- Laster
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Das Laster (vom althochdeutschen lastar für „Schmach“, „Tadel“ oder „Fehler“), auch Untugend oder Schwäche genannt, ist eine schlechte Angewohnheit, von der jemand beherrscht wird. Oft bezeichnet es auch eine ausschweifende Lebensweise.
Das Laster ist eine ethische Wertung menschlichen Verhaltens, welches – im Gegensatz zur Tugend – als schädlich für den Einzelnen oder die Gemeinschaft angesehen wird. Es wird dabei bewusst nicht auf eine mögliche pathologische Wurzel des Missverhaltens gewiesen, (z. B. Alkoholismus als Krankheit), sondern seine moralische Verwerflichkeit benannt.
Was als Laster angesehen wird, ist stark abhängig von der kollektiven Meinung innerhalb einer Gruppe und der kulturellen bzw. religiösen Prägung der Gesellschaften. So werden einige gängige westliche Verhaltensweisen, z. B. der relativ freie Umgang der Geschlechter miteinander, in islamischen oder fernöstlichen Gesellschaften als lasterhaft bewertet.
Inhaltsverzeichnis
Traditionelles Verständnis
Zu den Lastern zählen im traditionellen christlich-abendländischen Verständnis die sieben Hauptlaster (auch Wurzelsünden, Hauptsünden oder Todsünden genannt):
Ferner werden aufgezählt: Unglaube, Verzweiflung, Torheit, Feigheit, Ungerechtigkeit, Unbeständigkeit, Trotz, Neugier, Zwietracht.
Diese schlechten Charaktereigenschaften begünstigen das Begehen von Todsünden.
Die älteste heute noch bekannte Schilderung vom Kampf der Tugenden mit den Lastern ist ein Epos aus dem 5. Jahrhundert, die "Psychomachia" des Prudentius. Die Tugenden (z. B. Glaube, Keuschheit, Demut, Hoffnung, Vernunft, Geduld, Mäßigung, Mildtätigkeit und Einigkeit) kämpfen in sieben verschiedenen Schlachten mit den Lastern (z. B. Aberglaube, Wollust, Zorn, Stolz, Betrug, Zügellosigkeit, Habgier, Zwietracht) und besiegen diese.
Papst Gregor der Große unterteilte die Laster in fünf geistliche (Superbia = Hochmut, Ira = Zorn, Invidia = Neid, Avaritia = Geiz, Acedia = Faulheit) und zwei fleischliche Sünden (Gula = Völlerei, Luxuria = Wollust).
Geschichte der Laster
Die Geschichte der Haupt- oder Todsünden beginnt in der ägyptischen Wüste. Evagrius Ponticus (345–399), ein gelehrter Anachoret des 4. Jahrhunderts, erarbeitete aufgrund von neuplatonischen und gnostischen Elementen einen Achtlasterkatalog. (Zur Vorgeschichte der Lasterkataloge, z. B. Bloomfield 1952). Die acht Laster gastrimargía, porneía, philarguría, lúpe, orgé, akedía, kenodoxía und huperephanía verstand Evagrius als ‚böse Gedanken‘, die Dämonen einsetzten, um Einsiedler von ihrem Ziel abzulenken, die apatheia zu erreichen. Dieses Lasterschema wurde von Johannes Cassian (360–435) übernommen und damit dem lateinischen Westen überliefert.
Zwei Jahrhunderte später wurde die Lasterlehre von Papst Gregor dem Großen (~540–604) in seiner Moralia in Iob einer grundlegenden Wandlung unterzogen. Gregor kennt offensichtlich Cassians Lasterkatalog, nimmt aber nur sieben Hauptlaster an, wobei diesen Hauptlastern der Stolz (superbia) als regina oder radix übergeordnet wird, aus der die anderen Laster entspringen. Ferner führt Gregor den Neid (invidia) als neues Laster ein und fasst acedia und Traurigkeit (lúpe, tristitia) zu einem einzigen Laster, der tristitia, zusammen.
Gregors Lasterkatalog hatte einen kaum zu unterschätzenden Einfluss auf die christliche Literatur des Abendlandes, wobei dieser Katalog häufig mit demjenigen Cassians kombiniert wurde. Im 12. Jahrhundert wurden die verschiedenen Modelle vereinheitlicht und eine leicht korrigierte Fassung des Gregorianischen Lasterkatalogs mit sieben Lastern setzte sich durch.
Die sieben Laster Stolz (superbia), Neid (invidia), Zorn (ira), Trägheit (acedia), Geiz (avaritia), Völlerei (gula) und Wollust (luxuria) wurden seit dem 12. Jahrhundert in einer großen Fülle von theologischen Abhandlungen, pastoralen Schriften (Predigthandbücher, Bußbücher, etc.) und literarischen Werken beschrieben. Der triumphale Erfolg dieses Lasterkatalogs hielt bis zum 15. Jahrhundert an und verschwand dann allmählich, ohne freilich je vergessen zu gehen. Wenn heute an die sieben Hauptlaster erinnert wird, dann ist damit in erster Linie eine mittelalterliche Lehre gemeint, die vor allem im 12. bis 15. Jahrhundert die gelehrte Diskussion prägte und auch das alltägliche Leben beeinflusste.
Die Darstellungen von Lastern und Tugenden sind außerdem auch eine wichtige Quelle für die Beschreibung der menschlichen passiones (Leidenschaften). Vor allem in philosophischen und theologischen Werken wird das Verhältnis von Leidenschaften und Lastern vertieft. Dies wird zum Beispiel an der Beschreibung des Zorns besonders deutlich, der einerseits als Leidenschaft (nach einer langen philosophischen Tradition sogar als eine der grundlegenden Leidenschaften) verstanden wurde; andererseits wurde er seit den ersten Lasterkatalogen immer auch als Hauptlaster gedeutet. Psychologische Beschreibungen von Leidenschaften und Darstellungen von Lastern überschneiden sich somit und befruchten damit auch moralphilosophische Fragestellungen.
Kants drei Laster
„Unter den drei Lastern: Faulheit, Feigheit und Falschheit, scheint das erstere das verächtlichste zu sein. Allein in dieser Beurteilung kann man dem Menschen oft sehr unrecht tun. Denn die Natur hat auch den Abscheu für anhaltende Arbeit manchem Subjekt weislich in seinen für ihn sowohl als andere heilsamen Instinkt gelegt: weil dieses etwa keinen langen oder oft wiederholenden Kräfteaufwand ohne Erschöpfung vertrug, sondern gewisser Pausen der Erholung bedurfte. Demitrius hätte daher nicht ohne Grund immer auch dieser Unholdin (der Faulheit) einen Altar bestimmen können: indem,
- wenn nicht Faulheit noch dazwischenträte, die rastlose Bosheit weit mehr Übels, als jetzt noch ist, in der Welt verüben würde;
- wenn nicht Feigheit sich der Menschen erbarmte, der kriegerische Blutdurst die Menschen bald aufreiben würde,
- und, wäre nicht Falschheit [da nämlich unter vielen sich zum Komplott vereinigenden Bösewichtern in großer Zahl (z. B. in einem Regiment) immer einer sein wird, der es verrät], bei der angeborenen Bösartigkeit der menschlichen Natur ganze Staaten bald gestürzt sein würden.“
Immanuel Kant: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht; 1798; § 87: Von dem höchsten physischen Gut
Siehe auch
Weblinks
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