Betriebsführer

Betriebsführer

Nach der Definition durch das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 20. Januar 1934 war ein Betriebsführer ein Unternehmer, Inhaber oder Geschäftsführer eines Industrie- und Handwerksbetriebs oder auch ein Bauer mit eigenem Betrieb.

Der Begriff „Betriebsführer“ war entsprechend Cornelia Schmitz-Berning in ihrem Standardwerk über das Vokabular im Nationalsozialismus ideologisch folgendermaßen begründet worden: Es sollte das alte Kampfverhältnis von Unternehmer und Arbeiter beseitigt werden und es sollte eine Betriebseinheit von Betriebsführer und Gefolgschaft entstehen. Der Betriebsführer war gegenüber den Arbeitnehmern seines Betriebes („Gefolgschaft“) in innerbetrieblichen Fragen weisungsbefugt, musste sich jedoch selbst dem staatlich bestellten „Treuhänder der Arbeit“ gegenüber verantworten, der in Fragen der Lohnpolitik, Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen Befehlsgewalt hatte. Nach § 38 des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit konnte ein Betriebsführer auch durch ein „Ehrengericht“ abgesetzt werden. [1] Innerbetrieblich stärkte die NS-Wirtschaftsverfassung die Position des Arbeitgebers, dessen unternehmerische Freiheit jedoch zugunsten des Staates massiv eingeschränkt wurde.

Durch einen Erlass von 1934 ergaben sich weitere spezielle Aufgaben und Rechte für Betriebsführer. Neben den ökonomischen und technischen Anforderungen, die sich aus dem jeweiligen Betriebszweck und -ziel ergeben, hatten die Betriebsführer ein Züchtigungsrecht über Ostarbeiter entsprechend dem Ostarbeitererlass vom 20. Februar 1942 und über Polen entsprechend den Polenerlassen. Die Betriebsführer waren ferner entsprechend einem Merkblatt verpflichtet, unerlaubte Entfernung von polnischen Zwangsarbeitern unverzüglich der zuständigen Ortspolizei zu melden.

Neben dieser Aufgabe war es entsprechend der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 12. November 1938 Juden nicht mehr erlaubt Betriebsführer zu sein und leitende Juden im Unternehmen konnten ohne Abfindung mit einer Frist von sechs Wochen entlassen werden. Die zweite Verordnung zur Durchführung der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 14. Dezember 1939 untersagte darüber hinaus, dass Juden stellvertretende Betriebsführer sein konnten.

Literatur

  • Cornelia Schmitz-Berning: Vokabular des Nationalsozialismus. de Gruyter, Berlin 2000, ISBN 3-11-016888-X

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Benz/Hermann Graml/Hermann Weiß: Enzyklopädie des Nationalsozialismus. Klett-Cotta, Stuttgart 1997 ISBN 3-608-91805-1 S. 396 und S. 697

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Betriebsführer — Be|triebs|füh|rer, der: Betriebsleiter. * * * Be|triebs|füh|rer, der: Betriebsleiter …   Universal-Lexikon

  • Betriebsführungsvertrag — Dieser Artikel wurde aufgrund von formalen und/oder inhaltlichen Mängeln in der Qualitätssicherung Recht zur Verbesserung eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität von Artikeln aus dem Themengebiet Recht auf ein akzeptables Niveau zu bringen.… …   Deutsch Wikipedia

  • Schönheit der Arbeit — Das Amt für Schönheit der Arbeit gehörte zur NS Gemeinschaft Kraft durch Freude, einer Unterorganisation der Deutschen Arbeitsfront (DAF), die unmittelbar nach Zerschlagung der Gewerkschaften im Mai 1933 als gemeinsame Organisation von… …   Deutsch Wikipedia

  • Carl Lüer — Carl Heinrich August Lüer (* 14. August 1897 in Bockenem; † 20. September 1969 in Frankfurt am Main) war ein NS Wehrwirtschaftsführer, stellvertretender Leiter der Reichswirtschaftskammer und …   Deutsch Wikipedia

  • Eberswalde-Finowfurter Eisenbahn — Kursbuchstrecke (DB): 122k (1946 1961) Streckennummer (DB): 6792 Streckenlänge: 13,1 km Spurweite: 1435 mm (Normalspur) Maximale Neigung: 25 ‰ …   Deutsch Wikipedia

  • Eberswalde-Schöpfurther Eisenbahn — Eberswalde Finowfurter Eisenbahn Kursbuchstrecke: 122k (1946 1961) Streckennummer: 6792 Streckenlänge: 13,1 km Spurweite: 1435 mm (Normalspur) Maximale Neigung: 25 ‰ Minimaler Radius: 150 m Höchstgeschwindigkeit …   Deutsch Wikipedia

  • Ostarbeiter-Erlasse — Faksimile von einem der Polen Erlasse vom 8. März 1940: „Pflichten der Zivilarbeiter und arbeiterinnen polnischen Volkstums während ihres Aufenthaltes im Reich“ Mit den Erlassen der Reichsregierung vom 8. März 1940, den so genannten Polenerlassen …   Deutsch Wikipedia

  • Polenerlasse — Faksimile von einem der Polen Erlasse vom 8. März 1940: „Pflichten der Zivilarbeiter und arbeiterinnen polnischen Volkstums während ihres Aufenthaltes im Reich“ Mit den Erlassen der Reichsregierung vom 8. März 1940, den so genannten Polenerlassen …   Deutsch Wikipedia

  • Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben — Mit der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben (RGBl. 1938 I, S. 1580) vom 12. November 1938 wurde Juden der Betrieb von Einzelhandelsverkaufsstellen sowie die selbständige Führung eines Handwerksbetriebs mit… …   Deutsch Wikipedia

  • Walther Dürrfeld — Walter Dürrfeld (* 24. Juni 1899 in Saarbrücken; † 1. März 1967 in Kettwig; gelegentlich im Vornamen auch Walther (mit th) geschrieben, war ein deutscher Diplom Ingenieur und Betriebsführer des Buna Werks in Monowitz bei Auschwitz.… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”