Aaron Temkin Beck

Aaron Temkin Beck

Aaron Temkin Beck (* 18. Juli 1921 in Providence, Rhode Island) ist ein US-amerikanischer Psychiater und Psychotherapeut. Er gilt als Vater der Kognitiven Verhaltenstherapie.

Er studierte bis 1942 an der Brown University und wechselte dann zur Yale University, wo er 1946 in Psychiatrie promovierte. Während des Koreakrieges arbeitete er im Valley Forge Hospital.

Etwa gleichzeitig mit Albert Ellis veränderte er die klassische Verhaltenstherapie und ergänzte sie um kognitive Konzepte, die er vor allem auf die Psychotherapie der Depression anwandte.

Derzeit ist er Professor Emeritus am Psychopatholgischen Institut der University of Pennsylvania. Seine Forschungsgebiete liegen in den Bereichen Psychotherapie, Psychopathologie, Suizidforschung und in der Entwicklung von Diagnoseverfahren.

Siehe auch: Albert Ellis

Inhaltsverzeichnis

Psychologische Grundannahmen

Verhaltenstherapeutisches Vorgehen allein hat nicht zu den gewünschten Resultaten geführt. Weshalb heute versucht wird Verhaltenstherapeutische Verfahren mit entwicklungsorientierten Behandlungsverfahren zu verknüpfen. Aaron Beck hat mit seiner kognitiven Therapie wesentliche Erfolge erzielt. Die kognitive Methode setzt an den negativen Denk- und Betrachtungsweisen und den daraus resultierenden automatischen Gedanken an. Beck sieht psychische Störungen als Folge fehlangepasster Einstellungen, einer einseitigen Betrachtungsweise und damit verbundenen Denkfehlern sowie automatischer Gedanken an.

Schemata und Denkfehler

Beck betont in seinem Ansatz vor allem die Bedeutung der verzerrten Sicht der Realität, die daraus resultierenden Wahrnehmungen und Interpretationen, für die Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Störungen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die kognitive Triade. Die kognitive Triade drückt sich bei depressiven Patienten inhaltlich vor allem durch eine verzerrt-negative Sicht und Denkweise in Bezug auf sich selbst, ihre Umwelt und ihre Zukunft aus. Diese verzerrte Sicht der Realität bestätigt und festigt sich immer wieder durch eine Reihe von typischen logischen Fehlern, die depressive Patienten begehen. Es kann zwischen sechs Kategorien der typischen logischen Fehler bei der Informationsverarbeitung bei depressiven Patienten unterschieden werden. Die Fehler können sowohl die Datensammlung als auch die Schlussfolgerungen aus den Daten betreffen. Beispiele von B. Wilken (Seite 25f.)

1. Willkürliches Schlussfolgern

Darunter werden Schlussfolgerungen verstanden, die willkürlich, ohne jeden Beweis und oft sogar trotz gegenteiliger Erfahrungen aus alltäglichen Ereignissen gezogen werden. Beispiel: Ein Misserfolg im Leistungsbereich führt zu der Schlussfolgerung „Ich bin ein Versager“, ohne dass überprüft wird, ob die Aufgabe überhaupt lösbar war bzw. ob früher und in Zukunft immer Misserfolge eingetreten sind bzw. eintreten werden.

2. Selektives Verallgemeinern

Damit wird die Tendenz bezeichnet, Einzelfakten aus dem Kontext zu nehmen und überzubewerten, wobei andere, bedeutsamere Merkmale der Situation ignoriert werden. Beispiel: Ein Klient interpretiert die Tatsache, dass die Kollegen ihn an einem Tag nicht mit in die Kantine nehmen, dahingehend, dass er denkt „Meine Kollegen mögen mich nicht“, obwohl ihn alle regelmäßig grüßen, zu Geburtstagen einladen und an anderen Aktivitäten beteiligen.

3. Übergeneralisieren

Dabei wird eine allgemeine Regel oder Schlussfolgerung auf der Grundlage eines oder mehrerer isoliert betrachteter Ereignisse gezogen und dann unterschiedslos auf ähnliche oder unähnliche Situationen übertragen. Beispiel: Der Tod eines Familienangehörigen durch einen Unfall führt zu der Befürchtung, dass alle geliebten Personen bald durch Unfälle sterben könnten.

4. Maximieren und Minimieren

Dabei wird die Bedeutung oder Größe eines Ereignisses deutliche unter- oder überschätzt. Beispiel: Das Ausbleiben eines erwarteten Briefes wird als höchst bedeutsam interpretiert, ein beträchtlicher beruflicher Erfolg als bedeutungslos.

5. Personalisieren

liegt vor, wenn äußere Ereignisse extrem auf die eigene Person bezogen werden, ohne dass es dafür Belege gibt. Beispiel: Die Tatsache, dass der Partner einen Autounfall hatte, wird als Bestrafung für eine unmoralische Tat interpretiert.

