bergen und tiefen Schluchten gut verschanzt hatten. Gomera war in die vier Königreiche Agana unter König Alguabozeque, Hipalán unter Alhagal, Malaqua unter Aberbequeye und Orone unter Masege aufgeteilt. Nach großen Schwierigkeiten konnte Béthencourt 1404 Agana und Hipalán schließlich einnehmen. Die beiden anderen Stämme leisteten solchen Widerstand, dass auch Béthencourts Neffe Maciot keinen Erfolg hatte. Erst etwa 80 Jahre später, nach der despotischen Herrschaft des Feudalherren Hernán Peraza, wurde La Gomera unterworfen, so dass man nicht von einer Eroberung der gesamten Insel sprechen kann.

El Hierro

1405 landete Béthencourt im Süden El Hierros in der Bahía de Naos. Die sehr dünn besiedelte, kleinste Insel des Archipels konnte ohne Schlachten erobert werden. Eine List verhalf Béthencourt zusätzlich zu seinem Erfolg. Er hatte dem König von El Hierro, Armiche, seinen Verwandten Augerón mitgebracht, der bei einem früheren Piratenüberfall entführt wurde. Er musste König Armiche überzeugen, mit Béthencourt einen Pakt zu schließen, bei dem die Einheimischen wie Verbündete behandelt würden. König Armiche nahm dessen Angebot an und kam mit allen Getreuen zum Strand von Naos. Aber Béthencourt nahm sofort alle gefangen. Hier trat erstmals Gewalt in das Leben der Ureinwohner, indem Béthencourt und seine Leute die Männer versklavten und sich ihre Frauen und ihren Besitz nahmen.

Die verbliebenen Inseln

Nach knapp vier Jahren seiner Eroberungszüge hatte Béthencourt die Hälfte der Kanarischen Inseln erobern können. Der Versuch, im Oktober 1405 Gran Canaria zu erobern, war erfolglos. Auch an La Palma scheiterte er. Diese beiden Inseln und Teneriffa eroberte gegen Ende des 15. Jahrhunderts der Andalusier Alonso Fernández de Lugo für die spanische Krone. Er führte verheerende Schlachten, versklavte viele Ureinwohner und radierte die Kultur der Guanchen nahezu endgültig aus der Geschichte aus.

Nach den Eroberungen

Als Béthencourt am 15. Dezember 1406 nach Europa zurückkehrte, war er finanziell saniert. Er soll den Reichtum jedoch auch recht schnell wieder unter die Leute gebracht haben. Durch Intrigen nahm er seinem Gefährten Gadifer de la Salle alle Rechte an den Inseln, die dieser sich schwer erkämpft hatte. Er war hauptsächlich für die militärischen Erfolge der Eroberer verantwortlich. Béthencourts Neffe Maciot de Béthencourt regierte auf El Hierro und war Statthalter auf Lanzarote, wo er die Tochter des ehemaligen Königs Guardafía heiratete. Sie hieß Teguise und gab der zeitweisen Hauptstadt Lanzarotes ihren Namen. Auf königlich-kastilische Anordnung verliert Maciot 1415 aber alle Herrschaftsrechte. Am 17. Oktober 1418 lässt Jean de Béthencourt es zu, dass sein Neffe Maciot die eroberten Kanaren verkaufen darf, allerdings mit Ausnahme von Fuerteventura, welche sein Erbe bleiben soll. Am 16. Mai 1419 schwören Béthencourt und König Heinrich V. den Lehnseid. Béthencourt erhält aufgrund der erfolgreichen Christianisierung eine Audienz bei Papst Innozenz VII.. Über Florenz, wo er von der Regierung gefeiert wurde, und Paris kehrte er wieder an seinen Geburtsort zurück. Béthencourt erkrankte und verstarb 1425 in Grainville-la-Teinturière. Sein Kaplan, Jean Le Verrier, besuchte ihn am Sterbebett, dann wurde Jean de Béthencourt in der Kirche seines Heimatortes beigesetzt.

Quellen

  1. Alejandro Cioranescu: Juan de Béthencourt. act, 1982

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