- Bibliotaph
-
Bibliomanie (griech.: biblion = Buch + mania = Wahn) ist eine übersteigerte Leidenschaft für Bücher, die Kennzeichen einer Sucht hat.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Das Sammeln ist bis etwa 1700 ein Vanitas-Motiv, also etwas eher Verwerfliches. Sebastian Brants Narrenschiff wird vom Büchernarren angeführt. Die Bildunterschrift bei Brant lautet: „Im Narrentanz voran ich gehe, da ich viele Bücher um mich sehe, die ich nicht lese und verstehe.“ – Verständnislosigkeit und Wahllosigkeit werden als negative Eigenschaften der Büchersucht angeführt.
Das Sammeln wird erst im 18. Jahrhundert aufgewertet. Seither gibt es die Bibliophilie, die im Gegenteil als Tugend dargestellt wird, weil sie nicht wahl- und verständnislos sei. Seit dieser Zeit wird die Bibliomanie ähnlich wie die Lesesucht nicht mehr als Laster, sondern als Krankheit beschrieben, und findet sich auch in der medizinischen Fachliteratur.[1]
Varianten
Für Varianten der Bibliomanie gibt es folgende Bezeichnungen:
- Biblioklast (von griech. klastein = zerbrechen): jemand, der besessen ist vom Wunsch Bücher zu zerstören.
- Bibliopath (von griech. pathos = Leiden): jemand, den Bücher krank machen.
- Bibliophag (von griech. phagein = essen): jemand, der Bücher "frisst" bzw. buchstäblich verschlingt.
- Bibliophobe (von griech. phobos = Angst): jemand, der Angst vor Büchern hat.
- Biblioskop (von griech. skopein = betrachten): jemand der Bücher durchblättert, ohne zu lesen.
- Bibliotaph (von griech. taphos = Grab): jemand, der zwanghaft seine Bücher versteckt und vor der Welt verbirgt („wie in einem Grab“).
- Biblioverser (von lat. versus = gegen): jemand, der Bücher zweckentfremdend nutzt.
Bibliomanie und Straftaten
Fingierte oder wahre Berichte über kriminelle (Bücher-)Sammler sind zahlreich. Ihr Gegenstand waren im 18./19. Jahrhundert oft Angehörige des Klerus oder des Adels. Der erste bekannte Fall eines kriminellen Bibliomanen in Deutschland war der Pfarrer Johann Georg Tinius. Er veruntreute Kirchengelder und verübte mehrere Raubmordversuche, um seine Sammelleidenschaft zu finanzieren. Hierfür wurde er 1823 zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt.
Ein Beispiel für einen Bibliotaphen ist der Comte de Lignerolles (1816–1893), der sich angeblich ab 1848 (dem Jahr der Februarrevolution) völlig aus dem gesellschaftlichen Leben zurückzog und sich nur noch dem Ausbau und der Pflege seiner Büchersammlung widmete, die er in einer eigens dafür bestimmten Wohnung in Paris aufbewahrte. Er gab seine Kenntnisse nicht an andere weiter und leugnete sogar, bestimmte Bücher zu besitzen. Der Umfang und Wert seiner Sammlung zeigten sich erst, als die Bücher nach seinem Tode versteigert wurden.
Diese negative Zeichnung der traditionellen Autoritäten ist eine Eigenheit des aufstrebenden bürgerlichen Kulturbetriebs – so wie die adligen Bösewichter im Verführungsroman, in bürgerlichen Trauerspielen wie Lessings Emilia Galotti, im Melodram oder die korrupte Geistlichkeit in Denis Diderots Die Nonne. Solche Darstellungen dienten dazu, die traditionelle Unmoral der Mächtigen den modernen Tugenden des Bürgertums gegenüberzustellen.
Einzelnachweise
Siehe auch
Literatur
- Košenina, Alexander: Der gelehrte Narr - Gelehrtensatire seit der Aufklärung, Wallstein, Göttingen 2003. Siehe insbesondere S. 133 ff.
- Lucius, Wulf D. von~: Bücherlust – Vom Sammeln, 320 S., Farbtafeln, s/w-Abb., kl. bibliophiles Glossar, Übersichten: Katalogfachausdrücke u. Literatur, DuMont Buchverlag, Köln 2000, ISBN 3-7701-4724-3
- Vincent, Leon H.: The Bibliotaph and Other People. Houghton, Mifflin and Company, Boston 1898. Siehe [1]
- Walther, Klaus: Bücher sammeln, Reihe: Kleine Philosophie der Passionen, dtv 34142, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2004, ISBN 3-423-34142-4
- Ruppelt, Georg: "Buchmenschen in Büchern", Harrassowitz, Wiesbaden 1997, ISBN 3-447-03922-1
- Sebastian Brant: "Das Narrenschiff", Reclam, Stuttgart 1964, ISBN 3-15-000899-9
Weblinks
- Über den krankhaften und heilsamen Umgang mit Büchern Artikel von Prof. Dr. Volker Faust, Universität Ulm
- Bibliografie bibliomaner Literatur
Wikimedia Foundation.