6. Verabsolutiertes, dichotomes Denken

auch Schwarz-Weiß-Malerei oder Entweder-Oder-Denken genannt. Diese Art des Denkens liegt vor, wenn alle Erfahrungen in zwei sich gegenseitig ausschließende Kategorien eingeordnet werden. Dazwischen liegende Abstufungen werden nicht mehr wahrgenommen. Wenn der depressive Klient sich selbst beschreibt, wählt er die negativen Klassifizierungen. Beispiele für Kategorien: makellos vs. makelhaft, heilig oder sündhaft.

Fehlangepasste Einstellungen haben ihren Ursprung in der Kindheit und stellen unangemessene Schemata dar, sich in Relation zur übrigen Welt zu beurteilen. Sie bilden die kognitiven Grundlagen für bestimmte Formen des Denkens, welche vor allem in Belastungssituationen deutlich werden. Das heißt eine latente Disposition, die in der Kindheit z.B. durch soziales Lernen erworben wurde, wird unter bestimmten Umständen reaktiviert. Die aktivierten Schemata suchen sich im Folgenden immer wieder selbst Bestätigung durch die oben beschriebenen Fehler in der Informationsverarbeitung. Dadurch kommt es zu einer Verengung des Denkens, das heißt zu einer deutlich verzerrten Sicht der Realität im Sinne der negativen Schemata.

Automatische Gedanken

Von zentraler Bedeutung für das Empfinden und die depressiven Symptome des Patienten sind nach Beck die so genannten „automatischen Gedanken“. Hierunter versteht man schnell ablaufende, blitzartig auftretende, subjektiv plausibel erscheinende und sich unfreiwillig einstellende Kognitionen, die zwischen einem Ereignis (externaler oder internaler Art) und einem emotionalen Erleben (Konsequenz) liegen. Die automatischen Gedanken sind zumeist im sinne der oben beschriebenen Denkfehler verzerrt. Diese sich aufdrängenden automatischen Gedanken sind den Patienten zumeist zu Beginn der Therapie nicht bewusst, können jedoch bewusst gemacht werden und sind dadurch der therapeutischen Bearbeitung zugänglich.

Depressogene Grundannahmen

Die automatischen, situationsspezifischen Gedanken liefern laut Beck die Zugangsmöglichkeit zu den dahinter liegenden, grundlegenderen und situationsübergreifenden „depressogenen Grundannahmen“. Depressogene Grundannahmen sind jene dysfunktionale Überzeugungen, die den Betreffenden zur Depression prädispositionieren. Die Grundannahmen sind nicht unmittelbar bewusst und können vom Patienten meist erst nach längerer Introspektion artikuliert werden. Sie sind schwerer zu erkennen und zu bearbeiten als automatische Gedanken. Beck zählt einige Grundannahmen auf, die zur Depression dispositionieren, hier einige Beispiele (aus Wilken, 1998, S. 28):

  1. Um glücklich zu sein, muss ich bei allem, was ich unternehme, Erfolg haben.
  2. Um glücklich zu sein, muss ich immer von allen Menschen akzeptiert werden.
  3. Wenn ich Fehler mache, bedeutet das, dass ich unfähig bin.
  4. Ich kann ohne dich nicht leben.
  5. Wenn jemand anderer Meinung ist als ich, bedeutet das, dass er mich nicht mag.
  6. Mein Wert als Mensch hängt davon ab, was andere von mir denken.

Die Analyse

  1. Beschreibung der kognitiven Grundannahmen, die den automatischen Gedanken zu Grunde liegen.
  2. Beschreibung der automatischen Gedanken, die einer Person aufgrund problematischer Ereignisse durch den Kopf gehen.
  3. Es wird erforscht, bei welchen Ereignissen die automatischen Gedanken auftreten. In diesem Zusammenhang ist es von wesentlicher Bedeutung, was genau nun die automatischen Gedanken in der jeweiligen Situation ausgelöst hat.
  4. Weiterhin versucht die Analyse zu erfassen, welche Gefühle, welches Verhalten und welche körperlichen Reaktionen mit den automatischen Gedanken verbunden sind. Denn so können die körperlichen Symptome beispielsweise schon ein erster Anhaltspunkt dafür sein, wie, wo und wann diese Grundannahme entstanden sein könnte.
  5. Im letzten Schritt versucht der Analytiker herauszufinden, welche prägenden Erlebnisse der Klient in seiner Kindheit erfahren musste. Gleichzeitig wird untersucht, inwieweit die Erlebnisse für die Entstehung, als auch für die Aufrechterhaltung der Grundannahmen verantwortlich sind.

Die Therapie

Grundannahme des therapeutische Vorgehens

Werden die Kognitionen inhaltlich verändert so wird auch das Erleben, das Fühlen und das Verhalten einer Person sich verändern. Eine Korrektur von disfunktionalen Kognitionen führt zumindest zu einer Besserung des Zustandes der depressiven Person.

