Aufstreckrecht

Aufstreckrecht

Das Aufstreckrecht (Ostfriesisches Platt: Upstreekrecht) entstand im Mittelalter im Zuge der Binnenkolonisierung Ostfrieslands. Es beinhaltet das Recht des Grundeigentümers im Moor, bis zu einem anderen Grundstück vorzudringen.[1]

Geschichte

Bis ins frühe Mittelalter war das innere Ostfriesland weitgehend unbesiedelt. Zu einer größeren Besiedlung kam es ab 1100. Zum einen war der Deichbau in der Region beendet, zum anderen drängte die Julianenflut von 1164 viele Menschen von der Küste in das Landesinnere. Hinzu kam die wachsende Bevölkerungszahl im hohen Mittelalter, die in Ostfriesland dazu führte, solche siedlungsarmen oder -leeren Räume durch Landesausbau, die so genannte innere Kolonisation, zu erschließen. Bei den Kolonisten bildete sich dann am Rande der Moorgebiete das Aufstrecksrecht heraus. Ein Siedler konnte in der Breite seines Grundstücks das Moor bearbeiten, nutzen, abgraben, bis er auf die Parzelle eines anderen Bauern, einen Weg, ein Gewässer oder eine ähnliche Grenze stieß.

So entstanden in der Folgezeit Aufstrecksiedlungen mit ihren bis heute erkennbaren Streifenfluren. Sie zeichnen sich durch das Fehlen einer herrschaftlichen Lenkung des Siedlungsvorgangs aus und sind von den ersten Siedlern in gemeinschaftlicher Arbeit angelegt worden, was sich bis heute im Namensbestandteil -bur (=Bauerschaft) vieler Orte, die als Aufstrecksiedlungen angelegt wurden, ausdrückt.[2]

Nach dem Aussterben des letzten einheimischen Fürsten fiel Ostfriesland 1744 an Preußen. Steuerlich blieb Ostfriesland in der ersten preußischen Zeit ein Fremdkörper im preußischen Staat und zahlte eine auf 24.000 Thaler festgelegte Summe an Abgaben an den preußischen Staat, der nach anderen Einnahmequellen suchen musste. Vor allem das Aufstrecksrecht war dem König ein Hindernis. König Friedrich II. erließ 1765 das Urbarmachungsedikt, das das Aufstreckrecht ablöste, welches hier als unerfindliches so genanntes Aufstrecksrecht bezeichnet wird.

Das Edikt erklärte Land mit nicht geklärten Besitzrechten, insbesondere die noch nicht urbar gemachten Moorflächen, zum Eigentum des Staates.

Literatur

  • Ekkehard Wassermann: Aufstrecksiedlungen in Ostfriesland. Ein Beitrag zur mittelalterlichen Moorkolonisation, ISBN 392536501X
  • G. Müller: Das Aufstrecksrecht und seine Nachwirkungen bis zur Gegenwart. Eine Untersuchung zur ostfriesischen Moorrechtsgeschichte, Diss., Münster 1950
  • F. Diekmann: Das Anschuß- oder Aufstrecksrecht in unseren Mooren. In: Heimatkalender für das Oldenburger Münsterland 1959, S. 99-100.

Einzelnachweise

  1. Aufstreckrecht in: Heidelberger Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Deutsches Rechtswörterbuch, eingesehen am 13. Januar 2010
  2. Horst Haider Munske, Nils Århammar: Handbuch des Friesischen, Tübingen 2001, ISBN 348473048X, S. 155

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Riepster Kirche — mit dem charakteristischen Turm Die evangelisch lutherische Riepster Kirche steht im ostfriesischen Ort Riepe, Gemeinde Ihlow. Das heutige Bauwerk wurde im Jahre 1554 errichtet, nachdem eine Kreuzkirche aus dem Ende des 13. oder Anfang des 14.… …   Deutsch Wikipedia

  • Südbrookmerland — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”