Ziel der Therapie

Das Hauptziel der Kognitiven Therapie nach der Beckschen Theorie ist es die verzerrten, nicht realitätsgerechten Kognitionen, die der depressiven Störung des Klienten zu Grunde liegen, zu verändern in Richtung auf eine realitätsadäquatere Wahrnehmung und Interpretation der Realität. Das depressive Denken, das als global, eindimensional, absolutistisch, irreversibel und bewertend beschrieben wird, soll hin zu einem differenzierten Denken mit den Attributen konkret, mehrdimensional, relativierend, reversibel und nicht wertend beeinflusst werden. Der Klient soll im Laufe der Therapie lernen, seine verzerrten, nicht realitätsgerechten Kognitionen selbständig zu identifizieren und letztlich auch zu verändern.
Bevor die kognitive Therapie im engeren Sinne stattfinden kann, werden in der Regel verhaltenstherapeutische Maßnahmen eingeleitet um das Aktivitätsniveau des Klienten schrittweise zu steigern, da Inaktivität sehr häufig bei depressiven Patienten auftritt.

Sechs Schritte der kognitiven Umstrukturierung

1. Vorstellung des kognitive Modells

Zu Beginn der Therapie versucht der Therapeut dem Klienten die Zusammenhänge zwischen automatischen Gedanken und den kognitiven Grundannahmen zu erklären. Denn es ist entscheidend, dass der Klient weiß, wie die Therapie funktionieren soll. Auf diese Weise verspricht man sich einen größeren Therapieerfolg, da der Klient weiß, was der Therapeut mit seinem methodischen Vorgehen beabsichtigt und was dies bei ihm auslösen soll.

2. Aufdeckung und Bewusstwerdung der dysfunktionalen Kognitionen:

In dieser Phase der Therapie wird der Klient vornehmlich zur Selbstbeobachtung angehalten. Die Selbstbeobachtung ist der Schlüssel zur Bewusstwerdung der disfunktionalen Kognitionen. Unterstützend werden dabei auch Rollenspiele und systematische Gesprächstechniken mit eingesetzt.

3. Infragestellen der disfunktionalen Kognitionen

Sind die disfunktionalen Kognitionen in der vorangegangenen Phase ins Bewusstsein gedrungen, so geht es im nächsten Abschnitt der Therapie um die Überprüfung der Angemessenheit jener Kognitionen. Der Klient muss nun die Kognitionen hinterfragen und nach rationalen Gesichtspunkten überprüfen, ob sie realistisch und begründet sind.

4. Reflexion der Kognitionen

Der Klient reflektiert seine eigenen Kognitionen, lernt selbst deren Unangemessenheit zu erkennen und wird dadurch fähig, die automatischen Gedanken zu hinterfragen und in letzter Konsequenz abzulegen.

5. Entwicklung alternativer Überzeugungen

In dieser Phase der Therapie werden neue funktionale Überzeugungen ausgebildet, mit denen der Klient zukünftige Situationen positiv beeinflussen und erleben kann. Es erfolgt also eine Umstrukturierung der disfunktionalen Kognitionen in funktionale.

6. Training der funktionalen Kognitionen

Die so entwickelten funktionalen Kognitionen müssen nun im Sinne der Stabilisierung aktiv im Alltag geübt und trainiert werden. Dies kann in einem frühen Stadium zunächst noch mit z.B. Rollenspielen erreicht werden und später dann in realen Alltagssituationen. Bevor die Therapie als abgeschlossen gelten kann, muss zunächst eine Phase erfolgen, welche von ständigen Erfolgskontrollen geprägt ist. Diese Kontrollen sind nötig, um eventuelle Stagnationen oder Rückschläge rechtzeitig zu erkennen und diesen entgegenwirken zu können.

Methoden der kognitiven Umstrukturierung

Zentrale Methode der Gesprächsführung ist der so genannte „Sokratische Dialog,“ damit soll der Klient angeleitet werden seine dysfunktionalen Denkinhalte zu identifizieren und zu verändern. Kognitive Hausaufgaben (in Form von schriftlichen Trainingseinheiten – z. B. Spaltentechniken, Tagesprotokolle negativer Gedanken) kommen ebenfalls zur Anwendung.
Kern der Technik von Beck ist die so genannte Realitätsüberprüfung. Dabei geht es darum, die verzerrten Kognitionen an der Realität zu testen, das heißt zu überprüfen, inwiefern die formulierten Wahrnehmungen und Interpretationen des Klienten empirisch belegbar sind und welche kognitiven Verzerrungen ihnen möglicherweise zu Grunde liegen. Bei dieser Realitätsüberprüfung wird der Klient zum Beispiel angeleitet im Alltag Beobachtungen zu sammeln, die seinen Interpretationen bzw. Schlussfolgerungen widersprechen.

Literatur

  • Aaron T. Beck, Rush/Shaw/Emery: Kognitive Therapie der Depression, München & Weinheim 1986, ISBN 3-621-27015-9
  • Herrman Hobmair, Althenthan/Betscher/Dirrigl: Pädagogik/Psychologie, EINS GmBH Troisdorf 2006, ISBN 3-427-05027-0
  • Wilken, Beate (1998). Methoden der kognitiven Umstrukturierung. Stuttgart: Kohlhammer.

Weblinks


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